Klaus Schlesinger ist bekannt als Schriftsteller, dem Berlin und seine Gegenwart am Herzen lag. Das rebellische Berlin, die kleinen Leute, Berliner Schnauze. Er selbst war ein Rebell, dem es in der DDR nicht passte und der es in der BRD höchstens bei den Hausbesetzern aushielt. Viel zu früh – 2001 – gestorben, hinterließ er einen Nachlass, der eine lebenslange Beschäftigung mit Heinrich von Kleist offenbarte. Schlesinger und Kleist? Eher unwahrscheinlich, und doch fand sich eine Novelle, die für Schlesinger ungewöhnlich ist: eine dialogreiche, zeitangepasste Sprache, eine genaue Milieuschilderung, ein Empfinden für die Wirren der Zeit. Der einsame, erfolglose Kleist und der Hoffiskal Felgentreu, der den Tod Kleists und seiner Freundin aufklären soll und auch an den Zuständen der Zeit scheitert. Parallelen zu Schlesingers Gegenwart waren gewollt, und er hat alles schön verrätselt. Ein Lesevergnügen, zumal kenntnisreiche Nachwörter die historischen Bezüge entschlüsseln. Mittlerweile erschien die zweite Auflage des Buches.
Klaus Schlesinger: »Der Verdacht. Eine Kleist-Novelle«, Quintus, 96 Seiten, 18 €