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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rüstungswahnsinn

Frie­den schaf­fen durch immer mehr Waf­fen. Dar­auf wol­len sich CDU/​CSU und SPD vor­ran­gig eini­gen. Die Schul­den­brem­se bleibt dabei angeb­lich unan­ge­ta­stet, trotz des maxi­ma­len Bedarfs an Inve­sti­tio­nen gegen die eska­lie­ren­de Wirt­schafts­kri­se, die Spal­tung zwi­schen Arm und Reich, den Sozi­al­ab­bau, den Bil­dungs­not­stand und die maro­de Infra­struk­tur. Aber schul­den­fi­nan­zier­tes »Son­der­ver­mö­gen« von mög­lichst über 200 Mil­li­ar­den Euro für Auf­rü­stung, dar­in schei­nen sich wohl alle einig. Damit will man auch den Auf­stieg der AfD stop­pen, die gleich­falls Auf­rü­stung for­dert sowie das Zurück­schrau­ben von Sozi­al­aus­ga­ben, Mini­mie­rung öko­lo­gi­scher Trans­for­ma­ti­on und natür­lich »Mas­sen­ab­schie­bun­gen« von Flücht­lin­gen, die pri­mär durch die geschei­ter­te west­li­che Außen­po­li­tik nach Euro­pa und Nord­ame­ri­ka drängen.

Das ist die kon­tra­pro­duk­ti­ve Fort­set­zung der über­hol­ten Nato-Auf­rü­stungs-Stra­te­gie des Westens, die gera­de wie­der bei der aben­teu­er­li­chen Unter­stüt­zung der Ukrai­ne und ihres angeb­li­chen »demo­kra­ti­schen« Unab­hän­gig­keits­kamp­fes gegen Russ­land blu­tig geschei­tert ist. Jetzt wird die Ukrai­ne durch ihren vor­mals eng­sten Ver­bün­de­ten USA plötz­lich gezwun­gen, den offen­bar nicht zu gewin­nen­den Krieg umge­hend durch Waf­fen­still­stand zu been­den, alle ver­lo­re­nen Gebie­te auf­zu­ge­ben sowie auf Nato-Mit­glied­schaft zu ver­zich­ten. Dar­über hin­aus soll sie 500 Mil­li­ar­den Dol­lar an die USA, etwa durch Aus­beu­tung sel­te­ner Erden, bezah­len, um ihre Kriegs­schul­den an die ein­sti­gen Kriegs­trei­ber zu beglei­chen. Was für ein unfass­ba­rer Zynis­mus! Denn der irra­tio­na­le Kon­fron­ta­ti­ons­weg und Krieg gegen Russ­land hat sich, wovor vie­le ver­nünf­ti­ge Stim­men von Anfang an ein­dring­lich warn­ten, erneut als gewal­ti­ger Rohr­kre­pie­rer erwie­sen, mit Mil­lio­nen von Toten und Flücht­lin­gen auf allen Sei­ten sowie unvor­stell­ba­ren Kriegs­schä­den. So ende­ten fast alle ver­deck­ten oder offe­nen Inter­ven­ti­ons­ver­su­che der USA und ihrer Ver­bün­de­ten seit 1945. Man den­ke nur an Korea, Viet­nam, Chi­le, Jugo­sla­wi­en, Irak, Afgha­ni­stan, Liby­en, Syrien.

