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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Wer an den Krisen verdient …

Viel­leicht haben wir uns schon dar­an gewöhnt – alle paar Jah­re eine neue Kri­se. Und sie kom­men in immer kür­ze­ren Abstän­den: Der 11. Sep­tem­ber war 2001, die Finanz­kri­se begann cir­ca 2007; zwi­schen Coro­na-Kri­se und Russ­land-Ukrai­ne-Kri­se lie­gen gera­de mal weni­ge Mona­te (und Coro­na ist noch latent vor­han­den). Die jewei­li­gen Hin­ter­grün­de und Gefah­ren sind aus­gie­bigst unter­sucht wor­den und sol­len hier nicht wie­der­holt wer­den. Aber inter­es­sant scheint die Fra­ge: Haben die poli­ti­schen Maß­nah­men die Kri­sen tat­säch­lich ein­däm­men kön­nen – und wel­chen Preis hat­ten die­se Maß­nah­men? Aber eins nach dem anderen.

Eine Kri­se – wie kann sie cha­rak­te­ri­siert werden?
Laut Wiki­pe­dia ist eine Kri­se der Höhe- oder Wen­de­punkt »einer gefähr­li­chen Kon­flikt­ent­wick­lung in einem natür­li­chen oder sozia­len System …«; laut Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung ist sie eine »… mas­si­ve Stö­rung des gesell­schaft­li­chen, wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Systems …«. Das Wirtschaftslexikon24 beschreibt sie als »… völ­li­gen oder teil­wei­sen Zusam­men­bruch des wirt­schaft­li­chen Funk­ti­ons­sy­stems …«. Die­se Fest­stel­lun­gen schei­nen zutref­fend; dabei bezeich­nen sie haupt­säch­lich die Fol­gen einer Kri­se; inter­es­san­ter scheint des­halb zunächst die Frage?

Wie kommt es zu Krisen?
Waren die Kri­sen der letz­ten 20 Jah­re durch Men­schen ver­ur­sacht oder natur­ge­ge­ben? Eine Virus­über­tra­gung ist sicher meist ein natür­li­cher Ablauf (z.B. Über­tra­gung durch Tie­re); soll­te dies durch mensch­li­ches Han­deln begün­stigt sein (Bio-Labo­re?), wäre die Über­tra­gung nicht völ­lig natur­ge­ge­ben. Die mei­sten ande­ren Ursa­chen sind irgend­wie durch han­deln­de Per­so­nen ver­ur­sacht – von reli­gi­ös moti­vier­ten Atten­tä­tern über geld­hung­ri­ge Kör­per­schaf­ten bis hin zu Inter­es­sen­grup­pen mit macht­be­zo­ge­nen Prin­zi­pi­en bzw. Dok­tri­nen. Die Aktio­nen die­ser Grup­pen füh­ren erst dann zur Kri­se, wenn sie über ein gesell­schaft­lich ver­träg­li­ches Maß hin­aus­schie­ßen: Der 11. Sep­tem­ber 2001 war der Beginn und das Ali­bi für eine mas­si­ve Ver­än­de­rung und Ver­schär­fung der west­li­chen Außen-, Kriegs- und Sicher­heits­po­li­tik (z. B. die Krie­ge in Afgha­ni­stan und gegen den Isla­mi­schen Staat). Die Immo­bi­li­en­bla­sen wur­den so lan­ge auf­ge­bläht, bis die Kre­dit­ge­ber in Schief­la­ge gerie­ten. Die Kli­ma­kri­se wur­de von wich­ti­gen Akteu­ren so lan­ge geleug­net, bis sie unüber­seh­bar wur­de. Dies lässt einen Ana­lo­gie-Schluss mit natur­wis­sen­schaft­lich-tech­ni­schen Gebie­ten zu: Kri­sen tre­ten dann auf, wenn eine Stö­rung grö­ßer ist als die Tole­ranz-Ver­träg­lich­keit des betref­fen­den Systems.

Wie tre­ten Kri­sen zuta­ge bzw. wie lau­fen sie ab?
Zeig­ten sich die ersten Erschei­nun­gen (z.B. die Immo­bi­li­en­bla­se 2007 oder die sprung­haft stei­gen­den Zin­sen auf den Akti­en-, Gold- oder Devi­sen­han­del zwi­schen ver­schie­de­nen Ban­ken im sel­ben Jahr; zum Bei­spiel das Auf­tre­ten der ersten Coro­na-Fäl­le), wur­de oft nur über die Fak­ten an sich berich­tet. Mehr­ten sich die Fäl­le bzw. tra­ten deren Fol­gen in West­eu­ro­pa auf, wur­den – kur­ze Zeit spä­ter – die Hin­ter­grün­de inten­si­ver betrach­tet (z. B. die »Bla­se« aus unge­deck­ten Immo­bi­li­en­kre­di­ten beson­ders in den USA). Und es kam zuta­ge, dass Fach­leu­te oft­mals schon viel frü­her vor dem Ereig­nis gewarnt hat­ten, ihnen aber nie­mand zuhö­ren woll­te. Danach folgt häu­fig die Pha­se der »hek­ti­schen Poli­tik«: Exper­ten­grup­pen wer­den for­miert, Not­fall­plä­ne aktua­li­siert, Finanz­mit­tel zur Bewäl­ti­gung abge­schätzt und bereit­ge­stellt (Olaf Scholz als Finanz­mi­ni­ster: »Mit WUMMS aus der Coro­na-Kri­se!«) Ging und geht es dabei um die Ein­däm­mung der Ursa­chen, die Bewäl­ti­gung ihrer Fol­gen oder um Maß­nah­men für die Ver­mei­dung künf­ti­ger Kri­sen? Aus den letz­ten 20 Jah­ren kann man mei­nes Erach­tens fol­gern, dass es im Wesent­li­chen um die Beherr­schung der aktu­el­len Situa­ti­on ging (z. B. Finanz-Sta­bi­li­tät durch Ret­tung von Ban­ken bzw. gan­zen Staats­haus­hal­ten, Not-Kapa­zi­tä­ten für Coro­na-Betreu­ung). Oft wur­de dabei den Schul­di­gen (z. B. spe­ku­lie­ren­den Ban­ken) gutes Geld »hin­ter­her­ge­wor­fen«; Ver­ant­wort­li­che wur­den sel­ten bestraft, besten­falls abge­setzt … Manch­mal gab es auch Aktio­nen, die das »Übel an der Wur­zel packen« soll­ten – dabei ging es dann um mili­tä­ri­sche Maß­nah­men zur Durch­set­zung von glo­ba­len Macht­ver­schie­bun­gen. Man den­ke nur an den Afgha­ni­stan-Krieg (und dar­an, wie er aus­ging). Die Reak­tio­nen mögen im Detail ver­schie­den sein, aber zur Bewäl­ti­gung der Kri­sen wur­den immer enor­me Geld­mit­tel locker­ge­macht, die vor­her undenk­bar waren – sie­he Afgha­ni­stan-Krieg, Ban­ken-Ret­tung, Coro­na-Tests, Impf­stoff-Ent­wick­lung oder mili­tä­ri­sche Auf­rü­stung … Dabei ist es inter­es­sant, wohin die Gel­der flossen.

