Im Jahr 1713 verlor Spanien durch den Friedensschluss von Utrecht die Souveränität über die etwa 6,5 Quadratkilometer große Felsspitze in der Bucht von Algeciras. Seither ist der Felsen britische Kronkolonie, ein Zankapfel zwischen England und Spanien. Da sich nach dem Brexit bis zum Jahresende an den EU-Außengrenzen nichts ändert, gibt es Zeit für Verhandlungen über die Zukunft. Bereits einmal – von 1969 bis 1985 – waren die Grenzen zum Felsen von Gibraltar geschlossen. Das soll sich nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU nicht wiederholen. Tag für Tag gibt es eine kleine Völkerwanderung in die Kronkolonie Gibraltar. Etwa 15.000 Menschen – zwei Drittel Spanier und ein Drittel Touristen – überqueren dann die Grenze.
Bereits vor der Wahl Boris Johnsons zum Premierminister des Vereinigten Königreichs wurden Verhandlungen über ein Steuerabkommen zwischen Spanien und Gibraltar geführt. Das geschah auch vor dem Hintergrund, dass es Spaniens Zustimmung zu jedem Punkt der Gibraltar betreffenden Verhandlungsergebnisse zwischen Großbritannien und der EU bedarf.
Boris Johnson geht selbstbewusst in die Verhandlungen: »Das Vereinigte Königreich wird im Namen der gesamten britischen Familie verhandeln. Das schließt Gibraltar ein, auch die Souveränität von Gibraltar bleibt unteilbar.« Spanien möchte vor allem erreichen, dass Gibraltar kein Steuerparadies bleibt. Wer in Spanien lebt, aber in Gibraltar arbeitet, soll künftig in Spanien Steuern zahlen. Spanien kann sich allerdings nicht stärker von Gibraltar abgrenzen, denn dort herrscht Vollbeschäftigung, während in Andalusien die Arbeitslosenquote bei 30 Prozent liegt. Es bleibt abzuwarten, wer das größte Verhandlungsgeschick hat.