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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Tanz den SuperGAU

Der GAU in Tscher­no­byl inspi­rier­te Wolf­gang Ehm­ke zu sei­nem Buch »Tanz den Super-GAU«. Das ist jetzt in einer über­ar­bei­te­ten Ver­si­on neu erschie­nen – und nach wie vor top-aktuell.

Der Staats­prä­si­dent ist genervt. Stän­dig pro­te­stie­ren die Staats­fein­de gegen die Atom­kraft – am geplan­ten End­la­ger in Über­all oder am Atom­kraft­werk in Anders­wo. Aber die Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne läuft. Poli­zi­sten mischen sich inko­gni­to unter die Demon­strie­ren­den und sor­gen für Gewalt­es­ka­la­tio­nen. Ein Jour­na­list der ZEITUNG, also die mit den fet­ten Buch­sta­ben, sorgt dafür, dass die Demon­stran­ten pau­schal als Chao­ten dif­fa­miert wer­den. Schließ­lich soll in Anders­wo doch noch ein zwei­ter Kraft­werks­block gebaut werden.

Dann mel­den erste Quel­len in Nord­land, dass es in Rot­land einen gro­ßen Atom­un­fall gege­ben habe. Schnell wer­den die Exper­ten ein­be­ru­fen, dar­un­ter Pro­fes­sor Remm von der Grenz­wer­te­kom­mis­si­on, Dr. Scheu­er von der Kraft­werks­uni­on, Dr. Unrath (Che­mi­sche Indu­strie) und nicht zu ver­ges­sen, immer dabei, des Staats­prä­si­den­ten Freund Mar­tin Esser von der ZEITUNG. Alle sind sich einig: »In Rot­land wird es eini­ge Tau­send Tote geben. Bei uns geht es glimpf­li­cher ab … Pro­ble­ma­tisch sind Milch und Milch­pro­duk­te und alle Blatt­pflan­zen, vor allem nach dem ersten Regen … Ich schla­ge die Sprach­re­ge­lung ›Kei­ne Gefahr – vor­beu­gen­de Maß­nah­men‹ vor, ergänz­te Remm sei­nen Vor­trag. Ich will hier nicht wei­ter ins Detail gehen, aber zwei Din­ge sind klar: Erstens, wir kön­nen der Gefahr nicht aus­wei­chen, des­halb ist sie kei­ne. Und zwei­tens, wir sind besorgt und sor­gen für eini­ge Verhaltensmaßregelungen.«

Noch bevor die Bevöl­ke­rung davon erfährt, tref­fen sich kur­ze Zeit spä­ter eini­ge der Hono­ra­tio­ren wie­der im Super­markt und kämp­fen um die letz­ten Palet­ten H-Milch. Wäh­rend­des­sen läuft die geziel­te Kam­pa­gne der ZEITUNG an. Erst mal Angst machen und nach ein paar Tagen fest­stel­len, dass es gar nicht so schlimm ist. Blö­der­wei­se tritt dann nach einem Unfall aber auch noch am eige­nen Atom­kraft­werk in Anders­wo radio­ak­ti­ve Strah­lung aus – und lässt sich nur mit gro­ßen Mühen als Teil der rot­län­di­schen Atom­wol­ke ausgeben.

Die Demon­stra­tio­nen machen här­te­re Maß­nah­men not­wen­dig. Ganz zufäl­lig fällt wäh­rend der Fuß­ball-Welt­mei­ster­schaft im gan­zen Land kurz­fri­stig der Strom aus, und qua­si direkt im Anschluss ver­kün­det der Staats­prä­si­dent, dass sich das in Zukunft nur mit dem Bau des zwei­ten Kern-Reak­tor­blocks ver­mei­den las­se. Geht doch. Aber dass sich ange­sichts der Unfä­hig­keit eini­ger Akteu­re über­haupt noch Ord­nung auf­recht­erhal­ten lässt, ist teil­wei­se wohl eher dem Zufall geschuldet.

Das liest sich gut und flott. Wer 1986 schon alt genug war, wird die Umstän­de wie­der­erken­nen. Wer heu­te alt und auf­merk­sam genug ist, wird eini­ge Vor­ge­hens­wei­sen wiedererkennen.

Egal, um was für eine Kata­stro­phe es geht. Die Dar­stel­lung der Figu­ren und der Hin­ter­grün­de ist so gro­tesk, dass sie schon wie­der lustig ist, und auch in der gegen­wär­ti­gen Zeit ist »Tanz den Super-GAU« eine gute Lektüre.

Wolf­gang Ehm­ke: »Tanz den Super-GAU«, über­ar­bei­te­te Neu­auf­la­ge, Ver­lags­ge­sell­schaft Köh­ring, 120 Sei­ten, 8,90 €. Vor einem Jahr erschien bereits Ehm­kes Bezie­hungs­ro­man »Der Kastor kommt!«, Ver­lags­ge­sell­schaft Köh­ring 131 Sei­ten, 8,90 €. Bezug über: buero@bi-luechow-dannenberg.de