Wer erhält die größ­ten Geldmittel?
Eine Gesamt­bi­lanz ist schwie­rig; man kann nur ein­zel­ne Posten auf­li­sten. Betrach­tet man z. B. den 11. Sep­tem­ber: Für den Wie­der­auf­bau des World Trade Cen­ters wur­den gro­ße Sum­men auf­ge­bracht (fast 5 Mil­li­ar­den US-Dol­lar inklu­si­ve der Gedenk­stät­ten) – jedoch wesent­lich mehr für den Kampf gegen radi­ka­le isla­mi­sche Struk­tu­ren. Laut Sta­ti­sta Rese­arch Dept. koste­te allein der Afgha­ni­stan-Krieg die USA zwi­schen 2002 und 2021 ca. 850.000 Mil­li­ar­den US-Dol­lar; die Steu­er­zah­ler der BRD ca. 20.000 Mil­lio­nen Euro (Wirt­schafts­wo­che). Der Krieg gegen den »Isla­mi­schen Staat« im Irak und in Syri­en war min­de­stens eben­so teu­er. Die­se Zah­len erzäh­len nichts über das end­lo­se Leid von zahl­lo­sen Men­schen, sie sagen auch nichts über die zer­stör­ten Städ­te und die Trau­ma­ta aller Betei­lig­ten. Es sind ein­fach nur Zah­len, nicht mehr vor­stell­ba­re Geld­sum­men, die für Krie­ge und Wie­der­auf­bau ver­braucht wur­den. Geld, das größ­ten­teils bei Ban­ken als Kre­dit auf­ge­nom­men und dann den Rüstungs­fir­men und dem Mili­tär zur Ver­fü­gung gestellt wur­de – und jetzt noch jah­re­lang von Steu­er­zah­lern auf­ge­bracht und zurück­ge­zahlt wer­den muss. Ähn­lich wie bei den »Ret­tungs­gel­dern« in der Finanz-und in der Coro­na-Kri­se. Im Zusam­men­hang mit Coro­na lan­de­ten die mei­sten Gel­der bei den Phar­ma-Fir­men; die Sum­men wur­den weit­ge­hend geheim ver­han­delt. Bedenkt man außer­dem, wie z. B. Pfi­zer sei­ne welt­wei­te Stel­lung aus­nutz­te, um bei den Serum-Käu­fern unver­schäm­te Lie­fer­kon­di­tio­nen durch­zu­drücken, kann man erken­nen, dass auf ehr­ba­re Kauf­mann­schaft kei­nen Wert gelegt wur­de. Wie auch bei vie­len lukra­ti­ven Mas­ken-Geschäf­ten. Die bei der Immo­bi­li­en­kri­se ab 2007 und der Euro-Kri­se ab 2009 auf­ge­brach­ten staat­li­chen Mil­li­ar­den­sum­men lan­de­ten zu einem gro­ßen Teil bei den Ver­ur­sa­chern, also den spe­ku­lie­ren­den Ban­ken. Die Unter­stüt­zung strau­cheln­der Län­der wie zum Bei­spiel Grie­chen­land ist ein kom­pli­zier­te­res Feld. Sicher ist nur, dass sie Geld von der EU erhiel­ten, um z. B. an uns Schul­den zurück­zu­zah­len. Ins­ge­samt kann man sagen, dass alle Kri­sen-Sta­bi­li­sie­rungs-Gel­der dort­hin flos­sen, wo es für das Groß­ka­pi­tal am genehm­sten war – von Rüstungs­fir­men bis zu Finanz-Kon­sor­ti­en. Wir müs­sen uns nur die Kur­se der Biontech-Akti­en anschau­en oder die Akti­en­kur­se der Rüstungs­kon­zer­ne, Sat­te Gewin­ne hier – und dort, unter den Nor­mal­bür­gern, wach­sen­de mate­ri­el­le Sorgen.

Die wich­tig­ste Fra­ge ist also: Wer ver­dient an den Krisen?