Also sprach der Erwählte am letzten Sonntag kurz vor zwölf im Interview der Woche unseres Deutschlandfunks: »Die SPD will auch gemeinschaftlich überall in Deutschland und über alle politischen Gruppen, die zu einer lebendigen Partei dazugehören, dass ich der nächste Kanzler werde, und zwar als die Person, die ich bin, als Olaf Scholz, den die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land gut kennen.« Amen.
Die SPD ist – was bleibt ihr übrig – zu allem fähig. Aber ja, Olaf Scholz darf ein Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden – Vizekanzler unter Kanzler Friedrich BlackRock Merz oder unter der Kanzlerin Brunhild Annalena Baerbock, die am letzten Tag des traurigen Monats November in der Süddeutschen ihr grünes Regierungsprogramm veröffentlichte: »Mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren.«
Vorausgesetzt: Schwarz und Grün machen es nicht unter sich aus, dann hat Olaf Scholz als die Person, die er ist, wieder diese echte Chance.
Das bestätigten am Tag vor dem Verkündigungsinterview im Spiegel die beiden SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die Scholz vor einem Jahr im erbitterten Kampf um die Führung der SPD besiegten – und den Verlierer zu ihrem Kanzlerkandidaten machten. Saskia Esken, die noch im März versprochen hatte: »Keine große Koalition mehr«, zeigte vor dem Spiegel aufrichtige Reue: »Koalitionen auszuschließen kann einem auf die Füße fallen.«
Und die Person, die Olaf Scholz ist, versprach tags drauf im Deutschlandfunk, höhere Einkommensteuer für Millionäre und Vermögensteuer für Milliardäre zugunsten der Geringverdiener. Wunderbar. Wenn da nicht das von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Tagebuch des superreichen Inhabers und ehemaligen Chefs der Hamburger Warburg Bank Christian Olearius wäre. Das überführte die sich vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf das Steuergeheimnis berufende Person, die Scholz ist, dass sie sich als Hamburger Bürgermeister, der sie auch war, mit dem Bankier Christian Olearius mehrfach diskret getroffen hatte. Und danach wurde dem Bankier die Forderung erlassen, 47 Millionen für betrügerische Cum-Ex-Geschäfte zurückzuzahlen. Dazu wird den Kanzlerkandidaten, der er ist, viele Tage der Untersuchungsausschuss zum Wireless-Skandal beschäftigen, der peinlichst prüft, ob der Finanzminister, der Scholz noch ist, es nicht allzu leicht mit seinen Aufsichtspflichten nahm – viele Milliarden sind verschwunden.
»Das heißt«, fragte am Sonntag der Deutschlandfunk doch etwas ungläubig: »Aus Ihrem Empfinden passt zwischen die Partei und Sie kein Blatt?« Der Befragte kannte keinerlei Mördergrube: »Ich bin seit meinem 17. Lebensjahr Sozialdemokrat. Ich bin es von ganzem Herzen. Dass ich viel Regierungserfahrung habe, dass ich dafür bin, dass die Wirtschaft läuft, ändert ja nichts daran, dass ich mit voller Absicht dieser Partei beigetreten bin und das immer noch bin.«
Und so erheben sich alle Sozialdemokraten dieser Republik und bekennen mit der Nachfolgerin von Kevin Kühnert, der gerade frischgewählten Juso-Vorsitzenden Jessica Rosenthal: »Olaf Scholz hat jetzt in der Krise auch schon wahnsinnig viel investiert. Wir als Jusos sagen, das ist genau der richtige Schritt. Wir sind froh und stolz darauf.«