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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt

Das Grund­ge­setz der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land garan­tiert in Arti­kel 4,3: »Nie­mand darf gegen sein Gewis­sen zum Kriegs­dienst mit der Waf­fe gezwun­gen wer­den.« Die­se For­mu­lie­rung lässt leicht über­se­hen, dass auch der­je­ni­ge eine Gewis­sens­ent­schei­dung zu tref­fen hat, der sich für den Dienst mit der Waf­fe ent­schei­det, denn Kants Kri­tik der prak­ti­schen Ver­nunft, sei­ne Fra­ge nach dem: Was soll ich tun? läuft dar­auf hin­aus, dass für jeg­li­ches mensch­li­che Han­deln das je eige­ne Gewis­sen den Maß­stab bil­det und setzt, also auch für das sol­da­ti­sche Handeln.

Wer sei­ne Gewis­sens­ent­schei­dung gegen den Dienst im Mili­tär trifft, bringt damit zum Aus­druck, dass er der Bewah­rung des mensch­li­chen Lebens ober­ste Prio­ri­tät bei­misst. Das Gebot: »Du sollst nicht töten« besitzt für den Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten abso­lu­te Gül­tig­keit, des­halb ver­wei­gert er sich dem mili­tä­ri­schen Dienst mit der Waf­fe. Doch inwie­fern ver­mag eine sol­che Posi­ti­on den Anfor­de­run­gen logi­scher Kon­si­stenz und prak­ti­scher Ver­bind­lich­keit zu genügen?

Gegen die Hypo­sta­sie­rung des Lebens­rech­tes lässt sich zunächst unter dem Aspekt logi­scher Kon­si­stenz argu­men­tie­ren. Zu die­sem Zweck ist von fol­gen­der Situa­ti­on aus­zu­ge­hen: Eine Per­son, Ego, wird von einer ande­ren Per­son, Alter, mit der Absicht, Ego zu töten, ange­grif­fen. Ego steht vor der Alternative:

  1. den Angriff von Alter wehr­los hin­zu­neh­men und getö­tet zu werden;
  2. sich zu weh­ren und dabei in Kauf zu neh­men, Alter durch sei­ne Gegen­wehr zu ver­let­zen oder gar zu töten.

Sein Gewis­sen, das den abso­lu­ten Schutz des mensch­li­chen Lebens postu­liert, sagt dem Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten: Han­delt Ego nach Alter­na­ti­ve 2, so begeht er ein Unrecht, da er Alters Recht auf Leben miss­ach­tet. Dar­auf­hin zieht der Fun­da­men­tal­pa­zi­fist fol­gen­den dis­junk­ti­ven Schluss: Wenn Egos Han­deln nach der Alter­na­ti­ve 2 ein Unrecht bege­hen heißt, so bedeu­tet sein Han­deln nach Alter­na­ti­ve 1 Recht tun. Sei­ne gesin­nungs­ethi­sche Posi­ti­on gebie­tet also dem Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten, das Recht Alters auf Leben zu wah­ren und sich gegen den Angriff nicht zur Wehr zu setzen.

Der logi­sche Feh­ler, den er dabei jedoch begeht, liegt in der Tat­sa­che begrün­det, dass Ego mit der Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve 1 eben­falls das Recht auf Leben miss­ach­tet, in die­sem Fall jedoch sein eige­nes – denn wenn das Recht auf Leben abso­lu­ten Schutz genießt, dann muss dar­in zwin­gend der Schutz des Lebens Egos ein­ge­schlos­sen sein. Mit die­ser Begrün­dung stellt Han­deln gemäß der Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve 1 ein Unrecht dar.

