Organisierte Friedensgruppen entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts zuerst in Ländern, in denen sich der Kapitalismus früher als in Deutschland herausgebildet hatte. Angesichts der heutigen aggressiven militaristischen Großmachtpolitik der USA scheint es kaum glaubhaft, dass eine organisierte Friedensbewegung ihren Anfang in den USA genommen hat. Von 1812 bis 1814 führten England und die USA um Florida und Teile Kanadas Krieg, der von den exportabhängigen Süd- und Mittelstaaten der USA unterstützt wurde. In den Neuengland-Staaten im Nordosten war der Krieg wegen der einsetzenden kulturellen und industriellen Blütezeit jedoch unpopulär, zumal er am 24./25. August 1814 Washington zerstört hatte. Im Kompromissfrieden von Gent im Dezember 1814 wurde die Unabhängigkeit der USA bestätigt. In diesem Kontext bildeten sich 1814/15 die ersten amerikanischen Friedensgesellschaften (Peace Societies) und 1816 in Großbritannien die Friedensbewegung der Quäker. Weitere Militäroperationen der amerikanischen Regierung zur Ausdehnung ihres Territoriums nach Süden (Annexion von Mississippi 1817, Alabama 1819, Missouri 1819), nach Südwest (Illinois 1817, Missouri 1821) und Nordwest (Maine 1820) schlossen sich die USA-Friedensgruppen 1826 zur nationalen »American Peace Society« zusammen. Damals haben Kaufleute in den USA Kriege zur Eroberung weiterer Territorien als Behinderung des Handels verurteilt. Die USA-Regierung heute sollte daran anknüpfen und den Krieg der Sanktionen gegen »missliebige« Staaten beenden. Sanktionen schaden dem Wohlstand des eigenen und der betroffenen Völker.
In Europa fanden nach den napoleonischen Kriegen, der (Un)Heiligen Allianz der europäischen Fürstenhäuser und 1830 der Julirevolution in Frankreich, ab 1831 und 1848 in Brüssel, 1849 in Paris, 1850 in der Paulskirche in Frankfurt am Main sowie 1851 in London in Verbindung mit der Weltausstellung internationale Friedenskongresse statt. Die dort erhobenen Forderungen sind höchst aktuell: Verbot von Kriegen, Abschaffung der stehenden Heere, systematische Abrüstung und schiedsgerichtliche Verfahren zur Regelung zwischenstaatlicher Konflikte. Die französischen Kriegsgegner schlossen sich im September 1851 zur »Internationalen Liga für Frieden und Freiheit« zusammen. Die unterschiedlich voranschreitende Entwicklung des Kapitalismus weckte in Russland, Deutschland, Österreich/Ungarn, Italien und Frankreich politische Interessen auf Ausdehnung von Macht und Einfluss in Europa, die militärisch (Deutsch-Dänischer Krieg) oder durch bilaterale Verträge (Zweibund 1879, Dreibund 1882, »Rückversicherungsvertrag« Deutschlands mit Russland 1887) zu regeln versucht worden sind.
Nach der Reichsgründung 1871 strebten die alten feudal-militaristischen und die neuen ökonomisch mächtigen Kreise des deutschen Kapitals in trauter Eintracht den Erwerb von Kolonien an. Die bürgerliche Friedensbewegung (Bertha von Suttner »Die Waffen nieder«) und die Sozialdemokratie unter August Bebel bekämpften die politische und ideologische Militarisierung der Gesellschaft. Friedrich Engels beantwortete 1893 in einer Artikelserie die Frage »Kann Europa abrüsten?« mit »Ja«, wenn Deutschland in der Abrüstung vorangehen würde! Alle Friedenskongresse, auch nicht die der II. Sozialistischen Internationale und nicht der 10. Weltkongress der Kriegsgegner 1901 in Glasgow konnten den 1 Weltkrieg 1914 bis 1918 verhindern. Der Weltkongress in Glasgow (Großbritannien) 1901 prägte den Begriff »Pazifismus«. Hunderte Pazifisten wurden als Vaterlandsverräter verfolgt oder ermordet und später in Nazideutschland in Konzentrationslager gesperrt wie Carl von Ossietzky. Pazifisten sind mutige und selbstlose Friedenskämpfer, sie sollten allerorts Ehrenbürger sein und den Regierungen vorstehen.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts standen der Burenkrieg in Südafrika und in China der »Boxeraufstand«, zwei Kolonialkriege. Am Jahrhundertende zerschlug die von den USA geführte Nato den Vielvölkerstaat Jugoslawien. Damit hatte das 1948 gegründete Nato-Militärbündnis den Krieg nach Europa zurückgebracht. Dazwischen fanden zwei von Deutschland geführte Weltkriege und Dutzende, meist von den USA provozierte Kriege wie in Korea und Vietnam statt. Die Gründung der UNO zur Verhinderung weiterer Kriege und die Potsdamer Konferenz 1945 zur Beseitigung der Ursachen des Faschismus waren richtige Lehren aus beiden Weltkriegen. Faschismus und Kriege bedrohen die Menschheit noch immer. Warum?