Aber nach die­ser erneu­ten Nie­der­la­ge for­dert Trump schon wie­der eine neue Run­de des Wett­rü­stens, sogar von 5 Pro­zent der Wirt­schafts­lei­stun­gen aller bis­her Ver­bün­de­ten ist die Rede. Aber war­um? Weil er damit erneut den Aus­weg aus der durch das eige­ne Gesell­schafts­sy­stem ver­ur­sach­ten Wirt­schafts- und Finanz­kri­se sucht, um den Rücken frei­zu­be­kom­men, sich nun­mehr Grön­land, Kana­da, Pana­ma, Gaza und Chi­na zuzu­wen­den. Wie ana­ly­sier­te bereits Lenin die­sen impe­ria­li­sti­schen Teu­fels­kreis von Wirt­schafts­kri­sen und Krie­gen vor über 110 Jah­ren? »Unter dem Kapi­ta­lis­mus gibt es kei­ne ande­ren Mit­tel, das gestör­te Gleich­ge­wicht von Zeit zu Zeit wie­der­her­zu­stel­len, als Kri­sen in der Indu­strie und Krie­ge in der Poli­tik.« Wir soll­ten heu­te hin­zu­fü­gen: Es geht dabei auch um die Wei­ter­füh­rung der System­aus­ein­an­der­set­zung gegen die Groß­mäch­te China/​Russland und die BRICS-Staa­ten in einer mul­ti­po­la­ren Welt, die mög­lichst wie­der zu einer uni­po­la­ren Welt der USA-Vor­herr­schaft zurück­ge­dreht wer­den soll. Und was trom­pe­ten unter­wür­fig auch die deut­schen Vasal­len und ver­su­chen damit, ihre media­le Deu­tungs­ho­heit gegen­über der Bevöl­ke­rung krampf­haft zu auf­recht zu halten:

Merkur.de titelt am 26.2.25: »Kanz­ler Merz will offen­bar zwei­tes Son­der­ver­mö­gen für die Bun­des­wehr. (…) Es geht dabei um die Sum­me von 200 Mil­li­ar­den Euro.«

Und Boris Pisto­ri­us, wahr­schein­lich kom­men­der SPD-Vize­kanz­ler in der Bild-Zei­tung: »Für die aus­kömm­li­che Aus­stat­tung der Bun­des­wehr ist eine Aus­nah­me von der Schul­den­brem­se prak­tisch unum­gäng­lich.« Der Ver­tei­di­gungs­haus­halt »wird sich durch not­wen­di­ge Inve­sti­tio­nen in den kom­men­den Jah­ren auf über 100 Mil­li­ar­den Euro ver­dop­peln müs­sen« (zitiert aus Frank­fur­ter All­ge­mei­ne, 25.2.25).

Flan­kiert wer­den die­se For­de­run­gen von füh­ren­den Mili­tär­hi­sto­ri­kern, bes­ser Mili­tä­rideo­lo­gen, wie etwa Prof. Sön­ke Neit­zel, der gut in den Medi­en plat­ziert wird und bereits im Liby­en- und Syri­en-Krieg das man­gel­haf­te Enga­ge­ment der Bun­des­wehr als »lee­re Wort­hül­sen« anpran­ger­te: »Wenn wir mal den Krieg in der Ukrai­ne als Grund­la­ge neh­men, wäre die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land in einem sol­chen Sze­na­rio bereit? (…) Nein, wir sind nicht kriegs­tüch­tig. (…) Es gibt viel zu wenig Aus­rü­stung, der Trai­nings­zu­stand und so wei­ter (…). Was wir erwar­ten müs­sen, ist, dass Poli­tik klar kom­mu­ni­ziert, kla­re Ent­schei­dun­gen trifft und die klar begrün­det. Und dann wird eine Mehr­heit der deut­schen Bevöl­ke­rung mit­ge­hen (…), dann wird – sie­he Zei­ten­wen­de-Rede von Scholz – die Mehr­heit fol­gen« (ZDF-heu­te, 21.1.24).

Und der neue Gene­ral­se­kre­tär der Nato, Mark Rut­te, beschwört mit fol­gen­den, emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen Wor­ten, ohne irgend­wel­che Bewei­se anzu­füh­ren, eine Kriegs­ge­fahr für die 32 Nato-Staa­ten durch Russ­land und Chi­na.: »Die Gefahr bewegt sich mit vol­ler Geschwin­dig­keit auf uns zu.« Russ­land berei­te sich auf eine »lang­fri­sti­ge Kon­fron­ta­ti­on« vor. Er for­der­te sogar 7-8 Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes für Auf­rü­stung sowie gleich­falls eine »Kriegs­men­ta­li­tät«.

