Das deutsche Stadttheater ist gewiss dazu da, das platte Land mit Theaterkunst zu versorgen, als Kultur-Haus im besten Sinne. Gelegentlich aber darf es auch ein Scharnier sein für verschiedene Genres und Sparten. So gibt es am Theater Rudolstadt neben Technik und Werkstätten sowohl ein professionelles Schauspiel-ensemble als auch ein Sinfonieorchester. Der seit über zehn Jahren in der Kleinstadt mit dem großen Einzugsbereich als Intendant wirkende Steffen Mensching startet deshalb immer wieder Versuche, die Sparten in gemeinsamen Produktionen zu vereinen. Dazu versichert er sich nicht nur der Mitarbeit von aushäusigen Künstlern, sondern vor allem auch der des Chefdirigenten Oliver Weder und der seines Chefdramaturgen Michael Kliefert, Co-Autor und Co-Regisseur.
Die Produktion für das Jahr 2019 hat Wasser als Hinter- und Vordergrund für ein Lyrik-Musik-Programm mit den Streichern des Orchesters und den Musikern Karla Wenzel und Tobias Vethake. »Die Welt auf der Welle« lag zudem auf einem passenden Premierentermin. Genau vor 25 Jahren wurde die Region an der Saale von heftigen Hochwässern heimgesucht. Zudem baut man das blauweiße Große Haus, das nicht so gewaltig groß ist, seit zwei Jahren um – wegen Wasserschäden, die, passend, allerlei Fördermillionen in den Theaterhaushalt spülten.
In dieser Produktion liegt Rudolstadt weniger am Fluss als am Meer, auf großer Projektion zu sehen, hinter der die Musiker mal zu ahnen sind, mal deutlich agieren. Es tummeln sich Fische und Boote, es schäumt die Gischt und es dreht sich eine Schiffsschraube (Bühne: Manfred Kolb). Fünf Schauspieler sprechen und singen auf einem gestrandeten Container Texte von einem guten Dutzend Dichtern und Schriftstellern, ob es sich um Kunerts »Sintflut« oder Rolf Dieter Brinkmanns »Rolltreppen im August« handelt. Wie Johannes Geißer den altbekannten Theodor-Fontane-Hit von der Schwalbe, die übern Erie-See fliegt, interpretiert, das ist große Theaterkunst. Leider plätschern andere der Texte dahin, nicht immer gelingen überzeugende szenische Umsetzungen. Hingegen riss die Musik in der Orchesterfassung mit elektronischer Unterstützung den Rezensenten mit, ob es sich um Bach und Schostakowitsch oder Trenets »La mer« und David Bowies »Heroes« handelte. Zur Premiere gab es für diese Revue eine Welle der Sympathie von den Zuschauern.
Nächste Vorstellungen: 19. Mai 18 Uhr, 2. Juni 15 Uhr