Einerseits lehnt die deutsche Regierung Waffenlieferungen an die Ukraine aus »geschichtlichen Gründen« ab. Damit ist wohl der verbrecherische Krieg Hitlerdeutschlands gegen die Sowjetunion gemeint. Außerdem hatte die Ampel angekündigt, keine Waffen mehr in Spannungsgebiete zu exportieren. Doch sollen nicht gerade wieder zwei U-Boote an Israel geliefert werden? Auch haben Estland, Lettland, Litauen und Großbritannien eben erst von Biden grünes Licht bekommen, US-Waffen an die Ukraine zu liefern. Ist das der beschworene Nato-Konsens? Anderseits aber positioniert sich die Ampel nicht verbindlich und entschieden gegen einen zukünftigen Nato-Beitritt der Ukraine, der ja auch eine entsprechende Bewaffnung nicht nur durch die deutsche Regierung zur Folge hätte. Inzwischen wird der Beitritt sogar von der CDU/CSU-Spitze leise infrage gestellt. Zurecht: Der Beitritt wäre ein Beistandspakt gegen ein Land, das sich im Krieg gegen die abtrünnige Ostukraine befindet und meint, eine offene Rechnung, wegen der Krim, gegen Russland zu haben. Träte hier, bei einem Ukraine-Nato-Beitritt, nicht sofort der Verteidigungsfall der Nato nach ihren eigenen Statuten ein, also ein Krieg gegen Russland? Wie glaubwürdig ist zudem die deutsche und französische Regierung als Vermittler des Minsker Abkommens, das der Ostukraine Autonomie zusicherte, wenn gleichzeitig ein ukrainischer Nato-Beitritt unterstützt wird, weil der angeblich »nicht verhandelbar« sei, und einen Krieg der Nato, auf Seiten ukrainischer Nationalisten gegen Russland, heraufbeschwört? Man stelle sich vor, welche Kettenreaktion sofort ausgelöst werden könnte, wenn plötzlich eine militärische Offensive von den Nationalisten gegen die Ostukraine provoziert würde.
Ist dem Westen nicht klar, welche Oligarchen und rechtsradikalen Nationalisten, deren Traditionen bereits bis in die Kollaboration mit den Nazis und die Judenvernichtung zurückreichen, inzwischen in der Ukraine das Sagen haben und Nato-Waffen bereits jetzt im Krieg gegen Russland mitwirken und täglich weiter geliefert werden? Ist nicht klar, dass in Kiew und im Umland einst die Wiege der russischen Nation stand? Ist dem Westen nicht klar, welche geschichtlichen Befürchtungen in Russland noch heute eine Rolle spielen, in einem Land, das einst u. a. von den Schweden, von den Mongolen, von Napoleon und gerade auch von den deutschen Truppen im 1. und 2. Weltkrieg blutig überfallen wurde? Hat gerade eine deutsche Regierung, die Millionen Toten, die dadurch nicht nur dort ums Leben kamen, vergessen, bis die »Rote Armee« schließlich auch Deutschland vom Hitlerismus befreite? Und wurde die Nato nicht bereits nach 1945 als westlicher Militärpakt gegen die Sowjetunion gegründet? Und wurde schließlich Gorbatschow nicht zugesichert, dass sich die Nato nach 1989 nicht weiter nach Osten ausdehnen würde?
Was für eine schizophrene Außenpolitik, wenn Annalena Baerbock Russland dringend auffordert, »Schritte zur Deeskalation zu unternehmen«, und mit »gravierenden Konsequenzen«, ja, mit einem neuen, offenbar militärischen »Schutzschild« droht. Hatte sie nicht unlängst, völlig geschichtsvergessen, behauptet, sie stünde, neben Joschka Fischer, auch auf den Schultern ihres Opas, der in der Wehrmacht an der Oder dafür gekämpft habe, dass wir heute in Frieden und Freundschaft in Europa leben? Wie bitte?! Wie konnten sich die Grünen, die einst aus der Friedensbewegung hervorgegangen sind, schon seit dem Jugoslawienkrieg immer wieder in treue Vasallen einer kriegerischen, USA geführten Nato-Politik verwandeln? Eine Kriegspolitik, die nicht nur jüngst im Afghanistan-Desaster scheiterte, sondern auch im Nahen Osten und in Afrika, von wo aus nun tausende von Armuts- und Kriegsflüchtlingen nach Europa wollen. Soll damit eine neue »ökologische« Außenpolitik eingeleitet werden? Oder soll jetzt der fragile »Status Quo«, mit Hilfe der Grünen, weiter zugunsten westlicher Großmachtpolitik überwunden werden? Denn die Nato befindet sich bereits wieder an der Schwelle zum nächsten Krieg!
Der leicht demente Herr Biden, der innenpolitisch bisher kaum etwas Substanzielles in der hochverschuldeten USA zustande brachte, droht jetzt Russland mit einer »Katastrophe«, wohl weil ihm und den »Demokraten« selbst innenpolitisch eine solche droht, während Trump und die Republikaner sich anschicken, wieder Regierungsmacht zu übernehmen.
Es bleibt der bisher kaum vernehmbaren internationalen Friedensbewegung und der paralysierten deutschen Medienöffentlichkeit wohl nur noch, die alte Losung Egon Bahrs abzuwandeln: »Mehr Frieden wagen durch Annäherung!« Oder besser: »Hände weg von Russland!« und »Kein Öl mehr ins Feuer!« Dann aber muss sich endlich auch der Westen den russischen Sicherheitsinteressen annähern und verbindlich auf eine weitere Nato-Ost-Erweiterung und eine sich täglich vollziehende militärische Einkreisung Restrusslands, einschließlich der Nato-Großmanöver an Russlands Grenzen, verzichten. Das wäre wirklich ein erster Schritt zur Deeskalation und könnte die wohl größte globale Kriegsgefahr seit dem 2. Weltkrieg vielleicht noch bannen.