Uber ist ein weltumspannendes Unternehmen aus dem Silicon Valley Kaliforniens, dessen Ziel die radikale Wertsteigerung investierten Kapitals ist. Der US-Dienstleister für Personenbeförderung betreibt einen Unterbietungswettbewerb in gesetzlichen Graubereichen. Ein weltweit agierendes, neoliberales Unternehmen reinsten Wassers.
Es ist ganz einfach. Die Uber-App runterladen, Fahrtwunsch, Abholpunkt und Ziel eingeben. Fertig. Route, Ankunftszeit und Endpreis werden angegeben, die Bezahlung erfolgt elektronisch. Der Fahrer kennt das Ziel und den schnellsten Weg dorthin. Die Fahrt ist in der Regel billiger als bei herkömmlichen Taxiunternehmen. Was steckt aber tatsächlich dahinter?
Nach eigenen Angaben bedient Uber weltweit 100 Mill. Kunden in 700 Städten, pro Tag sollen es 14 Mill. Fahrten sein. In 16 deutschen Städten ist Uber aktiv, die größten Städte Deutschlands wie Berlin, Hamburg München, Köln, Düsseldorf und Frankfurt a.M. gehören dazu. Uber begreift sich als ausschließliche Vermittlungsplattform für Fahrdienste und verfügt über keinerlei Taxis oder eine eigene Mietwagenlizenz. Neben Uber existieren mit vergleichbaren Geschäftsbedingungen Unternehmen wie Free Now oder Bolt.
2009 ursprünglich als Limousinenservice in San Francisco gegründet, wird der Konzern finanziert von Investoren wie z. B. Benchmark Capital, First Round Capita, Goldman Sachs und Google; im Juni 2014 erhielt das Unternehmen eine Finanzspritze von 1,2 Milliarden US-Dollar Risikokapital. Im Mai 2016 erklärte der Automobilhersteller Toyota, sich an Uber zu beteiligen. Der Börsengang erfolgte im Mai 2019. Auch PayPal stieg bei Uber mit 500 Millionen US-Dollar ein. Über den Lieferservice Uber Eats bietet der Konzern zudem in vielen Ländern der Welt, auch in vielen deutschen Städten, einen Essens-Lieferservice an; ab 2017 nutzt u. a. McDonald’s diesen Service. Selbst der Axel-Springer-Verlag erwarb eine finanzielle Beteiligung an Uber. In Kooperation mit dem Unternehmen Yandex expandiert Uber auch in Russland, Aserbaidschan, Armenien, Belarus, Georgien und Kasachstan im Online-Taxi-Geschäft. Im Februar 2024 meldet der Konzern einen Nettogewinn von 1,9 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2023.
Für Kunden kommt Uber mit seinem Angebot wie ein normales Taxiunternehmen daher, obwohl es über keinerlei Taxi- oder Mietwagenlizenz verfügt. Nach eigenem Selbstverständnis ist Uber lediglich ein Vermittlungsdienst und damit kein Arbeitgeber für die Fahrer, die für ihn arbeiten. Nach diesem Verständnis zahlt das Unternehmen weder Mindestlohn noch irgendwelche Sozialabgaben. Abgerechnet wird lediglich die geleistete Fahrt, Ruhezeiten interessieren Uber nicht. Die Auslagerung jeglicher Unkosten an prekär Beschäftigte und Scheinselbstständige einerseits und die Abschöpfung von Gewinnen andererseits, ist im Kern die DNA von Uber, ein geringer Aufwand bei hohen Profiten von circa 25 Prozent pro Fahrt.
Das Geschäftsmodell bestimmt aber sehr wohl Preis und Strecke. Die Fahrer sind über lokale Subunternehmer angestellt, also ohne Mindestlohn oder Stundenlohn, sondern lediglich über die Umsatzbeteiligung bei ihren Subunternehmern. Das Lohndumpingmodell einer Untervergabepraxis von mehreren Subunternehmern funktioniert vollkommen legal. Natürlich könnte Uber durch vertraglich vereinbarte Richtlinien bei der Vergabe an Subunternehmer faire Standards absichern, ein Interesse ihren Beschäftigten gegenüber besteht aber nicht.
Bei herkömmlichen Taxiunternehmen existieren klare gesetzliche Vorgaben wie z. B. feste Kilometer-Tarife, die von den jeweiligen Kommunen vorgegeben sind. Zudem sind Taxis verpflichtet, jeden Fahrgast anzunehmen und 24 Std. verfügbar zu sein, und sie müssen nach jeder Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren. Erst danach kann ein neuer Fahrtauftrag angenommen werden. Das Ignorieren dieser Regelungen von Uber führt zu einem klaren Wettbewerbsnachteil zu Ungunsten von herkömmlichen Taxibetreibern. Die Taxibranche beklagt etwa ein Drittel Umsatzrückgang, weil sie gegen die Auflösung fester Taxitarife nicht ankommen kann. Viele Taxifahrer fühlen sich hintergangen und abgezockt. Die Missachtung gesetzlicher Vorgaben ist ein wiederkehrendes Motiv bei Uber. Die Profite werden im gesetzlichen Graubereich erzielt. Wären ihre Transportfahrzeuge als ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb tätig, müssten Uber und Co. deutlich teurer werden. Es geht immer um einen Unterbietungswettbewerb zu unfairen Bedingungen, um die Konkurrenz auszubooten.