Das strategische Ziel des deutschen Kapitals, durch den Weltkrieg Von 1914 bis 1918 eine Neuordnung der Macht in Europa zu erreichen, scheiterte, aber aus unerwarteten Umständen. Lenin »pfuschte« den militaristischen Strategen mit der Oktoberrevolution »ins Handwerk«. Lenins Dekrete über den Frieden und die Vergesellschaftung von Grund und Boden wiesen die Sowjetmacht als soziale Systemkonkurrenz aus. Die 1917 im Weltkrieg gegeneinander kämpfenden kapitalistischen Staaten legten eine »Pause« ein. In Italien und Deutschland entstanden politische Gegenbewegungen. In Berlin konstituierte sich am 1. Dezember 1918 die von Deutscher Bank, Wirtschaft (Hugo Stinnes), Militärs und Adel finanzierte »Antibolschewistische Liga« (AL). Sie hatte 1920 bereits 162 Ortsgruppen. Ab März 1918 fielen sechzehn kapitalistische Staaten von allen Seiten in Sowjetrussland ein. Nach vier Jahren endete dieser blutige Krieg 1922 mit der Gründung der UdSSR.
Seit Februar 1918 (Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk) bis heute führt Deutschland einen offenen kalten und heißen Krieg gegen Sowjetrussland, zunächst gegen die UdSSR und seit 1991 gegen die Russische Föderation unter Präsident Putin, der seinem Land und Volk nach dem schmachvollen Zusammenbruch der Sowjetunion Würde und Weltachtung als Europäische Großmacht zurückgeben will.
Der Weltimperialismus mit den USA und Deutschland an der Spitze glaubten 1990/91, den Sozialismus und das an Bodenschätzen reiche Russland als Konkurrenz ausgeschaltet zu haben. Die USA dünkten sich nunmehr als »einzige Weltmacht« (Brzezinski 1997). Washington verabschiedete 2000 das »Projekt for the New American Century«, in dem festgehalten wird, jetzt sei die Welt unipolar. Aufgabe der USA sei, diese Unipolarität zu erhalten. Die USA-Interessen werden sich von Europa nach Asien verlagern. Um Russland in die Knie zu zwingen, missbrauchen USA und Europäische Union Wirtschafts- und Handelssanktionen als Keule. Deutschland spielt hierbei eine üble Rolle.
Das dreiste und betont anmaßende Auftreten der deutschen Außenministerin auf dem internationalen diplomatischen Parkett und ihre Belehrungen anderer Staatsmänner über den Baerbockschen gesellschaftlichen Wertekanon ist abstoßend Die wider besseres Wissen einseitige Verteufelung von Russlands Kriegsführung klingt wie die antisowjetische Infamien vor und nach 1945. Ins politische Merkbuch der Bundesregierung gehört die Tatsache: Weder Lenin, Stalin, seine Nachfolger oder Putin haben Deutschland bzw. Westeuropa jemals militärisch bedroht. Die Gründung der Nato beruhte auf der Lüge, Stalin wolle nach dem Sieg über Hitlerdeutschland nunmehr Westeuropa erobern. Im Gegenteil: Der Vertrag von Rapallo 1922 (u. a. Verzicht beider Seiten auf Wiedergutmachungen aus dem Krieg) und der Berliner Vertrag von 1926 (Wirtschaftsbeziehungen) zwischen Deutschland und der UdSSR sind die historisch ersten Beispiele für die praktische Anwendung der Politik der friedlichen Koexistenz. Diese Erfahrungen sollte sich Frau Baerbock aneignen, nicht alte antisowjetischen Hasstiraden übertreffen.
Die politischen Errungenschaften von 1945, das Potsdamer Abkommen über die Beseitigung der Quellen für Faschismus und die Gründung der UNO, wurden in der BRD seit Adenauer missachtet. Der bekannte und anerkannte Journalist Ulrich Wickert hat am 11. November 2022 in einer Fernseh-Show mit Nachdruck unterstrichen, die antisemitischen und rassistischen Ausfälle in der Gesellschaft von heute haben ihre Ursache darin, dass die alte Bundesrepublik von Nazis eingerichtet worden ist. Das müsse von der Politik endlich zugegeben werden.