Dar­aus resul­tiert die logi­sche Unhalt­bar­keit der Posi­ti­on des Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten, der für die Alter­na­ti­ve 1 optiert, da sei­ne Begrün­dung gegen das prin­ci­pi­um con­tra­dic­tion­is, den Satz des Wider­spruchs, ver­stößt: Ein und die­sel­be Hand­lung kann nicht zugleich Recht und Unrecht sein. Die impli­zi­te Prä­mis­se in der Argu­men­ta­ti­on des Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten lau­tet näm­lich: Das Leben Alters ist wert­vol­ler als das Leben Egos. Die­se Ent­schei­dung ist jedoch zum einen dezi­sio­ni­stisch und des­halb nicht begründ­bar und zum ande­ren gefähr­lich, weil damit ein dif­fe­ren­tes Recht auf Leben postu­liert und mensch­li­ches Leben nach lebens­wert und lebens­un­wert ein­ge­stuft wird. Als Zwi­schen­er­geb­nis der logi­schen Ana­ly­se der Posi­ti­on des Fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sten lässt sich fest­hal­ten, dass die­se ratio­na­len Kri­te­ri­en nicht standhält.

Ande­rer­seits gilt es jedoch zu zei­gen, inwie­fern sich anhand der­sel­ben ratio­na­len Kri­te­ri­en die Posi­ti­on des­je­ni­gen begrün­den lässt, der sich zur Wahl der Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve 2 ent­schei­det, also zur Ver­tei­di­gung gegen einen Angriff unter Inkauf­nah­me der even­tu­el­len Tötung des Angrei­fers. Eine Betrach­tung unter der Per­spek­ti­ve des Rechts auf Leben allein kann die Legi­ti­mi­tät die­ser Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve nicht begrün­den, denn war­um soll­te Ego wie­der­um Alters Leben zum Schut­ze sei­nes eige­nen opfern dür­fen? Um die Legi­ti­mi­tät der Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve 2 zu begrün­den, muss man auf den Kate­go­ri­schen Impe­ra­tiv Kants rekur­rie­ren. Dem­ge­mäß sind Hand­lun­gen, die sich in Über­ein­stim­mung mit jenem befin­den, also dem Prin­zip nach uni­ver­sa­li­sier­bar sind, recht­mä­ßig, wäh­rend Hand­lun­gen, die gegen das Prin­zip der Uni­ver­sa­li­sier­bar­keit ver­sto­ßen, Unrecht dar­stel­len. Mit Hil­fe die­ses Instru­men­ta­ri­ums lässt sich für die zuvor beschrie­be­ne Situa­ti­on die legi­ti­me Hand­lungs­al­ter­na­ti­ve dedu­zie­ren: Alters Han­deln, näm­lich der Angriff auf Ego mit dem Ziel, die­sen zu töten, folgt der Maxi­me: Jeder belie­bi­ge darf jeden belie­bi­gen ande­ren jeder­zeit töten, wenn dies zur Rea­li­sa­ti­on sei­ner belie­bi­gen Hand­lungs­zwecke not­wen­dig ist. Die­se Maxi­me zum all­ge­mei­nen Gesetz erho­ben, ver­stie­ße jedoch gegen die not­wen­di­gen Bedin­gun­gen der Mög­lich­keit von Frei­heit, da die Mög­lich­keit, jeder­zeit jeden belie­bi­gen aus jedem belie­bi­gen Grun­de zu töten, auch die Mög­lich­keit impli­ziert, jeder­zeit durch jeden belie­bi­gen aus jedem belie­bi­gen Grun­de getö­tet zu wer­den, also einer der­ar­ti­gen Maxi­me ein Wil­le zugrun­de liegt, der sich selbst auf­hebt und somit wider­sprüch­lich ist.

Empi­risch betrach­tet gilt, dass die Aus­übung des Rech­tes auf Frei­heit an mensch­li­che Hand­lungs­sub­jek­te gebun­den ist, wes­halb jene Frei­heit nur garan­tiert sein kann, wenn auch das Leben der Hand­lungs­sub­jek­te garan­tiert wird. Ohne das Recht auf Leben bleibt das Recht auf Frei­heit eine Fik­ti­on. Auch des­halb stellt ein will­kür­li­cher Angriff auf das Leben eines ande­ren ein Unrecht dar. Als zwei­tes Zwi­schen­er­geb­nis resul­tiert aus vor­ste­hen­den Über­legungen, dass Alters Angriff auf Ego ein Unrecht impliziert.

