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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Stimmfangzeit

Der Stadt­bau­mei­ster Mar­kus Vogel­rei­ter erreg­te zur öster­rei­chi­schen Bun­des­prä­si­den­ten­wahl im Jah­re 2016 gro­ßes Auf­se­hen, als er die »Bana­nen­re­pu­blik­fah­ne« vor sei­nem Bau­be­trieb hiss­te. Sie zeigt drei Bun­des­ad­ler mit Bana­nen in den Klau­en. Die Empö­rung war rie­sig. Der Künst­ler Man­fred Kiwek half dem Bau­mei­ster mit sei­nen Ent­wür­fen. Vogel­rei­ter zum neu­en öster­rei­chi­schen Bun­des­ad­ler, der sonst Ham­mer und Sichel in sei­nen Kral­len fest­hält: »Der hat jeweils einen lusti­gen Hut, und in den Fän­gen sind natür­lich – wie soll­te es anders sein – ent­spre­chen­de Bana­nen. Außer­dem schaut unser Adler ein biss­chen fet­zig aus.« Die­se Fah­ne, sie weht auch in der Stadt Salz­burg vor einem Neu­bau­kom­plex, hat alle Ver­bo­te über­stan­den und steht unter gericht­li­chem Schutz. Sie darf flat­tern und passt zur­zeit in Öster­reichs Wahl­pa­ro­len-Land­schaft. Die bei­den Aus­lö­ser der Neu­wahl, die Her­ren »Zackzackzack«-Strache und Gude­nus von der reak­tio­när-natio­na­len FPÖ sind in der Ver­sen­kung öster­rei­chi­scher Da-war-doch-was-Ver­drän­gungs­men­ta­li­tät ver­schwun­den, und fröh­lich fin­det ein Wahl­kampf statt, der mit dem 29. Sep­tem­ber endet. Um das Fami­li­en­ein­kom­men zu sichern, kan­di­diert Phil­ip­pa Stra­che auf einem aus­sichts­rei­chen Platz für den Natio­nal­rat. Da passt dann die Paro­le der FPÖ: »Fair. Sozi­al. Hei­mat­treu.« Der mit­ten in sei­ner ver­ant­wor­tungs­vol­len Arbeit als Bal­kan­rou­ten­schlie­ßer aus dem Amt abge­wähl­te Kanz­ler Seba­sti­an Kurz ver­kün­det den Stimm­zet­tel­be­sit­ze­rin­nen und -besit­zern: »Klar­heit schaf­fen. Für Öster­reich!« Wenn es aber dar­um geht, sich zur Höhe der Wahl­spen­den zu äußern, da gibt es Unklar­heit. Die öster­rei­chi­schen Zei­tun­gen Stan­dard und Fal­ter erhiel­ten Infor­ma­tio­nen dar­über, wie Hei­di Hor­ten ihre Mil­lio­nen­spen­de an die ÖVP so stückeln ließ, dass sie gegen­über dem Rech­nungs­hof nicht mel­de­pflich­tig war. Wer die kri­ti­sche Bericht­erstat­tung der Stadt­zei­tung Fal­ter zur öster­rei­chi­schen Natio­nal­rats­wahl ver­fol­gen will, dem sei unter falter.at/maily der täg­li­che News­let­ter als Abo emp­foh­len. Was da zu lesen ist, ver­schafft jene Klar­heit, die Kurz­kanz­ler Seba­sti­an nicht bietet.