Die Strategie des deutschen Kapitals zur Neuverteilung der Machtzentren scheiterte nicht nur durch die Niederlage des Nazifaschismus im 2. Weltkrieg, sondern auch durch den politischen Zusammenbruch des weltweiten Kolonialismus. In Afrika entstanden neue Staaten, in Lateinamerika bildeten sich revolutionäre Bewegungen, und in den USA nahmen Demonstrationen gegen Rassismus und den Vietnamkrieg zu. Für all dieses Aufbegehren stehen Namen wie Mahatma Gandhi, Patrice Lumumba, Martin Luther King, Nelson Mandela u. v. a. m., auch Bertolt Brecht und Pablo Picasso mit seiner Anklage des Faschismus »Guernica« und seiner Friedenstaube, die aller Völker Sehnsucht nach Frieden verkörpert.
Ab 1945/46 zerrte der Kalte Krieg in Europa schließlich die ganze Welt in den Ost-West-Konflikt. Damit dieser Kalte Krieg in Europa nicht in einen heißen Krieg umschlagen konnte, mussten Entspannungsmöglichkeiten entwickelt werden. Auf der theoretischen Grundlage der Politik der friedlichen Koexistenz schlugen die UdSSR und die mit ihr verbündeten Staaten eine »Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit« (KSZE) vor, die nach zweijähriger Vorbereitung am 1. Juli 1975 in Helsinki tagte und mit der »Schlussakte« ein Reglement schuf, das militärische Auseinandersetzungen zwischen den beteiligten 35 Staaten ausschloss, Handel zum gegenseitigen Vorteil vorsah und den Austausch von Kultur und Ideen versprach. Es ist nicht vergessen, dass die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag noch einen Tag vorher die Teilnahme der BRD an der Konferenz und die Unterzeichnung der Schlussakte verhindern wollte.
Das 20. Jahrhundert wird ewig durch die bisher grausamsten Kriege der Menschheitsgeschichte mit ca. 100 Millionen Toten gekennzeichnet bleiben. Aber in diesen einhundert Jahren wurde die Atomkraft entdeckt und nutzbar gemacht – leider auch zur mörderischsten Waffe unserer Zeit. Menschen sind ins Weltall vorgestoßen, und in den 25 Jahren der KSZE erwiesen sich Handel und Wandel zwischen gleichberechtigten Staaten als friedensfördernd. Die KSZE war ein Lehrstück der Demokratie ohne Vorherrschaft.
Nach dem Anschlag in New York am 11. November 2001 eröffneten die USA ihren »Krieg gegen den Terror«, primär gegen arabische Staaten. Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts war durch den USA-Terrorismus gegen Afghanistan, den Irak, Libyen, Syrien usw. ausgefüllt. Zurück blieben zerrüttete gesellschaftliche Strukturen, zerstörte Städte und gelynchte Staatspräsidenten. Zwanzig Jahre USA und Nato in Afghanistan sind zum Synonym für diese neue koloniale USA-Kriegspolitik geworden. Der aktuelle Höhepunkt der Kriegstreiberei ist die mit westlichen Waffen hochgerüstete Ukraine und die mit Sanktionen überhäufte Russische Föderation, beide sollen sich gegenseitig zerstören. Mit solcher Position blockierte Harry Truman, beim Überfall auf die Sowjetunion 1941 Vizepräsident der USA, die sofortige Schaffung einer Antihitlerkoalition. Heute soll wiederum Deutschland die Last der wirtschaftlichen Folgen dieses Krieges gegen Russland tragen. Die regierende Ampelkoalition hat sich zum Hampelmann amerikanischer Interessen gemacht, indem sie die Wirtschafts- und Handelsverträge mit Russland, die »zum gegenseitigen Vorteil« gereichten, aufkündigte, angeblich, um sich aus russischer Abhängigkeit zu »befreien«. Die jetzigen Verträge mit den USA, feudalen Emiraten und anderen Staaten sind Fesseln für unser Volk.
Das chinesische Konzept der neuen Seidenstraße ist für alle friedliebenden Völker eine großartige Möglichkeit, Kriege durch Handel zwischen den Völkern zu verhindern. USA und Nato wettern gegen die neue Seidenstraße, sie passt nicht in die imperialistische Welt- und Profitherrschaftspläne. Völkerverbindender Handel schließt Kriege und Hochrüstung aus. Mögen die USA-Bürger bei Präsidentenwahlen prüfen, ob die Kandidaten die Erfahrung ihrer Vorväter aufnehmen.