Es gab Zeiten, da analysierten vor allem die Parteien und Strömungen der Arbeiterbewegung die Weltlage als Voraussetzung für Politik und Aktionsprogramme. Der Sinn dafür ist abhandengekommen – ein wichtiger Grund dafür, dass der Nährboden gedeiht, den Krieg als Mittel der Friedenssicherung zu verklären. Das Buch von Heinz Klippert wirkt dem mit systematischer Analyse entgegen. Es beleuchtet das Spannungsfeld von Krieg und Frieden insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg. Kleinert beginnt mit einer Konfliktanalyse, die zunächst »unterschiedliche Wahrnehmungen, Beweggründe, Interessen und Deutungsmuster« sondiert, kurz das Historische-Faktische, um anschließend zu einem Ergebnis (Werturteil) zu gelangen. Heutzutage sind Begriffe wie »Entspannungspolitik, Abrüstung, Interessenausgleich und friedliche Koexistenz« nicht nur Unworte, sondern Ausschlusskriterien bei Debatten. Kleinert sieht eine »weltweite Kriegstreiberei« am Wirken, wobei hier genau geschaut werden muss, wer da angeblich treibt, wer da hetzt. Aber Vorsicht: Wissenschaftler und Denker, die das tun und nicht die üblichen Verdächtigen benennen (China, Russland), werden schnell als »Verschwörungstheoretiker« diffamiert und aus der Debatte ausgeschlossen.
Umso wichtiger ist es, diesem ideologischen Angriff auf unsere Demokratie entgegenzuwirken. Da kommt das Buch von Klippert gerade recht, weil es systematisch uns dabei hilft, in der »komplexen« Welt den Durchblick zu organisieren: mit der Methode, Schritt für Schritt die komplexen, scheinbar undurchdringbaren Zusammenhänge zu zerlegen, und eine »Anleitung« dafür zu liefern, wie Frieden gesichert werden kann.
In einem ersten Schritt werden Entwicklungen skizziert, wie und welche Kräfte aus dem Kalten Krieg nach 1945 mit Entspannungspolitik den großen Krieg zwischen Ost- und Westblock verhinderten. In Deutschland ist das mit Namen wie Willy Brandt und Egon Bahr verbunden.
Im zweiten Kapitel entfaltet der Autor seinen erkenntnistheoretischen Maßstab, also seine Theorie, mit der er die Fakten interpretiert (Anatomie der menschlichen Destruktivität, Erich Fromm), um »Prägungen psychologischer, schulischer und gesellschaftlicher Art« offenzulegen und daraus Strategien der Friedenserziehung zu entwerfen. Aus dieser Hintergrundanalyse folgen Fragen, wie Gewaltbereitschaft überwunden werden könnte, wie der Mensch »Frieden«, »Respekt« und »Toleranz« lernen kann, hin zu einem »reflektierten« Pazifismus mit dem Primat der »Kriegsvermeidung«. Aus seinem Ansatz folgt zwingend, dass Bildung und Schule als Institutionen der »Friedfertigkeit« weiterentwickelt werden müssen. Allerdings darf nicht vergessen werden, wie die Apparate des Staates und der Gesellschaft (Militär- und andere Gewaltapparate, Parteien, Institutionen) diesen Ansatz konterkarieren. Der systematisch und praktisch angelegte Ansatz Klipperts bereichert und ermöglicht es, in der chaotisch erscheinenden komplexen Weltlage Fuß zu fassen und in die Richtung Frieden ist möglich zu marschieren
Heinz Klippert: Frieden? Sichern! Anleitung zur Belebung pazifistischen Denkens, Westend Verlag, Neu-Isenburg 2024, 336 S., 24 €.