Auch die Grü­nen, die bei der Natio­nal­rats­wahl 2017 aus dem öster­rei­chi­schen Natio­nal­rat flo­gen, wer­ben fra­gend: »Wen wür­de unser Kli­ma wäh­len?« und »Wer wür­de den Anstand wäh­len?« Auch das Kli­ma wird wähl­bar gemacht: »Wer wür­de das Kli­ma wäh­len?« In der Fest­spiel­stadt Salz­burg sicher­lich der Fest­spiel­spon­sor Audi, der Die­sel­be­trü­ger. Die neo­li­be­ra­len NEOS ver­kün­den: »Bil­dung über alles stel­len«, und weil die anschei­nend recht spär­lich beim Wahl­slo­gan­ba­steln vor­han­den war, wird mit »Macht sonst kei­ner« gewor­ben. Ja, ganz rich­tig. Es fehlt an Inhalt auf den Wahl­pla­ka­ten. Die SPÖ teilt mit, man sei »Gemein­sam für bes­se­re Arbeit«. Ein steu­er­frei­es Min­dest­ein­kom­men von 1700 Euro wird gefor­dert, und nach 25 Jah­ren Malo­che soll es eine sech­ste Woche Urlaub geben. Als die Kurz-Regie­rung den Zwölf-Stun­den-Arbeits­tag ein­führ­te, da war der Pro­test dage­gen win­del­weich, und der sozi­al­de­mo­kra­tisch domi­nier­te Öster­rei­chi­sche Gewerk­schafts­bund (ÖGB) schaff­te es trotz angeb­lich gefüll­ter Streik­kas­sen nicht, gegen den Skan­dal anzukämpfen.

Der FPÖ­ler Kickl, ehe­ma­li­ger Innen­mi­ni­ster, wirbt mit »Sicher­heit für Öster­reich« und konn­te doch bis­her nicht ver­hin­dern, dass die Mit­glie­der Stra­che und Gude­nus demo­kra­tie­feind­lich agier­ten oder die Nähe von FPÖ-Man­da­ta­ren zu den Iden­ti­tä­ren kein Ende findet.

Öster­reich ist, mal wie­der, mit Pla­ka­ten zuge­pfla­stert. Rie­si­ge Pla­kat­wän­de mit Nichts­sa­gen­dem behin­dern oft wegen ihrer dum­men inhalts­lo­sen Slo­gans den Stra­ßen­ver­kehr. Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler müs­sen sich fra­gen, wie weit der gei­sti­ge Inhalt der Wahl­wer­bung nicht den Schluss zulässt, dass der mün­di­ge Mensch für dumm ver­kauft wird. Hier wird mit einer Spra­che gewor­ben, die beweist, dass man kei­nen Wert auf die Anlie­gen und Erwar­tun­gen der Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler legt. Zukunfts­ge­stal­tung spielt kei­ne Rol­le, es wer­den pla­ka­ti­ve Wort­hül­sen gebo­ten, und der Wahl­hel­fer für Öster­reichs Grü­ne, Robert Habeck, ver­kün­det: »Hei­mat heißt nicht Lederhose.«

Im Bun­des­land Salz­burg ist in den letz­ten Jah­ren (Grund­la­ge sind Daten der Zen­tral­an­stalt für Meteo­ro­lo­gie) die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur um 2,2 Grad Cel­si­us gestie­gen. Das Hoch­was­ser­ri­si­ko hat sich ver­fünf­facht. Die Schä­den durch den Ver­bren­nungs­mo­tor­ver­kehr betra­gen allein für die­ses Bun­des­land fünf bis sechs Mil­lio­nen Euro jähr­lich. Etwa 870 Mil­lio­nen Euro ver­ur­sa­chen Ver­kehrs­lärm, Kli­ma­schä­den und Luft­ver­schmut­zung. Eine rea­le Kli­ma­schutz­dis­kus­si­on fin­det nicht statt. Nach­rü­stung der Die­sel­fahr­zeu­ge mit Fil­ter und Kata­ly­sa­to­ren ist kein Thema.

Wahl­tag ist schon lan­ge nicht mehr Zahl­tag. Ein Vier­tel der Wahl­be­rech­tig­ten wählt nicht. Beim Rest ist zu erwar­ten, dass weder Seba­sti­an Kurz, der für die Koali­ti­on mit der rechts­na­tio­nal­re­ak­tio­nä­ren FPÖ ver­ant­wort­lich war, noch die FPÖ selbst für ihr »Ibi­za zack­zack­zack« die Quit­tung bekom­men wird.

Wie schön wäre auf einem Wahl­pla­kat zu lesen: »Ret­te die Demo­kra­tie, sie braucht es!«