Schließ­lich bleibt noch zu zei­gen, wes­halb Egos Ver­tei­di­gung gegen Alters Angriff kein Unrecht dar­stellt, selbst wenn sie unter Inkauf­nah­me der even­tu­el­len Tötung Alters erfolgt. Egos Han­deln folgt der gene­rel­len Maxi­me: Wenn jemand in ille­gi­ti­mer Wei­se jeman­des ande­ren Hand­lungs­frei­heit ein­schränkt, so ist es gerecht­fer­tigt, ihn unter Wah­rung der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit von inten­dier­tem Ziel und selek­tier­ten Mit­teln an die­sem Unrechts­akt zu hin­dern. Die­se Maxi­me erfüllt die Kon­di­ti­on der Uni­ver­sa­li­sier­bar­keit, ist also als all­ge­mei­nes Gesetz gemäß den Maß­ga­ben des kate­go­ri­schen Impe­ra­tivs denk­bar, da nur des­sen Frei­heit ein­ge­schränkt und des­sen Leben gefähr­det wird, der selbst auf ille­gi­ti­me Wei­se die Frei­heit eines ande­ren ein­schränkt und auf ille­gi­ti­me Wei­se das Leben eines ande­ren bedroht. Die Dif­fe­renz im Han­deln Egos und Alters besteht dem­zu­fol­ge dar­in, dass Alter durch sein Han­deln gegen die not­wen­di­gen Bedin­gun­gen der Mög­lich­keit von Frei­heit ver­stößt und damit unrecht han­delt, wäh­rend Ego mit sei­nem Han­deln jene Bedin­gun­gen ein­hält und somit rech­tens handelt.

Als Kon­klu­si­on der Ana­ly­se unter rechts- und moral­phi­lo­so­phi­schen Aspek­ten lässt sich fest­hal­ten, dass die Posi­ti­on des­je­ni­gen, der bereit ist, sich gegen ille­gi­ti­me Aggres­si­ons­ak­te not­falls auch unter Ein­schluss töd­li­cher Gewalt­an­wen­dung zu ver­tei­di­gen, den Kri­te­ri­en des Kate­go­ri­schen Impe­ra­tivs zu ge­nügen ver­mag, wäh­rend eine fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sti­sche Hal­tung unver­meid­bar inkon­si­stent und in sich wider­sprüch­lich bleibt.

Die­se Schluss­fol­ge­rung gilt nicht allein für das Pro­blem der Not­wehr, son­dern muta­tis mut­an­dis auch im Hin­blick auf den Kom­plex der Not­hil­fe. Das bedeu­tet, dass der­je­ni­ge, der einem Drit­ten, wel­cher Ziel einer ille­gi­ti­men gewalt­tä­ti­gen Aggres­si­on gewor­den ist, gewalt­sam Hil­fe lei­stet, eben­so gemäß dem Kri­te­ri­um der Uni­ver­sa­li­sier­bar­keit han­delt, wie der, wel­cher sich selbst ver­tei­digt. Auf den Umstand, dass nicht nur ein ille­gi­ti­mer Aggres­sor Schuld auf sich lädt, son­dern auch der­je­ni­ge, der eine sol­che Aggres­si­on gesche­hen lässt, ohne dage­gen ein­zu­schrei­ten, ver­wies bereits Ambro­si­us von Mai­land, ein Kir­chen­va­ter aus dem 4. Jhd., als er kon­sta­tier­te: »Wer nicht gegen das Unrecht, das sei­nem Näch­sten droht, soweit er kann, kämpft, ist eben­so schul­dig, wie der, der es die­sem antut.«

