In Erinnerung an den Tag von Potsdam wurde am Ostermontag, der in diesem Jahr auf den 1. April fiel, die Kapelle im neu errichteten Turm der Potsdamer Garnisonkirche feierlich geweiht. Schon seit Tagen hing vor dem für die Skyline des preußischen »Militarismusses« unverzichtbaren Bauwerk, das nun wieder »steif-grenadierhaft« (Fontane) gen Himmel droht, ein Plakat mit der Botschaft: »Garnisonkirche bekennt Haltung«. Ein Schelm, wer dabei an Mädel und Jungs in Uniformen denkt. »Deutschland hat sich groß gehungert!« Die Botschaft der Oberin des Kaiserin-Augusta-Stifts, von Christa Winsloe in ihrem skandalumwitterten Standard-Werk über die Missstände der preußischen Sexual-Erziehung überliefert, soll bescheiden in den Sockel des neohistorischen Bauwerks eingraviert werden, gleich neben dem friedensreichen Ermunterungsmotto: »Hunde, wollt ihr ewig leben!«, das während aller preußisch-deutschen Kriegszüge wahre Auferstehungswunder bewirkt haben soll. Auf dem historischen Feld-Altar soll zur Freude der Bewohner künftig auch wieder das Blutopfer für Mars und Bellona zelebriert werden. Die Blech-Särge mit den Hohenzollern-Reliquien sollen wegen Platznot zunächst im preußischen Paradiesgarten verbleiben, wo aber für alle Fälle schon mal eine Kartoffelspendensammelstelle eingerichtet wurde.
Die Stadt und der Landkreis sind mit diesem einzigartigen architektonischen Ensemble, zu dem neben dem sinnlosesten Kirchturm der Welt auch das unter Denkmalschutz gestellte, zum Schweigen gebrachte militaristisch-revanchistische Glockenspiel auf der Plantage gehört, aussichtsreiche Anwärter für den Internationalen Schilda Award, der ihnen erlauben wird, zukünftig ihren Hoheitssymbolen die goldene Narrenkappe hinzuzufügen. Der rote Adler der Landeshymne soll gegen den schwarzen der Wetterfahne ersetzt werden, die Büchsenschütz-Hymne »Steige hoch …« gegen das traditionsreiche Hölty-Lied »Üb immer …« usw., das aber nicht mehr zu den Klängen der frivolen Mozart-Arie »Ein Mädchen oder Weibchen« intoniert werden soll, sondern je nach Anlass zu denen der Märsche »Deutschlands Waffenehre«, »Preußischer Zapfenstreich« und »Frei weg«, letzterer sei ausdrücklich keine Ermunterung für Deserteure! Es besteht die verschämte Absicht der obersten Heeresleitung der Kirche, nicht nur die historische Non-soli-cedit-Wetterfahne an der Potsdamer Spitze sich wieder nach dem Wind drehen zu lassen, sondern auch die jetzt noch nackt dastehenden Flanken des Langen Kerl-Turms wieder mit Trophäen zu schmücken, die Deutschland im nächsten Weltkrieg zu erobern hofft. Das Nagelkreuz, das auf dem historischen Feldaltar etwas deplatziert wirkt, soll von Paul Oestreicher, der es persönlich von Coventry nach Potsdam gebracht hat, wieder abgeholt werden. Das Rechenzentrum, das sich auch an diesem Tag wieder als Ort bunter Kreativität bewährte, soll dagegen abgerissen werden. Das alles ist kein Aprilscherz, sondern ein osterlachendes Halleluja und glorreiches Auferstehungsfest, gefeiert in Potsdam am Ostermontag, dem 1. April 2024, an dem sich der von den Nationalsozialisten unter dem Motto »Deutsche! Wehrt Euch!« angezettelte »Judenboykott« vom 1. April 1933 zum 91. Mal jährte. Bischof Christoph Stäblein gestand in seiner Predigt auf die Perikope »Macht ist geil«, dass an diesem Ort die Demokratie verraten und der Frieden mit Füßen getreten wurde. Dass nun alles anders sein soll, leuchtete manchen unbelehrbaren Potsdamern angesichts des originalgetreuen Wiederaufbaus offenbar trotz langjähriger Bildungsarbeit im Lernort Garnisonkirche nicht ein. Sie empfingen die Besucher des Gottesdienstes mit »Heuchler!«-Rufen und verteilten ein Schwarzbuch Garnisonkirche mit einer Gegenrede und passenden Zitaten zum Fest. Zum angestrebten Friedens-Dialog kam es unter diesen Umständen nicht.