Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Sie dachten, sie seien Helden

Da gin­gen sie zum Mili­tär, die Frei­heit und Demo­kra­tie zu ver­tei­di­gen. Falls es mal nötig sei. Genos­sen manch Aben­teu­er in Sturm­boot und Hub­schrau­ber, Pan­zer und Kampf­jet. War ja Frie­den, das Motiv schien edel, der All­tag mach­te Spaß. Die Kar­rie­re auch, Gefrei­ter, Unter­of­fi­zier, Fah­nen­jun­ker, Leut­nant und Haupt­mann gar oder sogar Oberst und General.

Der Glau­be war zuse­hends gestärkt, die Kraft von Waf­fen und Kar­rie­re über­trug sich auf das Selbst. Man war wer und wäre zur Not sehr ger­ne ein Held. Gie­rig Kriegs­fil­me ver­schlun­gen und manch alte Kamel­le zu Viet­nam. Selbst Anti­kriegs­fil­me gaben noch Adre­na­lin­schub. Wenn man da dabei gewe­sen wäre.

Und dann Irak, und die­ser Kanz­ler sag­te nein. Da durf­ten wie­der ande­re die Hel­den sein. Man­che mit zer­flat­tern­der See­le und geschun­de­nem Kör­per nach Hau­se kom­mend. Doch USA, das war ja nicht hier, bekam man nicht mit. Hier wäre man ger­ne ein Held und darf nicht.

Doch dann. Tat­säch­lich. Ein gro­ßes Bünd­nis der all­um­fas­send frei­heit­li­chen Län­der sand­te frei­heits­lie­ben­de Kämp­fer. Man durf­te mit. Und brach­te Frei­heit und Demo­kra­tie in ein auch so schon geschun­de­nes und zer­ris­se­nes Land. Frei­heit und Bil­dung für Mäd­chen und Frau­en. Da muss­te man ertra­gen, der einen oder ande­ren Stei­ni­gung noch bei­zu­woh­nen, ohne einzuschreiten.

Man brauch­te Zustim­mung der Mäch­ti­gen im Land. Da müs­sen Hel­den auch Opfer brin­gen. Und Beherr­schung auf dem Weg zum Ziel. Ihre Lei­den möge man nicht außer Acht las­sen – nicht das der Gestei­nig­ten, nein, der armen Sol­da­tes­ka, die das zuse­hend ertra­gen muss­te. Meint vol­ler Mit­leid ein General.

Und brach­te man nicht sel­ber immer wie­der Opfer? War Zeu­ge, wie ein Kame­rad zum Hel­den wur­de, von der Gra­na­te zer­fetzt, dass kaum mehr etwas übrig­blieb. Und der Haupt­mann, der zusah, als es knall­te, als zit­tern­des Etwas in der gleich­gül­ti­gen Hei­mat. Statt Hel­den­tum nun Sanatorium.

Doch so ein Held woll­te man nicht sein. Eher einer wie der Oberst, der im Namen der Frei­heit und des hel­den­mü­ti­gen Kamp­fes hun­der­te Män­ner, Frau­en und Kin­der durch Kampf­jets an einem Tank­wa­gen in die Luft jag­te. Ja, er wur­de noch Gene­ral. Es hat alles sei­ne Rich­tig­keit. Es braucht auch sol­che Hel­den. Im Namen der Demo­kra­tie. Kol­la­te­ral­schä­den sind eben unvermeidlich.

Und jetzt, end­lich die Wert­schät­zung und die Chan­ce, gran­dio­ser Mili­täre­tat. Man steht schon im Bal­ti­kum. Kampf­be­reit. Die Fah­ne vor­ne­weg. Der Rus­se gegen­über an der Gren­ze. Und dann die­ser Opa, der sagt, seid nicht so dumm. Lasst Euch nicht ver­hei­zen. Wozu? So vie­le Sär­ge in der Ukrai­ne und in Russ­land. Es gibt kei­ne Hel­den – nur poten­ti­el­le Lei­chen, deren Orden auf dem Sarg in der Son­ne glän­zen. Es gibt gar kei­ne Hel­den – nur Opfer. Immer!