Am 4. Juli würdigte auf Seite 1 der FAZ der ehemalige Bundeswehrsoldat, Historiker und heutige Journalist Eckart Lohse den neuen deutschen Kriegsminister Boris Pistorius als »Chefmechaniker der Zeitenwende«. In Lohses Beitrag heißt es zu den Pistorius noch bevorstehenden Aufgaben weiter: »Er muss eine Gesellschaft, die erst jahrzehntelang an Frieden gewöhnt war und dann immerhin noch hoffen konnte, die Bundeswehr werde nur in weit entfernten Ländern kämpfen, damit vertraut machen, dass es eine neue Wirklichkeit gibt, die einer sehr alten Wirklichkeit wieder nahe kommen kann. Zwar hat die geschichtsbeladene Bundesrepublik mit der Beteiligung am Kosovokrieg die Rückkehr zum Militärischen eingeläutet und mit dem Afghanistan-Einsatz fortgesetzt. Doch was seit dem 24. Februar vorigen Jahres getan werden muss, ist von anderem Kaliber. Deutschland muss nicht nur der Ukraine helfen, sondern sich auf Panzerschlachten in seiner Nachbarschaft – Stichwort Baltikum – einrichten. Und es muss darauf vorbereitet sein, dass das im eigenen Land passiert.«
Der Mann weiß nicht nur, was er schreibt, sondern auch, wann er das geschrieben hat. Das Blatt mit der gruseligen Ankündigung von »Panzerschlachten … im eigenen Land« erschien auf die Stunde genau 80 Jahre nachdem am Kursker Bogen nicht unweit des Donbass die deutschen Truppen die erste sogenannte aktive Feindaufklärung begannen, um einen Tag später, am 5. Juli 1943, die letzte große Offensive der faschistischen Wehrmacht gegen die Rote Armee zu beginnen. Diese Schlacht am Kursker Bogen endete nach der Niederlage der deutschen Truppen 1941 vor Moskau und der Vernichtung der 6. Armee 1942 in Stalingrad mit einer weiteren, so schweren Niederlage, dass seit dem 15. Juli die Wehrmacht zu keiner größeren Offensive an der Ostfront mehr in der Lage war. In den dazwischen liegenden zehn Tagen kam es nahe des Ortes Prochorowka zu der bis heute schrecklichsten Panzerschlacht der Geschichte, die von allen damals Beteiligten als die Hölle auf Erden beschrieben wurde.
Auf so etwas »muss« sich Deutschland nach dem Willen seines wichtigsten Meinungsbildungsorgans wieder einstellen – nicht nur weit entfernt im Osten, sondern »im eigenen Land«. Wenn das kein Ruf nach einem erneuten reinigenden Stahlgewitter ist, das vor 1914 in rechtsintellektuellen Kreisen so beliebt war, was ist es dann?