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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Vermögensteuer für »Soziales«

Die seit fast 30 Jah­ren nicht mehr erho­be­ne Ver­mö­gen­steu­er macht sich als Phan­tom­schmerz nicht nur in den Debat­ten der gesell­schaft­li­chen Lin­ken bemerk­bar. Dass das Ver­mö­gen­steu­er­ge­setz nach 30 Jah­ren nicht grund­ge­setz­kon­form (Grund­ver­mö­gen!) und mit dra­stisch erhöh­ten Frei­be­trä­gen für selbst­ge­nutz­tes Wohn­ei­gen­tum und die »Spar­gro­schen« der Nor­mal­men­schen durch den Bun­des­ge­setz­ge­ber aus­ge­stal­tet wur­de, ist ein sozi­al­po­li­ti­scher Skan­dal und eine offe­ne Wun­de des »Sozi­al­staa­tes« Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Des­halb wird noch in jeder Wahl­be­we­gung die »Wie­der­erhe­bung der Ver­mö­gen­steu­er« durch SPD und Grü­ne wie ein Köder aus­ge­legt. Auch zu Zei­ten der letz­ten Bun­des­tags­wahl war die­se For­de­rung in den Wahl­pro­gram­men die­ser bei­den Par­tei­en ent­hal­ten. Sie waren aber dann schon in den Vor­ver­hand­lun­gen zur »Ampel«-Koalition nicht ein­mal Dis­kus­si­ons­ge­gen­stand. Jetzt blin­ken die­se Par­tei­en wie­der links … Am 18.01.2024 beschlos­sen auch die Bun­des­de­le­gier­ten der Links­par­tei die Ver­mö­gen­steu­er. Die Ver­tre­ter die­ser Par­tei sehen dar­in für sich ein »Allein­stel­lungs­merk­mal«. Doch auch das BSW for­dert mit guten Grün­den eine erneu­er­te Vermögensteuer.

Die Ver­gan­gen­heit zeigt: Aus­sicht auf Erfolg besteht nur in gro­ßer Gemein­schaft der gesell­schaft­li­chen Lin­ken (Par­tei­en links der Mit­te, Gewerk­schaf­ten, Sozi­al­ver­bän­de, Kir­chen etc.) gegen die Main­stream-Medi­en der Weni­gen, die wirk­lich Rei­chen (»unse­re Olig­ar­chen«, Mil­li­ar­dä­re und Viel­fach-Mil­lio­nä­re) und der Rechts­kräf­te (FDP, CDU/​CSU und vor allem AfD!). Die For­de­rung nach Wie­der­erhe­bung der Ver­mö­gen­steu­er kann des­halb nicht als »Allein­stel­lungs­merk­mal« einer lin­ken Par­tei rekla­miert wer­den. Erfolg kann es nur geben, wenn die gesell­schaft­li­che Lin­ke koor­di­niert und kon­zen­triert die­ses Pro­jekt gemein­schaft­lich beför­dert und betreibt. Dafür müs­sen Streit und Spal­tung über­wun­den wer­den. Ein ver­gleich­ba­res Pro­jekt war die 1926 betrie­be­ne »Für­sten­ent­eig­nung«, die als Gemein­schafts­lei­stung der Wei­ma­rer Lin­ken erfolg­reich war. Alle (zukünf­ti­gen) Abge­ord­ne­ten sind mit dem Anlie­gen in den (zukünf­ti­gen) Wahl­be­we­gun­gen einer in die­ser Fra­ge ver­eint vor­ge­hen­den Lin­ken zu kon­fron­tie­ren. Viel­leicht kann ein sol­ches Enga­ge­ment unter Lin­ken neu­es Ver­trau­en und mehr poli­ti­sche Bewe­gung zum Bei­spiel für Abrü­stung und Frie­den ent­ste­hen lassen?

Die Ver­mö­gen­steu­er war nie abge­schafft. Sie wur­de nur nicht erho­ben, weil die Ver­mö­gens­art »Grund­ver­mö­gen« nicht grund­ge­setz­kon­form durch den Bun­des-Gesetz­ge­ber durch ein Ein­fach-Ände­rungs­ge­setz in das Ver­mö­gen­steu­er­ge­setz auf­ge­nom­men wur­de. Das hat seit 30 Jah­ren noch jede Bun­des­re­gie­rung zu Gun­sten der wirk­lich Rei­chen wis­sent­lich unter­las­sen. Es gibt ein gül­ti­ges Ver­mö­gen­steu­er-Gesetz als Bun­des­ge­setz; es wur­de nie abge­schafft. Die Ver­mö­gen­steu­er ist grund­ge­setz­lich über Arti­kel 20, 28 (»Sozi­al­staats­ge­bot«) und Arti­kel 106 (2) abge­si­chert. Die »Hes­si­sche Ver­fas­sung«, Arti­kel 47 Absatz 1 wird noch deut­li­cher: »Das Ver­mö­gen (sic!, d. Verf.) und das Ein­kom­men wer­den pro­gres­siv nach sozia­len Gesichts­punk­ten (…) besteu­ert.« Eine Besteue­rung hat des­halb nach dem »Lei­stungs­fä­hig­keits­prin­zip« zu erfol­gen: »Brei­te­re Schul­tern sol­len mehr tra­gen kön­nen.« So könn­te in Abhän­gig­keit von der Höhe des steu­er­pflich­ti­gen Ver­mö­gens ein »pro­gres­siv-gestal­te­ter« Steu­er­satz von zum Bei­spiel 1 bis 5 Pro­zent des Ver­mö­gens ange­setzt werden.

