Die Sahelzone, Westafrika – Schauplatz für ein geopolitisches Trauerspiel, das die westliche Welt, aber auch neue Spieler wie Russland und China, in einem kläglichen Versagen entblößt. Unter der Fahne von Anti-Terror-Missionen und wirtschaftlichen Interessen marschierten westliche Kräfte wie Frankreich und die USA einst voran, nur um sich in den letzten Jahren hastig zurückzuziehen, ein Machtvakuum hinterlassend, das gnadenlos von jihadistischen Gruppen wie Al-Qaida und dem Islamischen Staat gefüllt wurde. In Mali, Burkina Faso und Niger breiten sich Terrorzellen in einem beispiellosen Tempo aus, Städte wie Bamako stehen unter ständiger Bedrohung. Der Westen, der sich zu lange auf militärische Muskelspiele verlassen hat, hat den politisch-moralischen Kompass längst verloren.
Und was bleibt jetzt? Russland und China wittern ihre Chance. Der Einsatz russischer Wagner-Söldner in Mali ist weniger die Lösung eines Problems als vielmehr die Verschiebung der Macht in Richtung eines neuen Despotismus. Die Militärjuntas, die sich von Frankreich und den USA abwenden, setzen auf diese brutalen Akteure, die mit eiserner Faust und geopolitischem Kalkül vorgehen. Doch die Extremisten werden nicht durch mehr Gewalt besiegt. Die Gebiete, die Russland »sichert«, geraten dennoch in die Hände der Terroristen. Der Zynismus ist kaum zu überbieten: Während die russischen Söldner ihr blutiges Handwerk vollziehen, befeuert China die Infrastruktur – scheinbar altruistisch, aber mit Blick auf Bodenschätze und langfristige geopolitische Gewinne.
Der Westen jedoch hat sich moralisch blamiert. Frankreich, das sich einst als Schutzherr der Region verstand, zieht sich zurück, als ob man die Verantwortung wie eine alte Last ablegen könnte. Die USA folgen im Gleichschritt und überlassen die Region nun Mächten, die nicht weniger eigennützig agieren. Ein klassisches Lehrstück des Imperialismus: Es geht nicht um die Menschen vor Ort, nicht um den Frieden, sondern um Macht und Profit.
Friedenspolitisch wäre der Ansatz eigentlich klar: Es bedarf einer vollständigen Abkehr von der militärischen Logik. Nicht mehr Waffenlieferungen, Drohnenschläge oder fragwürdige Söldnertruppen sollten den Ton angeben, sondern Diplomatie, Entwicklungshilfe und der Aufbau stabiler, demokratischer Strukturen. Regionaler Dialog, verstärkte Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche Programme könnten den Nährboden für Extremismus austrocknen. Projekte, die die Armut mindern, Ausbildung schaffen und den Klimawandel adressieren, sind unabdingbar. Insbesondere der Klimawandel befeuert die Konflikte in der Region, da Bauern und Viehzüchter immer stärker um knapper werdende Ressourcen kämpfen müssen. Eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik und der Aufbau von Wasserinfrastrukturen könnten hier helfen.
Doch das geopolitische Spiel der Großmächte, die allesamt eigene Interessen verfolgen, macht die Lage komplex. Der Kapitalismus in seiner gierigsten Form treibt alle Akteure voran – ob es nun der Westen, Russland oder China ist. Ihre Friedensrhetorik ist hohl, ihre wahren Absichten durchschaubar. Westafrika ist längst zu einem Testfeld für die nächste Phase globaler Machtkämpfe geworden. Der Terrorismus in der Region ist nicht nur ein lokales Phänomen, sondern Teil eines größeren Spiels, in dem Gewalt, Ressourcen und politische Einflusssphären miteinander verflochten sind.
Die Tragödie ist, dass die Menschen in der Sahelzone die Hauptleidtragenden bleiben. Sie fliehen in Massen nach Europa, versuchen, den Terror und die wirtschaftliche Misere hinter sich zu lassen. Doch ohne eine grundlegende Neuausrichtung der internationalen Politik und einen echten friedenspolitischen Prozess wird die Region weiterhin ein gefährlicher Brennpunkt bleiben – nicht nur für Afrika, sondern für die gesamte Welt. Wenn die internationale Gemeinschaft die Region nicht konsequent stabilisiert, könnten die Konsequenzen unkontrollierbar werden.
Die Welt hat keine Zeit mehr für hohle Phrasen. Der Westen muss die Sahelzone vor allem wirtschaftlich und politisch neu denken, um ein endgültiges Abdriften in Chaos und Terror zu verhindern.