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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Ursachen des Rechtsextremismus bekämpfen

Es ist erfreu­lich, dass sich end­lich eine Mas­sen­be­we­gung gegen die AfD und den Rechts­extre­mis­mus auf den Stra­ßen Deutsch­lands ver­sam­melt hat. Ob die­se Demos die Wahl­sie­ge der Rech­ten in die­sem Jahr beim Euro­pa­wahl­kampf und auf Län­der­ebe­ne noch stop­pen kön­nen, wage ich zu bezwei­feln. Warum?

Weil sich die Haupt­for­de­run­gen der Kund­ge­bun­gen über­wie­gend nicht gegen die Ursa­chen des Rechts­rucks rich­ten, son­dern nur gegen die Sym­pto­me des schein­bar unauf­halt­sa­men Auf­stiegs der Natio­na­li­sten, jedoch bis­her unge­nü­gend gegen die außen- und innen­po­li­ti­schen Hin­ter­grün­de für ihren alar­mie­ren­den Wäh­ler­zu­spruch. Es geht heu­te eben nicht nur um die Ver­tei­di­gung der (bür­ger­li­chen) Demo­kra­tie im All­ge­mei­nen, wie im Main­stream gern behaup­tet, son­dern um einen Kampf gegen die Fol­gen der bedroh­li­chen Fehl­ent­wick­lun­gen west­li­cher Außen- und Innen­po­li­tik seit 1990. Die­se setz­te erneut auf die mili­tä­ri­sche und öko­no­mi­sche Macht­aus­deh­nung sowie auf eine Kriegs­po­li­tik gen Osten, statt wei­ter auf »Wan­del durch Annä­he­rung«, auf Ver­hand­lungs- und poli­ti­sche Lösun­gen. Damit gefähr­den sich die west­li­chen bür­ger­li­chen Demo­kra­tien inzwi­schen selbst, weil die­se impe­ria­le Vor­wärts­stra­te­gie den natio­na­li­sti­schen Rechts­extre­mi­sten welt­weit in die Hän­de spielt, die dem­ago­gisch behaup­ten, dass sie die natio­na­len Inter­es­sen von Bevöl­ke­rungs­mehr­hei­ten deut­lich bes­ser ver­tre­ten. Die natio­na­li­sti­sche Dem­ago­gie der Nazis lässt, wie am Ende der Wei­ma­rer Repu­blik, erneut grüßen!

Des­halb sage ich mit gan­zer Kraft, an die Demon­stran­ten gerich­tet, gera­de weil ich aus einer jüdi­schen Fami­lie kom­me, deren Ange­hö­ri­ge unter den Nazis ermor­det oder in die gan­ze Welt ver­streut wur­den: Wen­det Euch gegen den fata­len Nato-Kriegs­kurs, auch noch mit deut­schen Waf­fen, die ent­schei­dend am Ukrai­ne-Krieg mit­wir­ken!! Dadurch fal­len die Nach­fah­ren der Men­schen in der Ukrai­ne und in Russ­land, die vor 80 Jah­ren, mit über 20 Mil­lio­nen Toten, Deutsch­land von Ausch­witz und von den Nazis befreit haben. Schon Tho­mas Mann schrieb in sein Tage­buch am 27.9.1947, bei Aus­bruch des »Kal­ten Krie­ges« pro­phe­tisch: »Die Gegen­stel­lung zu Russ­land scheint zwangs­läu­fig zum Faschis­mus zu führen.«

