»Sachverhalte, Leute, Geschehnisse« nannte Dariusz Jarosz seinen Sammelband »zur Sozialgeschichte des Stalinismus in Polen« in den Jahren 1948 – 1956. Diese polnischsprachige Publikation des Professors am Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften vertieft und erweitert seine bisherigen sozialgeschichtlichen Forschungen zum Thema. Im Unterschied zur Mehrzahl der Autoren des Instituts für Nationale Erinnerungen (IPN), die sich auf die politische Geschichte konzentrieren, untersucht D. J. ausgewählte Probleme der Sozialgeschichte Polens. Im Stalinismus in Polen sieht er einen Modernisierungsprozess eigener Art.
Seine Analyse beruht auf bisher nicht genutzten Quellen in Betriebs- und Behördenarchiven sowie von der historischen Forschung unbeachteten Spezialuntersuchungen, zum Beispiel zu den ungewöhnlichen Klimaverhältnissen in den ersten Nachkriegsjahren. Vor dem Hintergrund der Umweltveränderungen untersucht D. J. vor allem die Industrialisierung Polens und die daraus resultierenden grundlegenden Veränderungen der Sozialstruktur des Landes. In der ersten Hälfte der 50er Jahre (1951 – 1955) übersiedelten in einem Massenprozess knapp 1,8 Millionen vornehmlich junger Polen vom Land in die Städte. Sie bezogen (je nach Erwerb neuer Berufe) eigene und neuerbaute Wohnungen oder kamen teilweise für längere Zeit auch in neu eingerichteten sogenannten Arbeiterhotels unter. In den Städten erwarben sie im Laufe der Jahre nicht nur für sie neue Berufe in der Industrie, sondern sie veränderten auch die Struktur der Stadtbevölkerung, partiell sogar deren Umgangssprache. Darin sieht der Autor eine bäuerliche Inbesitznahme der Städte. Die massenhaften Migrationsbewegungen gingen einher mit weiteren Veränderungen, so stieg das mittlere Lebensalter der polnischen Bevölkerung deutlich, unter anderem auch deshalb, weil sich deren Ernährung verbesserte. Deutlich wuchs beispielsweise der Fleischverbrauch der Bevölkerung, Urlaub und Erholung wurden zu Selbstverständlichkeiten für die Bürger Polens, die Bildung der Land- wie der Stadtbevölkerung nahm zu. Die Zahl der öffentlichen Bibliotheken verdoppelte sich bis 1989 auf 5110 Bibliotheken im Vergleich zum Zeitraum 1949 – 56
Dariusz Jarosz: »Rszeczy, ludzie, zjawiska. Studia z historii spolecznej stalinizmy w Polsce«, (Sachverhalte, Leute, Geschehnisse. Studien zur Sozialgeschichte des Stalinismus in Polen 1948 – 1956), Instytut Historii PAN, 296 Seiten ISBN: 978-83-65880-02-4, 35 Zloty