Erst wenige Wochen stellt die Partido Popular (PP) in Madrid das neue Stadtoberhaupt und regiert zusammen mit der rechts-neoliberalen Ciudadanos geduldet von der rechtsextremen VOX-Partei. Und schon dreht sich im Rathaus alles rückwärts. Der neue Bürgermeister José Luis Martínez Almeida Navasqüés ist sonntäglicher Kirchgänger und Spross einer alten spanischen Adelsfamilie. Er legte sofort die Axt an das von Manuela Carmena gestartete Prestigeprojekt »Madrid Central«. Für bessere Luft und weniger Lärm in der Stadt hatte sie seit November 2018 den motorisierten Verkehr aus der Innenstadt Madrids zurückgedrängt. In einem 472 Hektar großen Innenstadtgebiet Madrids durften seither nur noch Anlieger und Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs fahren. So sollten die Stickstoffdioxid-Emissionen, die die geltenden Grenzwerte deutlich überschritten, um 40 Prozent gesenkt werden. Nichtanwohner und Taxis benötigen eine Umweltplakette, um in das Gebiet zu fahren. Plaketten können nur Benzin- oder Dieselautos erhalten, die ab 2000 beziehungsweise 2006 zugelassen wurden. Wer ohne Erlaubnis in die Umweltzone fährt und dabei erwischt wird, muss seit März 2019 ein Bußgeld von 90 Euro zahlen.
Seit dem 1. Juli durften nun alle Autos wieder ins Zentrum fahren. Auch Abgasschleudern, obwohl belegt ist, dass sich die Luft seit Beginn des Projekts in Madrid verbessert hatte. Flankiert worden waren die »Madrid Central«-Maßnahmen von der Verbreiterung der Bürgersteige in der Calle Gran Via, dem Ausbau von Fahrradwegen, einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Kilometer pro Stunde und der Anpflanzung schattenspendender Bäume in der City.
Seit Jahren hatte die EU-Kommission Madrid wegen der schlechten Luftqualität immer wieder mit Strafen gedroht, da die Grenzwerte für Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid überschritten wurden. Nur wegen »Madrid Central« war die Stadt um Sanktionen herumgekommen.
Inzwischen hat ein Richter die Entscheidung des Bürgermeisters José Luis Martínez-Almeida, »Madrid Central« aufzuheben, vorläufig außer Kraft gesetzt. Der Richter ist der Ansicht, dass die Verkehrsberuhigung im Zentrum zu weniger Schadstoffemissionen führe. Der regierende Stadtrat hat angekündigt, gegen die richterliche Entscheidung Berufung einzulegen.