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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Schlusswort vor dem Amtsgericht Cochem

Schluss­wort vor dem Amts­ge­richt Cochem

Das Amts­ge­richt Cochem ver­ur­teil­te am 19. Juni fünf Atom­waf­fen­geg­ner wegen »Haus­frie­dens­bruch« im Rah­men einer Akti­on zivi­len Unge­hor­sams gegen die auf dem Bun­des­wehr­flug­platz Büchel ein­ge­bun­ker­ten US-Atom­bom­ben zu 30 bis 60 Tages­sät­zen, ersatz­wei­se Haft. Die zur Grup­pe »Büchel17« gehö­ren­den Frie­dens­ak­ti­vi­sten im Alter von 60 bis 77 Jah­ren hat­ten am 30. April 2019 zwi­schen zwei Umzäu­nun­gen des Atom­bom­ben-Stand­orts Büchel einen »zivi­len Sicher­heits­be­reich« aus­ge­ru­fen und ein »atom­waf­fen­frei­es Früh­stück« auf einer blu­men­ge­schmück­ten Pick­nick­decke ver­an­stal­tet. Gleich­zei­tig hat­te eine zwölf­köp­fi­ge Grup­pe der »Büchel17« das Mili­tär­ge­län­de zu einer fried­li­chen Mahn­wa­che betre­ten. Die gemein­schaft­li­che Akti­on führ­te zeit­wei­se zur Unter­bre­chung des mili­tä­ri­schen Flug­be­triebs. Vor Gericht erin­ner­te der ange­klag­te 77-jäh­ri­ge Rent­ner Die­ter Reckers an den Angriff der Alli­ier­ten auf sei­nen Hei­mat­ort Mün­ster am 25. März 1945 mit 150.000 Brand­bom­ben. Jede der bei­den auf Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki abge­wor­fe­nen Atom­bom­ben habe die Zer­stö­rungs­kraft die­ses Brand­bom­ben­an­griffs noch über­stie­gen, erläu­ter­te er. Und jede der heu­te in Büchel sta­tio­nier­ten US-Atom­bom­ben habe die drei­zehn­fa­che Spreng­kraft der bei­den 1945 deto­nier­ten Atom­bom­ben. In sei­nem Schluss­wort vor dem Amts­ge­richt Cochem am 3. Juni erklär­te Reckers: »Ich den­ke an mei­ne Schul­zeit auf einem huma­ni­sti­schen Gym­na­si­um. Dort lern­ten wir von der Anti­ke bis zur Gegen­wart Men­schen ken­nen, die sich ent­schei­den muss­ten zwi­schen for­ma­ler Pflicht­er­fül­lung und dem Ruf ihres ethisch gepräg­ten Gewis­sens. Die­se Men­schen und ihre inne­ren Kon­flik­te hat es in allen staat­li­chen, kirch­li­chen, gesell­schaft­li­chen Berei­chen gege­ben. Die­je­ni­gen, die sich dafür ent­schie­den, den ethi­schen For­de­run­gen ihres Gewis­sens zu fol­gen, trotz aller Schwie­rig­keit und sogar Gefah­ren, die dar­aus für sie ent­stan­den, die­se Men­schen wur­den uns immer als Vor­bil­der emp­foh­len. Auch frü­her schon gab es muti­ge Kir­chen­män­ner und Poli­ti­ker, muti­ge Rich­ter, muti­ge Anwäl­te und Beam­te. Ich habe die Hoff­nung, dass das immer noch so ist. Jeden­falls ist das der ein­zi­ge Grund, wes­halb ich hier über­haupt ste­he und nicht ein­fach mei­ne Geld­stra­fe bezahlt habe. Ich den­ke jetzt in mei­nem Alter über­haupt nicht dar­an, mir gegen­tei­li­ge Vor­bil­der zu suchen und mich vor ihnen zu verbeugen.«

Die Reden der Ange­klag­ten vor Gericht sind zu fin­den unter https://www.friedenkoeln.de/?page_id=15143.