Schlusswort vor dem Amtsgericht Cochem
Das Amtsgericht Cochem verurteilte am 19. Juni fünf Atomwaffengegner wegen »Hausfriedensbruch« im Rahmen einer Aktion zivilen Ungehorsams gegen die auf dem Bundeswehrflugplatz Büchel eingebunkerten US-Atombomben zu 30 bis 60 Tagessätzen, ersatzweise Haft. Die zur Gruppe »Büchel17« gehörenden Friedensaktivisten im Alter von 60 bis 77 Jahren hatten am 30. April 2019 zwischen zwei Umzäunungen des Atombomben-Standorts Büchel einen »zivilen Sicherheitsbereich« ausgerufen und ein »atomwaffenfreies Frühstück« auf einer blumengeschmückten Picknickdecke veranstaltet. Gleichzeitig hatte eine zwölfköpfige Gruppe der »Büchel17« das Militärgelände zu einer friedlichen Mahnwache betreten. Die gemeinschaftliche Aktion führte zeitweise zur Unterbrechung des militärischen Flugbetriebs. Vor Gericht erinnerte der angeklagte 77-jährige Rentner Dieter Reckers an den Angriff der Alliierten auf seinen Heimatort Münster am 25. März 1945 mit 150.000 Brandbomben. Jede der beiden auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben habe die Zerstörungskraft dieses Brandbombenangriffs noch überstiegen, erläuterte er. Und jede der heute in Büchel stationierten US-Atombomben habe die dreizehnfache Sprengkraft der beiden 1945 detonierten Atombomben. In seinem Schlusswort vor dem Amtsgericht Cochem am 3. Juni erklärte Reckers: »Ich denke an meine Schulzeit auf einem humanistischen Gymnasium. Dort lernten wir von der Antike bis zur Gegenwart Menschen kennen, die sich entscheiden mussten zwischen formaler Pflichterfüllung und dem Ruf ihres ethisch geprägten Gewissens. Diese Menschen und ihre inneren Konflikte hat es in allen staatlichen, kirchlichen, gesellschaftlichen Bereichen gegeben. Diejenigen, die sich dafür entschieden, den ethischen Forderungen ihres Gewissens zu folgen, trotz aller Schwierigkeit und sogar Gefahren, die daraus für sie entstanden, diese Menschen wurden uns immer als Vorbilder empfohlen. Auch früher schon gab es mutige Kirchenmänner und Politiker, mutige Richter, mutige Anwälte und Beamte. Ich habe die Hoffnung, dass das immer noch so ist. Jedenfalls ist das der einzige Grund, weshalb ich hier überhaupt stehe und nicht einfach meine Geldstrafe bezahlt habe. Ich denke jetzt in meinem Alter überhaupt nicht daran, mir gegenteilige Vorbilder zu suchen und mich vor ihnen zu verbeugen.«
Die Reden der Angeklagten vor Gericht sind zu finden unter https://www.friedenkoeln.de/?page_id=15143.