»Mit 85,5 Milliarden Euro nach Nato-Kriterien für das Militär hat die Bundesregierung für 2024 einen Haushalt aufgelegt, der alle historischen Dimensionen seit Bestehen der Bundesrepublik sprengt. Es sind die höchsten deutschen Militärausgaben seit 1945. Deutschland steigt damit zur ausgabenstärksten Militärmacht in Europa noch vor Russland auf. (…) Während die Beschäftigten in Deutschland vier Prozent an Reallohnverlusten zu erleiden haben – die höchsten Verluste seit Ende des Zweiten Weltkriegs –, explodieren mit 170 Milliarden Euro die Gewinne der Dax-Konzerne« (MdB Sevim Dagdelen (Die Linke) am 01.09. in Köln beim Friedensforum, dokumentiert von jW, 05.09.23).
Obwohl diese Regierung für die Herrschenden solch brutal klingende (Erfolgs-)Zahlen vorlegen kann, gibt sie den Beherrschten ein schlechtes Bild ab und ist angeblich zerstritten. Ab und zu trifft sie sich am Wochenende in Schloss Meseberg und beschließt dieses und jenes, das aber am nächsten Montag schon nicht mehr gilt, wenn Finanzminister Lindner es so will. Ob dieses Kindergartens gerät die Opposition gern in Zorn, denn ihr liebstes Kindergartenspiel ist die Hetze gegen »Asylanten«. Wer kann brutaler klingen? Das Original – die AfD – oder CDU/CSU/Freie Wähler in Bayern? Den Preis für Perfidie kann sich Herr Merz an den Gessler-Hut stecken: Er pumpt mal eben 54.000 ausreisepflichtige Asylbewerber zu 300.000 auf und lässt die alle beim Zahnarzt den Deutschen die Termine wegnehmen. Dagegen will Herr Söder nur eine »Integrationsgrenze«, weil, jetzt reicht es nämlich! Das klingt viel weniger brutal als die alte »Obergrenze« von Seehofers Gnaden. Und Herr Aiwanger hat gar nichts gemacht, denn er ist ein Menschenfreund, und die brutal klingenden Hetz-Flugblätter stammen von seinem Bruder, und jetzt muss aber mal genug sein, er hat doch genug gelitten! Er musste schließlich ein Referat halten, als die Flugblätter in seinem Ranzen entdeckt wurden! Man stelle sich vor, solch eine unmenschliche Bestrafung! Die Schülerin Christine Schanderl dagegen flog damals von der Schule, als sie 1980 einen »Stoppt Strauß«- Button trug – in Bayern! Das klingt ja auch viel zu brutal: »Stoppt Strauß«!
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen legt einen brutal klingenden Zehn-Punkte-Plan vor. »Möglichkeiten für eine Verstärkung von Marineeinsätzen« sollen geprüft werden, um Geflüchtete davon abzuhalten, in Europa an Land zu kommen. Illegale Einwanderung sei »eine europäische Herausforderung, die eine europäische Antwort erfordert« (jW 19.09.23). Und die Antwort heißt: Ermordung von Schiffbrüchigen. Und prompt gibt es christliche Schützenhilfe vom Staatspastor. »Inhuman klingende« bzw. »brutal klingende« Asyl-Politik fordert Ex-Präsident Gauck im ZDF. Es »klingt« also nur inhuman, bzw. brutal, wenn man fordert, Flüchtlinge in Seenot nicht zu retten, sondern ersaufen zu lassen. Es ist aber erlaubt für das große Ziel, die »gesellschaftliche Mehrheit« zu erreichen (ZDF heute-nachrichten 18.09.23).
Eine gesellschaftliche Mehrheit auf dem G20-Gipfel in Indien war angeblich zufrieden mit dessen Ergebnis – außer der Ukraine, deren Präsident nicht, wie gewünscht, per Video zugeschaltet war. Eine Verurteilung Russlands blieb aus, die territoriale Integrität aller Staaten wurde bekräftigt. Was die USA nicht daran hindern wird, China anzugreifen.
Die Ukraine ist auch nicht zufrieden mit dem Verhalten von Polen, Ungarn und der Slowakei, die trotz EU-Beschluss weiter keine ukrainischen Getreideimporte in ihre Länder ließen. Damit »bereiten sie Putin die Bühne«, meinte Präsident Selenskyj. Aber den polnischen Präsidenten Duda ließ dieser Vorwurf kalt. Er keilte zurück: Der Ertrinkende greife eben nach jedem Strohhalm, auch wenn dies den Retter mit in die Tiefe ziehe (jW 22.09.23). Wenn man diese Analogie wörtlich nimmt, ertrinkt die Ukraine gerade, während Polen sie (oder sich?) zu retten versucht.
Die Brandenburger sind jedenfalls gerettet: Sie dürfen weiterhin ihre Currywurst essen, die Landesgesundheitsministerin Nonnenmacher (GRÜNE) abschaffen wollte (MAZ 21.09.23). Zwar wollte Nonnenmacher nur, dass die Landesregierung Empfehlungen für eine gesunde, ausgewogene Ernährung abgibt, aber CDU, AfD und BILD machten daraus ein geplantes Verbot der Currywurst mit Pommes – ein Aufstand der adipösen Brandenburger hätte gedroht gegen eine solche brutal klingende Erziehungsmaßnahme!
Ich mache mir wirklich Sorgen über andere Ausfälle: Mit dem Zweiten sah man nichts mehr – am 14. September fiel das Internetangebot des ZDF komplett aus. Über Fernsehkanäle konnte gesendet werden, allerdings nicht überall. Erstaunlicherweise war der Schuldige mal nicht schnell gefunden – Putin hatte weder Rakete noch Giftspritze eingesetzt. Angeblich waren es die berühmt-berüchtigten ominösen »Bauarbeiter«, die brutal ein Glasfaser-Kabel angebaggert hätten. Wer’s glaubt! Noch mysteriöser finde ich die Störung des internen IT-Netzwerkes bei VW mit tagelangem Produktionsausfall bis in die USA (tagesschau.de 28.09.23). Hinweise auf externe Verursacher gebe es angeblich nicht. Noch bis vor kurzem war an jedem Hackerangriff Putin persönlich schuld. Weicht die brutal harte Linie etwa auf? Bereiten sich die Herrschenden bereits auf eine russische Übernahme vor? Oder mindestens eine georgische? Schließlich zeigt das neue CDU-Werbevideo den georgischen Präsidentenpalast statt der Reichstagskuppel (MAZ 21.09.23). Und – beinahe – nicht Merkel, wenn deren Fehlen nicht doch vorher noch bemerkt worden wäre. Merz hätte lieber nur Adenauer und Kohl vorkommen lassen. Dass er aber die Präsidentschaft Georgiens anstrebe, ist eine infame Unterstellung! Mit Geografie haben CDU-Prominente auch früher schon so ihre Schwierigkeiten gehabt. In seiner Zeit als CDU-Kultusminister in Stuttgart hat Gerhard Mayer-Vorfelder, bekannt unter dem Kürzel »MV«, in der Diskussion um Lehrpläne und Bildungsziele einmal geäußert: »Unsere Kinder sollen wieder lernen, dass der Neckar bei Heidelberg in den Rhein fließt!« Was allerdings die Lehrer nicht mitmachen wollten: Der Neckar fließt nämlich immer noch bei Mannheim in den Rhein. Und Tiflis ist nicht Berlin. Und CDU bedeutet Bildungskatastrophe. Um es mal so brutal zu sagen.