Laut Bericht des Regionalprogramms rbb 24 sind allein in Berlin etwa 20 Prozent aller Mietwagenfahrten illegal unterwegs, eine Form der organisierten Kriminalität, die sich Bolt, Free Now, Uber u. a. teilen. Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin erklärt, dass Mietwagenfirmen mit gefälschten Plattformen, also Briefkastenfirmen, Autos ohne Konzession in ihren Diensten fahren lassen. Als nicht ordnungsgemäß angemeldete Transportfahrzeuge sind Fahrgäste bei Unfällen nicht versichert. Das bedeutet, dass fast jedes fünfte Fahrzeug in Berlin als taxiähnlicher Wagen privat und nicht gewerblich unterwegs, also illegalen Mietwagenfirmen zuzuordnen ist. Dieser expandierende Bereich ist von den staatlichen Behörden kaum zu überwachen und zu reglementieren. Technisch nicht auf der Höhe, personell unterbesetzt, laufen die Behörden der Entwicklung deutlich hinterher, und es wird fleißig weiterverdient in diesem gesetzesfreien Raum.
Jeder Taxifahrer benötigt zur Ausübung seines Berufs einen Personenbeförderungsschein, der erst nach einer Prüfung ausgestellt wird. Lange Zeit ließ Uber seine Fahrer ohne diesen Schein, ohne Taxikonzession, ohne Mietwagenerlaubnis auf die Straße. Die taxiähnlichen Fahrten wurden über die UberPop-App abgewickelt. Erst die Grundsatzentscheidung des Landgerichts Frankfurt im März 2015, die diese Praxis als wettbewerbswidrig einstufte, untersagte dem Unternehmen eine derartige Genehmigung und Auftragsvergabe. Nicht weiter überraschend, dass der Konzern seine Steuern nicht in dem Land, in dem er aktiv ist, abführt, sondern in Europa als Uber B.V. steuergünstig in den Niederlanden residiert. Der Konzern, der mehrfach mit hemmungsloser Unternehmenskultur identifiziert wird, betätigt sich auch weltweit im Bereich Lobbyismus. Wie 124.000 interne Dokumente zwischen 2013 und 2017 belegen, missachtete Uber systematisch Gesetze, täuschte Polizisten, nutzte Gewalt gegen Fahrer aus und manipulierte Regierungen. Die Dokumente belegen, wie politische Entscheidungsträger – etwa US-Präsident Biden, Olaf Scholz während seiner Bürgermeisterschaft in Hamburg oder Emmanuel Macron – heimlich beeinflusst wurden. Die sogenannten Uber Files wurden an den britischen Guardian geleakt und mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) geteilt. Uber und der Konzern Lyft gaben allein im kalifornischen Wahlkampf eine Summe von 200 Millionen US-Dollar aus, so viel wie noch niemand zuvor in diesem amerikanischen Bundesstaat.
Die Scheinselbstständigkeit bei Uber-Fahrern bedeutet den Ausschluss jeglicher Sozialleistungen wie Kranken-, Renten-, oder Arbeitslosenversicherung. Schon früh kam es zu Widerstand, der auch vor den Gerichten ausgefochten wurde. Das Genfer Kantonsgericht in der Schweiz beispielsweise entschied im November 2020, dass Fahrer als Angestellte und nicht als Selbstständige anzusehen sind, eine nicht unerhebliche Entscheidung. Auch die Klage vor dem Schweizer Bundesgericht brachte für Uber Switzerland GmbH keinen Erfolg, und das Genfer Taxi-Gesetz behielt Gültigkeit.
Einen ähnlichen juristischen Vorstoß gab es auch in Österreich. Allerdings gewann Uber in zwei Gerichtsverfahren, und darf seit 2020 sein aktuelles Geschäftsmodell rechtmäßig in Österreich betreiben. Die Wiener Taxifunkzentrale unterlag dem US-Unternehmen, da das Gericht Uber als Vermittlungsplattform einstufte.
In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Auseinandersetzungen mit den Betroffenen, die sich gegen die Ausnutzung rechtlicher Grauzonen und aggressiver Wettbewerbsverzerrung und deren sozialen Folgen zur Wehr setzen. Zahlreiche Taxifahrer in Europa protestierten gegen Uber durch Konvois und Blockarden. In Paris und Lyon wurden Uber-Fahrer sogar tätlich angegriffen. In den USA wurde Uber untersagt, in Notsituationen seine Preise willkürlich anzuheben. In Indonesien, Thailand, Spanien und den Niederlanden wurde der Dienst in der zweiten Jahreshälfte 2014 landesweit verboten. Im März 2021 demonstrierten Düsseldorfer und Kölner Taxifahrer in einem Autokorso gegen die ungleichen rechtlichen Bedingungen.
Unfaire Arbeitsbedingungen, Missachtung gesetzlicher Standards, Unterlaufen von Tarifen und Arbeitnehmerrechten, Ausbeutung über Scheinselbstständigkeit, Verlagerung von Steuern in Steueroasen, aggressiver Lobbyismus, alles Methoden, die mit Uber in Verbindung zu bringen sind. Will man neoliberalen Kapitalismus im Kern verstehen, stellt Uber ein hervorragendes Lehrbeispiel dar.