Am 12. November verließ die Delegation der Europäischen Union den Verhandlungstisch in Dakar und verzichtete auf eine Verlängerung des erstmals 1980 unterschriebenen Fischerei-Abkommens von 2020. Bereits zweimal, in den Jahren 2006 und 2014, war das Abkommen suspendiert gewesen.
43 industriell ausgerüstete Fangschiffe, nämlich 28 Thunfischschwarmfänger, 10 Thunfischfänger mit Angeln, 5 Thunfisch-Langleinenfischer und zwei Seehechtfänger sind damit aus den senegalesischen Gewässern entlang der 712 km langen Küstenlinie verbannt. Die pro Jahr verbleibenden 10.000 t Thunfisch und 1.750 t Seehecht müssen sie nunmehr in den Nachbarstaaten wie Mauretanien oder Cote d’Ivoire fangen, von den geschätzten 4.000 t »Beifang« ganz zu schweigen, der Berechnungen von Greenpeace zufolge durchschnittlich etwa ein Viertel beträgt. Ein Beispiel, das den Appetit verschlägt: Ein Krabbenkutter fängt für 200 kg Crevetten fünf Tonnen Fisch als Beifang.
Das gewählte Tandem Bassirou Faye (Staatspräsident) und Ousmane Sonko (Premierminister) hatte im Wahlkampf das Fischereiabkommen (APP) mit der EU als »neokolonial« angeprangert. Dieses Abkommen sei »für den Senegal nicht von Vorteil«, so Ousmane Sonko auf einem Meeting am 29. Oktober. Präsident Faye hatte den Verhandlungen vorgegeben, dass »mindestens 80 Prozent der Ressourcen dem Senegal vorbehalten bleiben« sollen.
Senegal wird die jährliche Ausgleichszahlung der Europäischen Union in Höhe von 8,5 Mio. Euro verschmerzen – zugunsten der Verteidigung seiner traditionellen Fischerei. Etwa 600.000 Menschen leben im Senegal vom Fischfang. Und zwei Drittel der Fischer gaben in einer aktuellen Umfrage an, dass sie weniger verdienen als vor fünf Jahren, mit ihren Pirogen und kleinen Booten immer weiter hinausfahren müssen und mit weniger Fisch nach Hause kommen wegen der Grundschleppnetz-Praktiken der großen Fischereischiffe, vor allem aus der EU und China.
Am 16. Sept. 2023 vereinbarten Senegal und Nachbar Gambia mit 80 km Küste, die Industriefischerei zu beschränken und die Überwachung zu verstärken, um den Fischbestand zu schützen. 20 Prozent der weltweit illegal gefischten Beute wird in Westafrika gestohlen.
Gegen illegales Fischen hatte die senegalesische Regierung letztes Jahr 150 Mio. Dollar investiert, im Januar die Strafen drastisch angehoben (zwischen 611.000 bis 916.000 Euro) und außerdem eine Liste mit den autorisierten Fischerbooten veröffentlicht, so Steve Trent, Gründer von »Environmental Justice Foundation«. So wurden nach Angaben des Ministeriums allein im ersten Halbjahr vierundzwanzig Fischtrailer mit Strafen belegt.
Marokko ließ 2023 das Abkommen mit der Europäischen Union auslaufen, und der EU-Gerichtshof (CJUE) annullierte das Abkommen definitiv im Oktober dieses Jahres. Liberia und Äquatorial-Guinea lassen das Abkommen seit Jahren ruhen.
Bereits 2018 hatte der kleine ostafrikanische Inselstaat Komoren der Europäischen Union das seit 2008 bestehende, offiziell gegen illegale Fischerei gerichtete Abkommen aufgekündigt und auf 300.000 Euro europäische Subvention verzichtet.
Für die EU wird es schwieriger, mit »Entwicklungshilfe« verbundene Abkommen zu schließen. Ihr Hauptargument, der Kampf gegen illegales Fischen, gerichtet vor allem gegen China, wird nunmehr durch eine länderübergreifende, satellitengestützte Küstenwache am Golf von Guinea übernommen, die zudem die Piraterie wirksam bekämpft. Den World Cargo News zufolge sind Piratenüberfälle im Golf von Guinea in den ersten neun Monaten des Jahres auf den niedrigsten Stand seit 28 Jahren gefallen.
Des Weiteren zwingt die akute Ernährungsunsicherheit, den devisenfressenden Nahrungsmittel-Import zu reduzieren und die Entwicklung mehr auf den Ausbau landeseigener Nahrungsquellen zu richten, wie die Vergrößerung der Anbauflächen für Getreide und die Modernisierung der lokalen Fischerei.
Doch die westlich orientierte Regierung der Elfenbeinküste hat am 21. November das seit 2008 bestehende Fischereiabkommen (APPD) mit der Europäischen Union erneuert. Es soll aber statt sechs Jahre nur mehr vier Jahre gelten, statt 36 schwimmende Fisch verarbeitende Fabriken sollen 32 mit dem Schleppnetz Jagd auf Thunfisch machen. Aber die Fangquote wurde dafür um 600 Tonnen auf 6.100 Tonnen pro Jahr erhöht. Dafür bezahlt die EU 41.000 Euro pro Jahr mehr, also 2,9 Mio. Euro in den vier Jahren.
Nach der Fischfang-Statistik des Fisch-Komitees für West-Central Golf von Guinea (FCWC) wurden vor der Elfenbeinküste 2023 im industriellen Fischfang 15.410 t gefangen. Ein Großteil wird zu Fischmehl verarbeitet, das zu 70 Prozent in der Aquakultur und zu 18 Prozent als Schweinefutter verwendet wird. Demgegenüber fingen die ivorischen Fischer im »handwerklichen« Fischfang knapp 40.000 t.
Grob überschlagen heißt das nichts anderes, als dass ausländische Fischerei-Unternehmen etwa ein Drittel des Fisches aus der Elfenbeinküste wegfischen – zum Nachteil der Küstenfischer. Nach den Daten des ivorischen Ministeriums für Tier- und Fischressourcen sind in dem Sektor mehr als 680.000 Beschäftigte (meist kleine Fischer) tätig. Im deutlichen Kontrast dazu: Im Jahre 2022 importierte die Elfenbeinküste für 736 Mio. Dollar gefrorenen Fisch.