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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Sklav*innen (sorry für das *)

Den ter­ro­ri­sti­schen Begriff »Wer­bung« möch­te ich nicht benut­zen, auch wenn er selbst bzw. die Sache sich einem ins Gehirn gefres­sen hat, fast wie ein Krebs. Nein, sagen wir es etwas distan­zier­ter und damit vor­nehm: eine Emp­feh­lung möch­te ich aus­spre­chen. Das ist nur damit zu ent­schul­di­gen, dass Sie die­ser Emp­feh­lung, auch bei bestem Wil­len, nicht mehr Fol­ge lei­sten kön­nen, denn es wird zu spät sein, wenn Sie die­se Zei­len lesen. Zu spät für das Klei­ne Grosz Muse­um und die­se Aus­stel­lung: »Was sind das für Zei­ten?« Das Ende heißt hier: dau­er­haft geschlos­sen. Setzt der Ber­li­ner Senat sei­ne Spar­plä­ne für die Kul­tur um: minus 10 Pro­zent, wird man das noch öfter lesen.

Was sind das für Zei­ten, wo Geld für Bom­ben in Hül­le und Fül­le vor­han­den ist, aber nichts für die Men­schen, und schon gar nicht für die Men­schen, auf die die­se Bom­ben fal­len (z.B. Gaza)?

Da wären wir bei dem, was Sie nicht mehr sehen kön­nen: Die 60 Sklav*innen der Fami­lie Kiez. Schon mal was von der Ber­li­ner Com­pa­gnie gehört? Ich erst, als ich mich ent­schloss, aus kul­tu­rel­lem Staats­ver­druss mich in die Off-Sze­ne zu bege­ben. Ich kann Staats-Thea­ter und Staats-Oper bald nicht mehr sehen und hören. Nicht, dass es nicht schon schlimm genug wäre, das Elend im Radio und Fern­se­hen, nein, auch die Unter­hal­tung ist eine näm­li­che. Ich bin ver­sucht, mich auf die Sei­te der­je­ni­gen zu stel­len, die das Näm­li­che mit h schrei­ben. Es ist nicht mehr auszuhalten.

Trotz­dem amü­siert einen das Stück, es gibt noch poli­ti­sches Thea­ter, das auf­klärt und unter­hält, das Ver­gnü­gen beim Zuse­hen berei­tet, auch wenn die Mit­tel karg und die Mög­lich­kei­ten begrenz­ter sind. Ja, viel­leicht, die Figu­ren sind bekannt und auch bere­chen­bar, trotz­dem kei­ne Ste­reo­ty­pen, kei­ne Kli­schees, son­dern Men­schen, Typen aber mit Poten­ti­al ins Mensch­li­che, Denkliche.

Man­che Type, die man tot glaubt (und aus der DDR), gewinnt in letz­ter Zeit an Leben, man meint rotes Blut sie durch­strö­men zu sehen, und die jun­ge Frau, die Toch­ter, die die neue Zeit ver­tritt, ver­tritt doch nicht ein­mal sich selbst, macht sich zum Kas­per der Kon­zer­ne, für die sie tanzt und das Lob­lied auf deren blut­trie­fen­de Pro­duk­te singt; sie sieht nicht, und begreift nichts. (Influen­cer ist (m)ein neu­es Schimpf­wort.) Ver­hält­nis­se sind schwer zu ändern, aber man­che Men­schen viel­leicht? Und dann doch mehr?

Wenn eine Thea­ter­trup­pe so etwas vor­führt: gro­ßes Lob, und man soll­te sich deren Namen mer­ken, damit man das näch­ste Mal nichts ver­säumt, und hilft, wobei »hilft« hier das fal­sche Wort ist, also hilft, unse­re Kul­tur zu ret­ten, denn die brau­chen wir, wol­len wir kei­ne bes­se­ren Skla­ven von Scholz, Lind­ner, Habeck oder Merz wer­den. Wobei, genau betrach­tet, sind die ja nur die Kapos.