Eine koor­di­niert und kon­zen­triert vor­ge­hen­de poli­ti­sche Lin­ke (unter Ein­schluss des BSW und der Grü­nen) soll­te mit einem erneu­er­ten und ange­pass­ten Ver­mö­gen­steu­er­ge­setz werben.

Die D-Mark-Beträ­ge müs­sen in die aktu­el­le Wäh­rung Euro umge­stellt wer­den. Es sind alle Frei­be­trä­ge so anzu­he­ben, dass wirk­lich nur Viel­fach-Mil­lio­nä­re und Mil­li­ar­dä­re her­an­ge­zo­gen wer­den. Selbst­ge­nutz­tes Wohn­ei­gen­tum (Ein­fa­mi­li­en­häu­ser und Eigen­tums­woh­nun­gen) soll­te aus Ver­ein­fa­chungs­grün­den mit bis zu einer Mil­li­on Euro Ver­kehrs­wert steu­er­be­freit sein, und das übri­ge Ver­mö­gen (Bar­geld, Wert­pa­pie­re, Schmuck etc.) eben­falls bis zu einer Mil­li­on Euro (all­ge­mei­ner Frei­be­trag) kei­ner Ver­mö­gens-Besteue­rung unter­zo­gen wer­den. Damit ver­dich­tet sich die Besteue­rung auf die wirk­lich Rei­chen. Die Ver­mö­gens­art »Grund­ver­mö­gen« ist nach den Grund­sät­zen des »Bewer­tungs­ge­set­zes« (wie aktu­ell für Zwecke der Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er) zu ermit­teln. Das ist als »Steu­er­ver­ein­fa­chung« zu bewer­ten und zu bewer­ben. Die Fer­ti­gung der Ver­mö­gen­steu­er-Erklä­rung ist nach Auf­for­de­rung durch die Finanz­äm­ter mit Hil­fe der Steu­er­be­ra­ter zu erstel­len. Die Steu­er­be­ra­tungs­ko­sten soll­ten das steu­er­pflich­ti­ge Ver­mö­gen sen­ken kön­nen. Auch eine sol­che Steu­er-Dekla­ra­ti­on ist wie jede ande­re Steu­er­erklä­rung immer zumut­bar; zumal sich die wirk­lich Rei­chen Hel­fer in die­ser Steu­er­sa­che immer lei­sten kön­nen. Dem »Bürokratie«-Vorwurf und der Behaup­tung eines zu gro­ßen Auf­wan­des für die Steu­er­pflich­ti­gen ist ent­schie­den ent­ge­gen­zu­tre­ten. Der geball­te Sach­ver­stand der gemein­wohl­ori­en­tier­ten Finanz­ver­wal­tung ist hier­für ein­zu­set­zen. Auch die steu­er­be­ra­ten­den Beru­fe sind gefor­dert: Die Ver­mö­gen­steu­er-Erklä­run­gen ver­spre­chen hohe Gegen­stands­wer­te und ent­spre­chen­de Umsät­ze. Soge­nann­te »Kel­ler­ak­ten« der Finanz­äm­ter sind für die Steu­er­erhe­bung zu aktivieren.

Die poli­ti­sche Lin­ke hat inhalt­lich begrün­det dafür zu sor­gen, dass hohe und höch­ste Ver­mö­gen der natür­li­chen und juri­sti­schen Per­so­nen (wie AG, SE, GmbH etc.) zur Finan­zie­rung der Sozi­al­aus­ga­ben (Bil­dung, Erzie­hung, Infra­struk­tur, Kin­der etc.) – und gera­de nicht zur Finan­zie­rung der Hoch­rü­stung (der Ukrai­ne) a la Pisto­ri­us und Habeck – durch ange­mes­se­ne Abga­ben betei­ligt wer­den. Eine so vor­ge­hen­de Lin­ke könn­te bei den arbei­ten­den Men­schen wie­der Ver­trau­en gewin­nen und der AfD Was­ser abgra­ben. Das ist dann Anti­fa­schis­mus in Aktion!