Heimkehr – ins Haus der Kindheit, zu den Hügelketten der ihm von jeher vertrauten Landschaft, zu den Wäldern, die Wolfgang Büscher zusammen mit den anderen Jungen durchstreifte, bis hinein ins Holz, wo es früh dunkelte und früh die Nacht fiel. Und immer wird der Förster die Hütte entdecken, die sie für kommende Nächte gebaut hatten, und immer wird er sie abreißen lassen: Der Förster war ihr Feind, Feind seiner Kindheit – nicht aber dieser andere Förster, der im Jetzt und Heute, der ließ ihn in der Waldhütte leben, die der Sohn des Fürsten Wolfgang Büscher überlassen hatte – eine Bleibe ohne Wasser, ohne Licht, verborgen im tiefsten Wald. Es wurde eine Reise sehr anderer Art für Büscher, den Vielgereisten in weiten Welten, ein Vorstoß ins Innerste seines Wesens wurde es, einer zu sich selbst. Monate lang harrte Büscher in der Hütte aus, vom blühenden Frühling an bis in den Herbst, wenn das Laub sich verfärbte, und es kühl wurde im Wald, feucht-kühl, und es hieß, sich im Morgennebel zurechtzufinden, Holz zu sammeln für die Nächte, Holz zu hacken, einen Scheiterhaufen zu bauen für ein Feuer, das noch wärmen würde, wenn es nur noch glimmte und es an der Zeit war, in der Hütte ins Bett unter die Decken zu kriechen. Ein Einsiedler-Dasein! Robinson Crusoe im hessischen Wald. Die Einsamkeit lehrte Büscher viel, der Wald lehrte ihn viel, er durchlebte den Kampf der Bäume gegen das Sterben, gegen die Stürme, die Trockenheit, die tödlichen Käfer. Am Gesang der Vögel lernte er ihre Art zu deuten, und er beobachtete, wie hellwach die Rehe Gefahren witterten. Der Förster, dieser Förster lehrte ihn viel, trotz seiner Jugend war er erfahren, er kannte die Wälder, liebte das Stück Wald, das der Sohn des Fürsten ihm anvertraut hatte. Und für Büscher war es ein Glück, dass der Mann sich immer wieder in der Waldhütte einfand: Eine Männerfreundschaft entstand, ein Erfahrungsaustausch zwischen zwei Männern. Wolfgang Büscher hat Bleibendes daraus gemacht. Seine Personenbeschreibungen vergisst man nicht, man sieht den Förster, hört ihn, und man bewundert seine Mühen um den Wald, seinen Einsatz, die Liebe zum Beruf. In Büschers klarer Prosa wird der Mann deutlich, auch der Sohn des Fürsten. Büschers alternde Mutter wird auf eine geradezu rührende Weise deutlich: das Portrait einer Mutter, die sich ein Leben lang um den Sohn sorgt. Worüber er auch schreibt – die Hilflosigkeit eines Rehkitzes zum Beispiel, das verlassen und verloren in einer Mulde kauert, – alles wird durch diese Prosa zu einem Stück schöner Literatur. In der Waldeinsamkeit bleibt die Reise zum Innersten seines Wesens grenzenlos.
Wolfgang Büscher: »Heimkehr«, Rowohlt Berlin, 294 Seiten, 22 €