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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rüstungsindustrie setzt wieder auf Krieg

Ori­gi­nal­ton Schul­buch DDR: »Die rasche Samm­lung der anti­fa­schi­sti­schen Kräf­te und der schwin­den­de Mas­sen­ein­fluss der Nazis ver­an­lass­te die reak­tio­när­sten Kräf­te des deut­schen Mono­pol­ka­pi­tals und der Jun­ker, auf die schnel­le Errich­tung der faschi­sti­schen Ter­ror­herr­schaft zu drän­gen. Nam­haf­te Ver­tre­ter for­der­ten von Hin­den­burg, die sofor­ti­ge Ernen­nung Hit­lers zum Reichs­kanz­ler.« So steht es im Lehr­buch »Geschich­te 9« des Mini­ste­ri­ums für Volks­bil­dung der DDR, Aus­ga­be 1970, über die Lage im Novem­ber 1932. Neun Wochen spä­ter ernann­te Hin­den­burg Hit­ler zum Reichskanzler.

Ori­gi­nal­ton Schul­buch BRD: Nichts.

Lehrer/​innen aus der Bun­des­re­pu­blik haben bis­wei­len das DDR-Lehr­buch her­an­ge­zo­gen, wenn es um die Schil­de­rung des Endes von Wei­mar ging. Sie sag­ten, die west­deut­schen Schul­bü­cher hät­ten die Rol­le des Kapi­tals in jener Zeit ausgeblendet.

In der Dort­mun­der Gedenk­stät­te Stein­wa­che hin­ge­gen wird zum Motiv der Indu­strie, Hit­ler zum Füh­rer zu machen, aus­ge­führt: »Ins­be­son­de­re ver­sprach sich die ein­fluss­rei­che Schwer­indu­strie von einer Auf­rü­stung Deutsch­lands Gewin­ne.« Nicht aus­ge­blen­det wird die histo­ri­sche »Indu­stri­el­len­ein­ga­be« an Hin­den­burg in der Gedenk­stät­te »Wider­stand und Ver­fol­gung 1933-1945« in der Dort­mun­der Stein­wa­che. Noch gibt es den Raum 7 »Die Schwer­indu­strie setzt auf Hit­ler«. Ein Raum wie die­ser ist in der heu­ti­gen BRD wohl einmalig.

Die VVN-BdA in Dort­mund setzt sich seit Jah­ren beharr­lich für eine kor­rek­te Dar­stel­lung der Geschich­te ein. Ihre Ehren­vor­sit­zen­de Agnes Ved­der, die kürz­lich im Alter von 95 Jah­ren starb, hat bis zuletzt gehofft, dass die Stadt Dort­mund den Skan­dal der Ehren­ta­fel für den Hit­ler-Finan­zier Emil Kir­dorf im Stadt­teil Eving been­det. An ande­rer Stel­le soll, so schrieb sie unter Bezug auf die Leh­ren der Geschich­te, eine Mahn­ta­fel ent­ste­hen, dort, wo die Hit­ler-Finan­ziers aus der »Ruhr­la­de« 1933 tag­ten. Sie schlug vor, »an der Grün­an­la­ge Hai­n­al­lee eine Mahn­ta­fel anzu­brin­gen«. Dort­hin füh­ren Mahn­gän­ge. »Sie füh­ren uns auch zu den Stol­per­stei­nen für die Opfer des NS-Regimes. Wir sind der Mei­nung, dass es auch Erin­ne­rungs­ta­feln an die Täter geben soll­te. Dar­un­ter jene aus der Wirt­schaft.« Des­halb setzt sich die VVN-BdA für die mah­nen­de Kenn­zeich­nung des Ortes der Tagung der »Ruhr­la­de« im Janu­ar 1933 zur Durch­set­zung von Hit­lers Kanz­ler­schaft ein. Begrüßt wur­de die Schaf­fung des Mahn­mals auf der Kul­tur­in­sel im Phö­nix­see, das die Ver­bre­chen der Stahl­kon­zer­ne an den Zwangsarbeiter/​innen auf­zeigt (sie­he Ossietzky 7/​19).

Die Rol­le der öko­no­mi­schen Eli­ten in den Schick­sals­jah­ren 1932/​33 auf­zu­zei­gen, bedeu­tet, die Fra­ge zu beant­wor­ten: Wie konn­te es dazu kommen?

Der Kapi­ta­lis­mus muss nicht zum Faschis­mus füh­ren, aber – um ein Wort von Pri­mo Levi zum Holo­caust leicht abzu­wan­deln – bei uns ist es gesche­hen, und es kann wie­der gesche­hen. Heu­te geht es nicht um die Fest­stel­lung: Die Schwer­indu­strie setzt auf die Nazis. Es geht um dies: Die Rüstungs­in­du­strie setzt auf die größ­te Koali­ti­on, geführt vor allem von dem Olig­ar­chen und Black­Rock-Rüstungs­in­du­stri­el­len Fried­rich Merz, der vor allem die Inter­es­sen der US-Rüstungs­kon­zer­ne ver­tritt, aber auch jene der deut­schen wie Rheinmetall.

Wir erfuh­ren dies: Rhein­me­tall­chef Armin Pap­per­ger freut sich, dass die Zei­ten vor­bei sei­en, da man hier in Deutsch­land »in fast zwei Gene­ra­tio­nen ver­lernt habe, wehr­haft zu sein«. Das zitier­te die Süd­deut­sche Zei­tung am 28. April 2022 und fuhr fort: »Es mögen ziem­lich furcht­ba­re Zei­ten sein, aber für einen Her­stel­ler von Kriegs­ge­rä­ten und sei­ne Aktio­nä­re sind sie lukra­tiv. Der Kurs der Rhein­me­tall-Aktie lag am Vor­abend des Über­falls auf die Ukrai­ne zwi­schen 94 und 98 Euro. Heu­te kostet ein Papier 215 Euro.«