Rund 80 Prozent der fossilen Energieträger, die sich jetzt noch unter der Erde befinden, müssen dort verbleiben, wenn die Klimaziele, zu denen sich fast alle Regierungen dieser Welt bekannt haben, erreicht werden sollen. Die Börsen und Unternehmenswert-Entwicklungen spiegeln diese Erkenntnis aber nicht wider. Nach wie vor investieren öffentliche Hände, Privatpersonen, Lebensversicherungen, Banken und andere Anleger vor allem dort, wo jenseits der Nullzins-Wüste Renditen winken. Das aber sind nach wie vor überwiegend Branchen, die davon leben, dass weiter Rohstoffe aus dem Boden geholt und verbrannt oder mit hohem Energie- und Arbeitsaufwand in Waren umgewandelt werden, die sich mit Profit auf den Märkten dieser Welt verkaufen lassen.
Das gilt global, aber auch regional. Die Nord/LB hat Ende November wie jedes Jahr eine Studie über die Entwicklung der größten und wertschöpfungsstärksten Unternehmen Niedersachsens vorgelegt. Unter den Top Ten der wirtschaftsstärksten Unternehmen dieses Landes finden sich mit VW, Conti und dem Autobatterieunternehmen Johnson Controls (Plätze eins, zwei und sechs) drei Unternehmen der Automobilindustrie – mit zusammen rund 80 Prozent der Wertschöpfungssumme der 50 größten Unternehmen überhaupt.
Zwar schiebt die Marketingabteilung von VW gegenwärtig die Forschungsinvestitionen in den Elektroantrieb nach vorne. Aber Tatsache ist: Gegenwärtig bedeutet industrielle Produktion in Niedersachsen – wie vergleichbar übrigens auch in Baden-Württemberg – vor allem Produktion von tonnenschweren Maschinen, mit denen Menschen und Waren durch Verbrennen von Öl von A nach B gebracht werden können: Kraftfahrzeuge eben und alles, was gebraucht wird, um sie am Laufen zu halten: Reifen, Batterien, Öl.
Wenn es stimmt, dass die Klimaveränderungen menschengemacht sind und nur eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf null innerhalb von zwei Jahrzehnten die Katastrophe mit ansteigenden Meeresspiegeln, Verwüstung bisher grüner Landstriche, in denen Hunderte von Millionen Menschen leben, noch abwenden kann, dann haben solche Unternehmen keine Perspektive mehr.
Kapitalistisch organisiert steuert dann die westliche Zivilisation Monat für Monat, Quartal für Quartal, in denen sich nichts grundlegend ändert, immer gnadenloser auf eine Wahl zwischen Pest und Cholera zu: Entweder es platzt die Illusion, die Klimaerhitzung noch abwenden zu können, oder es platzt die gegenwärtige Konjunkturblase, weil sich die Renditehoffnungen, die VW, Conti, Johnson Control und andere wecken, nicht realisieren lassen. Vielleicht platzt auch beides zugleich.