Kalt ist es geworden, er hat Handschuhe angezogen, vertritt sich die Beine. Gestern haben wir ihm eine Thermoskanne mit heißem Tee gebracht. Da hat er sich gefreut. Zum Pinkeln geht er in das nahe gelegene kleine Hotel, in seiner orangefarbenen Weste mit dem Schriftzug »Security« quer über dem Rücken.
Per Hand hebt und senkt er die rotweiße Stange, die, wenn nichts los ist, senkrecht zwischen den wenigen Büschen neben den Parkplätzen steht und sinnlos in den Himmel ragt. Nur Anwohner mit Parkausweisen soll unser Mann hinein- und herauslassen.
Die meisten kenne er schon, auch die hier in der Straße arbeiten, sagt er. Da brauche er kaum noch hinzugucken.
Einige Male im Jahr sind wir so für eine Woche vom Leben abgeschnitten – oder vor einem bestimmten Teil des heutigen Lebens geschützt. Wenn die Messe jenseits der Bundesstraße ihre Pforten öffnet, ist hier der Teufel los. Besonders bei der Motor-Show stürzen sich die Autofreaks wie die Hyänen auf unser Wohnviertel, um Parkplätze zu ergattern. Von denen kommt doch keiner mit der Bahn! Früher fuhren wir, wenigstens am Wochenende, dann weg. Jetzt haben wir die Schranke.
Der Schriftsteller Peter Paul Zahl schrieb in einem Roman über Jamaika, dass sich die Reichen dort mit Schranken einigeln, weil sie Angst vor den Armen haben.
Was geht es uns gut.
Der Mann kennt uns jetzt mit Namen; und auch, wenn uns Freunde besuchen, die keinen Anwohnerausweis besitzen, hebt er den Schlagbaum. Wenn das Hotel nicht zur Verfügung stünde, könnte er auch bei uns pinkeln gehen.
Unser Mann an der Schranke.