Schluss mit dem Gie­ßen von Öl ins Feu­er in den nie­mals zu gewin­nen­den Ukrai­ne-Krieg sowie in die Krie­ge anders­wo, die erneut nur Tau­sen­de von Toten, unend­li­che Zer­stö­run­gen und Mil­lio­nen von Flücht­lin­gen her­vor­brin­gen, und deren öko­no­mi­sche Fol­gen auch die Bevöl­ke­run­gen in den west­li­chen Län­dern immer här­ter zu spü­ren bekom­men. Dar­auf kochen die Rech­ten ihr Süpp­chen, wie sie uns tag­täg­lich dem­ago­gisch ins Gesicht brül­len. Durch Über­rü­stung und Krie­ge, gar durch aus­ge­wei­te­te Atom­be­waff­nung, kön­nen die welt­wei­ten sozia­len, öko­lo­gi­schen und demo­kra­ti­schen Kri­sen nie­mals gelöst wer­den, son­dern, im Gegen­teil, es rückt ein 3. Welt­krieg immer näher! Dar­an ver­die­nen in erster Linie die Anteils­eig­ner der Rüstungs­in­du­strie, wäh­rend die Bevöl­ke­run­gen aller Natio­nen die leid­vol­len Lasten die­ser Kriegs­het­ze­rei und Kriegs­po­li­tik zu tra­gen haben. In Deutsch­land ver­sucht eine unhei­li­ge Alli­anz vom Zei­ten­wen­de-SPD-Kanz­ler Scholz, mit sei­nem Kriegs­mi­ni­ster Pisto­ri­us, der die Wehr­pflicht wie­der ein­füh­ren will und vehe­ment auf »Kriegs­tüch­tig­keit« drängt, mit der FDP-Scharf­ma­che­rin Strack-Zim­mer­mann, mit der Grü­nen-Außen­mi­ni­ste­rin Baer­bock und ihrem Par­tei­freund, dem Waf­fen­narr Hof­rei­ter, schließ­lich mit dem CDU-Poli­ti­ker Rött­gen, als außen­po­li­ti­scher Spre­cher der CDU/​CSU, die abso­lu­te Deu­tungs­ho­heit in Sachen Auf­rü­stung und Ukrai­ne-Waf­fen­un­ter­stüt­zung in allen Leit­me­di­en Tag für Tag, zu propagieren.

Schluss mit einer sym­pto­ma­ti­schen Flücht­lings­po­li­tik, die Tau­sen­de Migran­ten durch unmensch­li­che »Abschie­bun­gen« zurück­weist und damit auch noch die Kri­sen­op­fer bestraft, anstatt prä­ven­tiv Flucht­ur­sa­chen in den Her­kunfts­län­dern zu bekämp­fen, um mit­zu­hel­fen, Men­schen, die vor Krie­gen und Armut, vor den Fol­gen jahr­hun­der­te­lan­ger, impe­ria­ler, west­li­cher Außen- und Wirt­schafts­po­li­tik aus Afri­ka und Asi­en flie­hen, in ihren Hei­mat­län­dern men­schen­wür­di­ge Lebens­ver­hält­nis­se zu ermög­li­chen! Ver­nünf­ti­ge Zuwan­de­rung ist nur dann mög­lich, wenn Inlän­dern und Aus­län­dern ver­gleich­ba­re men­schen­wür­di­ge Arbeits- und Lebens­be­din­gun­gen ange­bo­ten und sie nicht gegen­ein­an­der aus­ge­spielt werden.

Schluss mit der Fort­set­zung einer Stra­te­gie des »Kal­ten Krie­ges«, die unun­ter­bro­chen in »Hei­ße Krie­ge« umschlägt, weil sie von der ideo­lo­gisch beding­ten Ver­blen­dung aus­geht, dass Men­schen­rech­te nur dort ver­wirk­licht wer­den kön­nen, wo west­li­che Gesell­schafts­ver­hält­nis­se herr­schen. Nur eine fried­li­che Koexi­stenz kann welt­wei­te Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit sowie gegen­sei­ti­gen »Wan­del durch Annä­he­rung« her­vor­brin­gen, um eine huma­ne Zukunft der Mensch­heit nach den Vor­ga­ben der UN-Char­ta, sozi­al gerecht, öko­lo­gisch sinn­voll und demo­kra­tisch, zu gestal­ten. Weder Revo­lu­tio­nen noch bür­ger­li­che Demo­kra­tien las­sen sich expor­tie­ren; sol­che Ver­su­che enden immer wie­der in einem Desa­ster, wie die Geschich­te des 20. Jahr­hun­derts viel­fach bewie­sen hat.