Die Anwendung der deutschen Sprache war schon immer Gegenstand intensiver Auseinandersetzung. Vom Altmeister Goethe bis hin zum einstigen Literaturpapst und Preisverweigerer Marcel Reich-Ranicki haben sich viele Zeitgenossen dazu geäußert. Auch innerhalb der Familie bekam man als Kind oft mit auf den Weg gegeben, dass man auf seine Sprache achten, manche Begriffe aus vielerlei Gründen auch meiden soll. So haben manche Ausdrücke, die noch vor einem halben Jahrhundert als »nicht druckreif« galten oder nur mit Anfangsbuchstaben und drei Punkten angedeutet wurden, längst Eingang in den Sprachgebrauch, aber auch in den unserer Medienlandschaft gefunden. Die einen finden das abstoßend, andere sind der Auffassung, dies stelle eine Art Befreiung von Tabus dar. Darüber kann man vortrefflich streiten. Nicht streiten möchte ich allerdings über Begriffe, die in einer Zeit geprägt wurden, die sich als das dunkelste Kapitel des 20. Jahrhunderts in der deutschen Geschichte erwiesen hat. Wie selbstverständlich wird das Wort »nationalsozialistisch« oder abgekürzt NS noch heute immer wieder verwendet, wenn es um die Befassung mit Themen der Jahre 1933 – 1945 geht, selbst von Historikern. Umso mehr möchte ich in Erinnerung zu rufen, dass der Begriff von den Nazis selbst geprägt wurde und gewissermaßen deren eigene Schöpfung ist. Er diente der Verklärung der tatsächlichen Ziele nazistischen Ungeistes und sollte den Eindruck erwecken, als habe das Verhalten der Akteure des Nazistaates etwas mit Sozialismus zu tun. So verwundert es nicht, dass er auch in dem Namen ihrer Partei NSDAP enthalten ist. Im Vorfeld der im vergangenen Herbst in Thüringen durchgeführten Landtagswahl äußerte sich auch eine frühere Bundestagsabgeordnete, die dem Kreis der Bürgerrechtler zugerechnet wird, und sprach sich für eine Zusammenarbeit zwischen der CDU und der AfD aus. Allerdings warnte sie vor Höcke. Ein Leitartikel der stellvertretenden Chefredakteurin der Thüringischen Landeszeitung vom 16. Oktober 2019 trug als Unterüberschrift: »Sie lehnt nationale Sozialisten ab.« Eine solche Formulierung ist geeignet, bei dem einen oder anderen Leser den Eindruck zu erwecken, die AfD habe auch etwas mit Sozialismus zu tun. Hieran wird deutlich, wie notwendig es ist, sich von der Verwendung des irreführenden Begriffes zu verabschieden, egal ob es um alte oder neue Nazis geht. Diese Art Wortschöpfung trägt auch dazu bei, die Theorie von den »beiden deutschen Diktaturen« zu nähren. Faschismus sollte als das bezeichnet werden, was er ist. Bei Höcke hat das auch das Verwaltungsgericht Meiningen mit seiner Entscheidung vom 26. September 2019 (Az.: 2 E 1194/19 Me) so gesehen.
Als ich unlängst in einem Jugendstrafverfahren als Verteidiger auftrat, gab der ebenfalls im Gerichtssaal anwesende Vertreter des Jugendamtes an, er habe mit dem Angeklagten nicht im Vorfeld sprechen können, da dieser kurzfristig in eine andere Justizvollzugsanstalt »überstellt« worden sei. Auch dieser Begriff ist aus meiner Sicht negativ belegt. Wie zahlreichen zeitgenössischen Dokumenten zu entnehmen ist, wurden Menschen in Konzentrationslager wie Majdanek, Sobibor, Treblinka oder Auschwitz »überstellt«.