Normalerweise ist die konstituierende Sitzung eines neugewählten Parlaments eine Routineveranstaltung, nur die 13. am 21. Mai war es nicht. Von den 350 Abgeordneten des spanischen Parlaments wurden die Volksvertreter Oriol Junqueras, Jordi Sànchez, Josep Rull und Jordi Turull sowie der Senator Raül Romeva vom Gefängnis Soto del Real mit vier zivilen Fahrzeugen zum Parlament in die Carrera San Jerónimo gefahren. Bilder davon zeigte nur der regionale Fernsehsender Televisió de Catalunya, obwohl auch der landesweite Sender TVE1 live berichtete.
Für die Teilnahme der fünf hatte der Oberste Gerichtshof strenge Auflagen festgelegt, ist es doch das erste Mal in Europa, das gewählte Gefangene an ener Parlamentssitzung teilnehmen. Die Inhaftierten hatten aus dem Gefängnis mit Videokonferenzen ihren beschwerlichen Wahlkampf geführt.
Sànchez, Rull, Turull und Romeva sind Mitglieder von Junts per Catalunya (JxCat), Senator Junqguera Mitglied der linksrepublikanischen Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC). Bereits vor Beginn des Gerichtsprozesses am 12. Februar hatten JxCat und ERC keine gemeinsame politische Basis mehr, sind Konkurrenten auf dem Weg zu einem von Spanien unabhängigen Katalonien.
Die Wahl des Senatspräsidenten Manuel Cruz – katalanischer Sozialist der PSOE – erfolgte bereits im ersten Wahlgang. Anders verlief die Wahl der Parlamentspräsidentin Meritxell Batet – katalanische Sozialistin der PSOE. Sie erreichte erst im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit.
Wohlwollend wurde mit den vier Abgeordneten aus dem Gefängnis im Parlament umgegangen. Für die Abgeordneten der Partido Popular (PP) allerdings ist die Tatsache, dass vier inhaftierte Abgeordnete den Status von Parlamentariern haben, »inakzeptabel und beleidigend«. PP-Präsident Pablo Casado forderte: »Wir müssen mehr denn je unsere Verfassung, Demokratie und Freiheiten verteidigen.« Anders die VOX-Partei. Sie wollte mit einem Staatsstreich ins Parlament einbrechen, so das Wahlkampfversprechen, doch das passierte nicht.
Dafür setzte sich der Parteivorsitzende Santiago Abascal als »Publicity-Gag« sofort hinter der Regierungsbank auf den Sitz, den traditionell der Sprecher der PSOE einnimmt.
Nach Ende der Sitzung von Parlament und Senat wurden die fünf Gefangenen zurück ins Gefängnis gefahren. Meritxell Batet setzte die Abgeordnetenmandate der vier Katalanen aus und begründete den Schritt damit, dass sie wegen mutmaßlicher Rebellion und weiterer Vorwürfe in Untersuchungshaft säßen. Das Vorgehen steht im Einklang mit dem spanischen Recht. Unklar ist, ob die Sitze frei bleiben oder andere Katalanen nachrücken.