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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Unerwünschte Gäste

Im Land Bran­den­burg wird dem­nächst viel erin­nert wer­den. Es geht um das Ende des gro­ßen Welt­kriegs. Eine der ersten Gedenk­ver­an­stal­tun­gen soll am 16. April in See­low (Oder­bruch) statt­fin­den. Auf den gleich­na­mi­gen Höhen for­der­te 1945 – zwei Wochen vor Hit­lers Selbst­mord – der sinn­lo­se Wider­stand fana­ti­scher Wehr­machts­trup­pen einen hohen Blut­zoll. Die das Land von der Ter­ror­herr­schaft befrei­ten, waren unpas­sen­der­wei­se sowje­ti­sche Soldaten.

Unse­re Obrig­kei­ten sind daher höchst besorgt, dass sich rus­si­sche Offi­zi­el­le oder nicht­amt­li­che Mos­ko­wi­ter bei die­ser Gele­gen­heit zei­gen oder öffent­lich auf­tre­ten wol­len. In der rus­si­schen Erin­ne­rungs­kul­tur gehö­ren die See­lower Höhen näm­lich zu den bedeu­ten­den Orten des Geden­kens. Der Rup­pi­ner Anzei­ger (Mär­ki­sche Zei­tung) berich­tet am 22. März unter der Über­schrift »Vor­be­rei­tung auf unge­be­te­ne Gäste« dar­über, dass das vor­ma­li­ge Baer­bock-Mini­ste­ri­um für Äuße­re Ange­le­gen­hei­ten eine inter­ne Hand­rei­chung erar­bei­te­te und übers Innen­mi­ni­ste­ri­um an die Krei­se und Gemein­den ver­sen­den ließ:

Dar­in »wird emp­foh­len, zu den Gedenk­ver­an­stal­tun­gen kei­ne Ein­la­dun­gen an Ver­tre­ter Russ­lands aus­zu­spre­chen. Soll­ten sie doch erschei­nen, sind die Ein­rich­tun­gen gehal­ten, ›mit Augen­maß‹ zu ent­schei­den, ob sie von ihrem Haus­recht Gebrauch machen – im Klar­text: die Gäste des Plat­zes ver­wei­sen«, so resü­miert die Zei­tung die­se inter­ne Wei­sung. See­lows Bür­ger­mei­ster Robert Nitz beton­te denn auch eil­fer­tig, dass kei­ne Ein­la­dun­gen an die Bot­schaf­ter von Bela­rus oder Russ­land ergan­gen sind. Es sei aber zu ver­mu­ten, dass der Bot­schaf­ter Mos­kaus wie in den Vor­jah­ren den­noch erscheint. Ein Teil der Ver­an­stal­tung wird auf einer Kriegs­grä­ber­stät­te statt­fin­den; die­se sei durch ein deutsch-rus­si­sches Abkom­men von 1992 beson­ders geschützt, und der Zugang ist zu gewährleisten.

Erin­nern wir uns dar­an, mit wie­viel grö­ße­rer Demut man den ver­flos­se­nen Bot­schaf­ter Kiews, Andrij Mel­nyk, öffent­lich auf­tre­ten ließ. Der­sel­be Mel­nyk, der dem Mas­sen­mör­der Ste­pan Ban­de­ra als Idol hul­digt. Von einem Jour­na­li­sten mit einem Flug­blatt Ban­de­ras kon­fron­tiert, wonach Rus­sen, Polen, Ungarn und Juden als Fein­de zu ver­nich­ten sei­en, äußer­te er nach eini­gen Aus­flüch­ten: »Ich wer­de heu­te nicht sagen, dass ich mich davon distan­zie­re. And that’s that.«

Wie wird am 8. Mai der bran­den­bur­gi­sche Land­tag bei sei­nem geplan­ten Fest­akt mit der Situa­ti­on fer­tig wer­den? Man wird über­haupt kei­ne Bot­schaf­ter ein­la­den, und man wird auch nicht im gut zugäng­li­chen Pots­da­mer Par­la­ments­haus tagen, heißt es. Viel­mehr wird der Fest­akt im Pau­liklo­ster der Stadt Bran­den­burg statt­fin­den. Mit genau­er Einlasskontrolle.