Indes­sen gilt der im Hin­blick auf die mora­lisch-prak­ti­sche und zugleich juri­di­sche Legi­ti­mi­tät des Not­wehr- und Not­hil­fe­rechts vor­ste­hend dar­ge­leg­te Begrün­dungs-nexus kei­nes­wegs bloß für das Indi­vi­du­um als ein­zel­nes Rechts­sub­jekt, son­dern glei­cher­ma­ßen auf der Ebe­ne der Staa­ten als kol­lek­ti­ver Rechts­sub­jek­te. Zwar gei­ßelt Kant bereits 1795 in sei­ner Schrift »Zum ewi­gen Frie­den« ange­sichts der inhä­ren­ten Gefah­ren den Wahn­sinn des per­ma­nen­ten Rüstungs­wett­laufs und ver­ur­teilt über­dies die Pra­xis der Berufs­ar­meen, durch die ihre jewei­li­gen Ange­hö­ri­gen zu Objek­ten resp. Voll­zugs­or­ga­nen der Herr­schafts­in­ter­es­sen der jeweils Mäch­ti­gen im Staa­te ver­ding­licht wer­den – des­sen unge­ach­tet bekräf­tigt er frei­lich expres­sis ver­bis ein Ver­nunft­recht des Staa­tes und sei­ner Bür­ger auf Selbst­ver­tei­di­gung, näm­lich der­ge­stalt, mit Hil­fe »der frei­wil­li­gen peri­odisch vor­ge­nom­me­nen Übung der Staats­bür­ger in Waf­fen (…), sich und ihr Vater­land (…) gegen Angrif­fe von außen zu sichern«. Eine mili­tä­risch orga­ni­sier­te indi­vi­du­el­le und kol­lek­ti­ve Ver­tei­di­gung, bei­spiels­wei­se in Gestalt einer Miliz­ar­mee, ist folg­lich kei­nes­wegs inkom­pa­ti­bel mit jener auf den Kate­go­rien rei­ner prak­ti­scher Ver­nunft basie­ren­den, kate­go­risch-impe­ra­ti­ven Welt­frie­dens­ord­nung, wie Imma­nu­el Kant sie bereits vor mehr als 200 Jah­ren dar­ge­legt hat – und schon gleich gar nicht bedingt letz­te­re einen prin­zi­pi­el­len, umfas­sen­den Gewalt­ver­zicht oder gar einen fun­da­men­tal­pa­zi­fi­sti­schen Habitus.

Exakt die­se Erkennt­nis spie­gelt sich in den kodi­fi­zier­ten Nor­men des Völ­ker­rechts wider, das schon von Beginn sei­ner Ent­ste­hung an das Recht eines Staa­tes auf Ver­tei­di­gung sei­ner ter­ri­to­ria­len Inte­gri­tät, sei­ner Sou­ve­rä­ni­tät und sei­nes Staats­vol­kes sti­pu­liert. Dem­entspre­chend heißt es in der Sat­zung der Ver­ein­ten Natio­nen (SVN), die, seit sie 1945 in San Fran­cis­co von der Staa­ten­ge­mein­schaft ver­ab­schie­det wur­de, den grund­le­gen­den, uni­ver­sal gül­ti­gen völ­ker­recht­li­chen Nor­men­ko­dex defi­niert: »Die­se Char­ta beein­träch­tigt im Fal­le eines bewaff­ne­ten Angriffs gegen ein Mit­glied der Ver­ein­ten Natio­nen kei­nes­wegs das natur­ge­ge­be­ne Recht zur indi­vi­du­el­len oder kol­lek­ti­ven Selbst­ver­tei­di­gung, bis der Sicher­heits­rat die zur Wah­rung des Welt­frie­dens und der inter­na­tio­na­len Sicher­heit erfor­der­li­chen Maß­nah­men getrof­fen hat.«

