»Unterhaltung hat auch mit Haltung zu tun. Und Haltung kann durchaus unterhaltsam sein«, bilanzierte der Geschäftsführer der Funke Mediengruppe, Andreas Schoo, den »glamourösen Abend«, die von der Gruppe veranstaltete 54. Verleihung der Goldenen Kamera Ende März in Berlin. Die Funke-Zeitungen erhielten anschließend eine Sonderbeilage verpasst, in der auch die Rede von Julia Becker, der Aufsichtsratsvorsitzenden der Funke Mediengruppe, gebührend gewürdigt wurde.
Ach, was tat sie an dem Abend für schöne Worte kund: von der journalistischen »Grundeinstellung, die Menschen verlässlich zu informieren, einen Vorgang von allen Seiten zu beleuchten, mit einem scharfen, unbestechlichen Blick« sprach sie. Und die Journalistinnen und Journalisten ihrer Tageszeitungen würden »Tag und Nacht hart dafür arbeiten, dass die Menschen bestens informiert werden …, gerade auch regional und lokal vor unserer Haustür«.
Kurz vor diesem »glanzvollen Abend« (Funke) war die neueste Ausgabe von M, dem Medienpolitischen Magazin der Gewerkschaft ver.di erschienen. Einer der redaktionellen Artikel trug die Überschrift: »Massive Streichungen im Funke-Konzern«. »Hunderte Entlassungen« stünden bevor, allein in Nordrhein-Westfalen – in Essen ist der Hauptsitz der Gruppe – würden über 300 Stellen gestrichen, in allen Bereichen. Traditionsblätter würden eingestellt, 21 der 26 Geschäftsstellen in NRW sollen verschwinden, »vor der Haustür« also, um mit Frau Becker zu sprechen.
Auch die Berliner Zentralredaktion bleibe nicht verschont. Kündigungen gebe es auch in München (Gong Verlag) und Thüringen (Allgemeine, Landeszeitung, Ostthüringer Zeitung). Hintergrund der Vorgänge soll laut M ein fortgesetztes »Missmanagement verschiedener Geschäftsführungen in den vergangenen Jahren« sein. Außerdem stünde Funke »immer noch mit Verbindlichkeiten von 630 Millionen Euro bei den Banken in der Kreide – Nachwirkungen des Kaufs der Springer-Zeitungen im Jahr 2013«.
In der deutschen Linguistik gibt es den Terminus »Zwillingsformel«, zu dem auch »Schein und Sein« gehört, ebenso wie »Anspruch und Wirklichkeit«. Selten klafften die Wortpaare so weit auseinander wie hier im Hinblick auf die Funke Mediengruppe.