Die­se Pro­pa­gan­da­schlacht der psy­cho­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung wird durch fol­gen­de Fak­ten über die tat­säch­li­che glo­ba­le Ver­tei­lung der Rüstungs­aus­ga­ben u.a. vom seriö­sen Schwe­di­schen For­schungs­in­sti­tut SIPRI seit lan­gem fun­da­men­tal wider­legt: Danach gaben die Nato-Mit­glie­der 2023 ca. 1,5 Bil­lio­nen Dol­lar für Rüstungs­gü­ter aus, davon etwa ein Drit­tel die USA und Kana­da. Der Rest der Welt gab etwas weni­ger als 1 Bil­li­on Dol­lar aus, das sind zusam­men immer­hin 2,4 Bil­lio­nen. Russ­lands Mili­tär­aus­ga­ben hin­ge­gen betru­gen 2023 ca. 109 Mil­li­ar­den Dol­lar. Das heißt die 32 Nato-Staa­ten gaben zusam­men etwa das 10-fache an Rüstungs­aus­ga­ben wie Russ­land aus – und haben in einem fan­ta­sier­ten Angriffs­fall durch Russ­land auch noch einen gegen­sei­ti­gen Bei­stands­pakt. Ihre Wirt­schafts­kraft und Mili­tär­tech­nik sind zudem nach wie vor der rus­si­schen weit überlegen.

Das Bedro­hungs­sze­na­ri­um, dass die Nato-Poli­ti­ker und -Mili­tärs sowie Aktio­nä­re des indu­stri­ell-mili­tä­ri­sches Kom­ple­xes schon seit Anfangs­zei­ten des »Kal­ten Krie­ges« gegen­über der vom 2. Welt­krieg gezeich­ne­ten Sowjet­uni­on, bzw. heu­te Russ­land, und Chi­na zeich­nen, war und ist des­halb die ulti­ma­ti­ve außen­po­li­ti­sche Gene­r­allüge des Westens. Der Westen ist Gefan­ge­ner sei­ner eige­nen Bedro­hungs­ideo­lo­gie, sei­nes ver­kehr­ten Bewusst­seins, im Inter­es­se sei­ner herr­schen­den Klassen.

Fazit: Stell Dir vor, die welt­weit jähr­lich 2,4 Bil­lio­nen Dol­lar für Rüstung und Krie­ge, die vor­ran­gig aus Steu­er­gel­dern finan­ziert und dem Wohl­stand der Völ­ker ent­zo­gen wer­den und an denen beson­ders die Aktio­nä­re des indu­stri­ell-mili­tä­ri­schen Kom­ple­xes ver­die­nen, deren impe­ria­le Krie­ge nur Mil­lio­nen von Toten und irrepa­ra­ble Zer­stö­run­gen hin­ter­las­sen, wür­den plötz­lich zur Bekämp­fung von Hun­ger, Armut, Elend, Krank­hei­ten, Infra­struk­tu­ren, Woh­nun­gen, Bil­dung und Kul­tur, sowie zum Aus­stieg aus dem fos­si­len Zeit­al­ter genutzt wer­den kön­nen! Wäre das nicht die ulti­ma­ti­ve huma­ne Alter­na­ti­ve zu wei­te­rer irra­tio­na­ler Auf­rü­stung? Nur sol­che Kon­ver­si­on der Rüstungs­in­du­strie könn­te uns Men­schen und die Natur vor dem Unter­gang bewah­ren! Wie lan­ge kön­nen sie uns mit ihrem Rüstungs­wahn­sinn noch für so dumm ver­kau­fen, obwohl wir alle schon am Abgrund stehen?!