Auf der Ebe­ne des Ver­fas­sungs­rechts der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ist vor­ge­nann­te Völ­ker­rechts­norm wie­der­um maß­geb­lich für die Exege­se des im Grund­ge­setz zugrun­de geleg­ten Ver­tei­di­gungs­be­griffs, wonach, wie das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in sei­nem Urteil zum Bun­des­wehr­ein­satz vom 12. Juli 1994 dar­leg­te, gemäß Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG der Bund »Streit­kräf­te zur Ver­tei­di­gung« auf­stellt. Die ein­deu­ti­ge, umfas­sen­de und zugleich erschöp­fen­de Klar­stel­lung, wie denn der Ver­tei­di­gungs­be­griff des Grund­ge­set­zes nach Art. 87a zu inter­pre­tie­ren ist, nahm das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in einem epo­cha­len Urteil zur Gewis­sens­frei­heit von Sol­da­ten der Bun­des­wehr im Jah­re 2005 vor. Damals kon­sta­tier­ten die Rich­ter unmiss­ver­ständ­lich: »Da der Norm­text des Art. 87a Abs. 1 und 2 GG von ›Ver­tei­di­gung‹, jedoch – anders als die zunächst vor­ge­schla­ge­ne Fas­sung – nicht von ›Lan­des­ver­tei­di­gung‹ spricht und da zudem der ver­fas­sungs­än­dern­de Gesetz­ge­ber bei Ver­ab­schie­dung der Rege­lung im Jah­re 1968 auch einen Ein­satz im Rah­men eines Nato-Bünd­nis­fal­les als ver­fas­sungs­recht­lich zuläs­sig ansah, ist davon aus­zu­ge­hen, dass ›Ver­tei­di­gung‹ alles das umfas­sen soll, was nach dem gel­ten­den Völ­ker­recht zum Selbst­ver­tei­di­gungs­recht nach Art. 51 der Char­ta der Ver­ein­ten Natio­nen (…) zu rech­nen ist.« Damit haben die Bun­des­ver­wal­tungs­rich­ter klar­ge­stellt, dass der Ein­satz deut­scher Streit­kräf­te zur indi­vi­du­el­len oder kol­lek­ti­ven Selbst­ver­tei­di­gung – also zur Not­wehr eben­so wie zur Not­hil­fe – völ­ker­rechts- und ver­fas­sungs­kon­form ist.

Obgleich das Grund­prin­zip staat­lich orga­ni­sier­ter mili­tä­ri­scher Ver­tei­di­gung in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land sei­ne letzt­in­stanz­li­che Bestä­ti­gung erst mit jenen bei­den höchst­rich­ter­li­chen Urtei­len gefun­den hat, nor­mier­te es doch bereits in der Grün­dungs­pha­se den Auf­trag der neu­en Bun­des­wehr. So fir­mier­te schon das im Okto­ber 1950 im Eifel­klo­ster Him­merod ent­stan­de­ne Grün­dungs­do­ku­ment der neu zu schaf­fen­den deut­schen Streit­kräf­te unter dem pro­gram­ma­ti­schen Rubrum »Denk­schrift des mili­tä­ri­schen Exper­ten­aus­schus­ses über die Auf­stel­lung eines deut­schen Kon­tin­gents im Rah­men einer über­na­tio­na­len Streit­macht zur Ver­tei­di­gung West­eu­ro­pas«. Als in der Fol­ge­zeit dann der Gene­ral, Frie­dens­for­scher und Mili­tär­phi­lo­soph Wolf Graf von Bau­dis­sin sei­ne Kon­zep­ti­on von der »Inne­ren Füh­rung« ent­wickel­te, sah er die Exi­stenz­be­rech­ti­gung von Mili­tär schlecht­hin untrenn­bar ver­knüpft mit des­sen strikt defen­si­ver Aus­rich­tung, als er postu­lier­te: »Wel­ches sind nun die Auf­ga­ben der Streit­kräf­te? Wir haben ernst­haft und red­lich umzu­den­ken und uns bewusst zu machen, dass der Sol­dat in aller­er­ster Linie für die Erhal­tung des Frie­dens ein­tre­ten soll; denn im Zeit­al­ter des abso­lu­ten Krie­ges mit sei­nen eigen­ge­setz­li­chen, alles ver­nich­ten­den Kräf­ten gibt es kein poli­ti­sches Ziel, wel­ches mit krie­ge­ri­schen Mit­teln ange­strebt wer­den darf und kann – außer der Ver­tei­di­gung gegen einen das Leben und die Frei­heit zer­stö­ren­den Angriff.« Ein offen­si­ver Gebrauch von Streit­kräf­ten oder gar ihre Ver­wen­dung in aggres­si­ver Manier schied für Bau­dis­sin im Rah­men sei­ner Kon­zep­ti­on der »Inne­ren Füh­rung« daher kate­go­risch aus.