Ein Spiegel-Bestseller, der autobiografische Roman »9 Tage wach« von Eric Stehfest und Michael J. Stephan, erlebte nun in der Neuköllner Oper in der Fassung von John von Düffel unter der Regie von Fabian Gerhardt seine Uraufführung. Das Musiktheaterstück (musikalische Leitung: Christopher Verworner und Claas Krause) handelt von Drogen und Abstürzen, es wird getanzt und gekrochen, die Bühne ist eine schiefe Ebene aus Stahl.
Nach einer trostlosen Jugend bei einer alleinerziehenden Mutter nahe Dresden sucht der Held Eric, ein passionierter Skater, immer wieder nach einer Beschäftigung, die ihm Freude macht. Vergeblich. Alkohol, Haschisch und Crack geben ihm kurzfristige Genüsse, die ihn leerer als zuvor zurücklassen. Verknalltheiten enden im Chaos. Eines Tages kommt er auf die Droge Crystal Meth und bleibt mit ihr in einem atemberaubenden Zustand »9 Tage wach«, danach will er sterben, stirbt aber nicht, wird stattdessen Schauspieler und macht am Ende Karriere, vorher noch jahrelange Quälerei bei Entziehungskuren.
Schon an der Geschichte störte mich etwas; sie ist wohl so passiert, aber das Zudröhnen mit Drogen hat auf den Stoff abgefärbt, er kratzt nur an der Oberfläche, bleibt leer, tot, geht nirgends in die Tiefe. Die Neuköllner Oper hat daraus ein Stück gemacht, in dem viel Diskomusik vorkommt. Es hat mich leider auch nicht überzeugt. Abgesehen davon, dass die gesungene Sprache, obwohl schlagkräftig, kaum verständlich war, begann der Inhalt im Laufe des Stückes zu zerfasern, zum Teil wurde er völlig unverständlich beziehungsweise nur noch für die verstehbar, die auch das Buch kannten. Die Musik war, nach vielversprechendem Schlagzeug- und Trommelbeginn, viel zu schlagerhaft.
Sehr gut zum Inhalt passte allerdings die Choreografie, wie die Protagonisten sich auf der schiefen Ebene wanden, wie sie ineinander stürzten, wie sie fremdbestimmt-marionettenhaft auf der Bühne wie blind und taub herumstolperten, das sprach an.
Im Prinzip hätte das Stück nur choreografiert als Pantomime mit Musik gespielt werden können, also als reines Tanztheater gegeben werden sollen, das wäre besser gewesen. Der Text störte eher und erfüllte auch nicht die aus dem Titel herrührenden Erwartungen. Die Handlungen der neun Tage versanken im allgemeinen Gedröhne, blieben insgesamt seicht, flach und pubertär.
Die Bilder, besonders die Verzerrungen, mit denen man YouTube-Laienfilme kopieren wollte, fand ich monoton. Nachdem man einmal ein menschliches Gesicht zur Fratze gemacht hatte, wurde das zur Masche.
Der Wunsch, Jugend zu erreichen, war unübersehbar, die eher älteren Anwesenden fanden das auch unbedingt notwendig. Jedoch: Gut gewollt ist nicht immer gut gemacht.