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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Naturfreunde auf der Bundesgartenschau 2019

Vom 17. April bis zum 6. Okto­ber 2019 fin­det in Heil­bronn die Bun­des­gar­ten­schau statt, auf der auch Umwelt­ver­bän­de wie die Natur­freun­de prä­sent sind. Sie zei­gen den Besu­chern, »wie sie ihren Gar­ten zu Hau­se natur­nah gestal­ten kön­nen«, ver­spricht der Pro­jekt­lei­ter des Gar­tens der Umwelt­ver­bän­de auf der BUGA und Umwelt­re­fe­rent der Natur­freun­de Baden und Würt­tem­berg Alex­an­der Haber­mei­er im Heft 1/​2019 der Zeit­schrift Natur­freun­dIn. Ein hüb­sches Pro­jekt, aber wenn das alles ist, was die Natur­freun­de the­ma­ti­sie­ren, dann ver­tun sie eine gro­ße Chan­ce, um über Miss­stän­de auf­zu­klä­ren und für ihre Zie­le in den Berei­chen Frie­dens­si­che­rung und Umwelt­schutz zu werben.

Not­wen­di­ge Erin­ne­rung: Auf dem Heil­bron­ner Stadt­ge­biet waren Pers­hings sta­tio­niert, die erst Ende des 20. Jahr­hun­derts abge­zo­gen wur­den, nach­dem es im Janu­ar 1985 zu einem ver­hee­ren­den Unfall gekom­men war, bei dem drei Tote und 16 Schwer­ver­letz­te zu bekla­gen waren und die Regi­on nur knapp an einer Plu­to­ni­um-Ver­strah­lung vor­bei­schramm­te. Da die Poli­tik gegen­wär­tig wie­der auf einen Kal­ten Krieg zusteu­ert, ist es drin­gend not­wen­dig, die Gefah­ren einer ato­ma­ren Auf­rü­stung auf­zu­zei­gen. Die For­de­rung muss lau­ten: In Deutsch­land dür­fen nie wie­der Atom­ra­ke­ten auf­ge­stellt wer­den, schon gar nicht auf dem rena­tu­rier­ten Gebiet der Heil­bron­ner Waldheide.

Es wür­de zudem den Natur­freun­den gut zu Gesicht ste­hen, dar­auf zu ver­wei­sen, dass im Unter­grund der Regi­on Heil­bronn in den Kam­mern des Salz­berg­werks »Son­der­müll« ver­gra­ben wird. In der Umwelt­po­li­tik gehört der Bereich der Ent­sor­gung zu den drin­gend­sten Pro­ble­men der Gegen­wart. Denn nicht nur die Besei­ti­gung der nuklea­ren Brenn­stä­be aus Atom­kraft­wer­ken, son­dern auch die Ein­la­ge­rung von Abfäl­len, die mit Queck­sil­ber, Arsen, Cad­mi­um, Cya­ni­den und Dioxi­nen ange­rei­chert sind, stellt eine gro­ße Gefahr dar. Seit das Lan­des­berg­bau­amt Baden-Würt­tem­berg im Jahr 1984 dem Salz­berg­werk Heil­bronn-Kochen­dorf die Geneh­mi­gung erteilt hat, wird in den Stol­len jähr­lich eine Mil­li­on Ton­nen »Son­der­müll« ein­ge­la­gert, so dass die Unter­ta­ge­de­po­nie der Süd­west­deut­schen Salz­wer­ke AG (SWS AG) inzwi­schen einer der »gif­tig­sten Orte« in Deutsch­land ist. Von den cir­ca 500 ver­schie­de­nen Müll­stof­fen, die aus meh­re­ren euro­päi­schen Län­dern impor­tiert und unter ande­rem unter dem Wohn­ge­biet der Heil­bron­ner Stadt­tei­le Neckar­gartach und Fran­ken­bach ein­ge­la­gert wer­den, sind 200 hochgiftig.

Obwohl in Kam­mern, in denen Big Bags mit Son­der­müll lagern, ver­schie­dent­lich bereits Was­ser­ein­brü­che sowie 2013 und auch 2014 gra­vie­ren­de Gesteins­ab­brü­che ent­deckt wur­den, leug­nen die zustän­di­gen Behör­den die Gefahr, die für die Bevöl­ke­rung besteht. Nach Mei­nung von Sach­ver­stän­di­gen wie dem Schwei­zer Geo­lo­gen Mar­cos Buser ist es ein gra­vie­ren­der Feh­ler, ein Berg­werk mit Son­der­ab­fall zu ver­fül­len und die Abfäl­le auf die­se Wei­se der Zukunft zu über­las­sen, »vor allem in dicht besie­del­ten Gebie­ten«. Buser, der seit mehr als vier­zig Jah­ren auf dem Gebiet der Kern­ener­gie und der Ent­sor­gung che­mo­to­xi­scher Son­der­ab­fäl­le tätig ist, pro­gno­sti­ziert im Hin­blick auf Salz­berg­wer­ke: »Die sau­fen irgend­wann alle ab.« (jun­ge Welt vom 9.11.2013) Anhand der Gefah­ren, die von der Gift­müll­de­po­nie des Heil­bron­ner Salz­berg­werks aus­ge­hen, muss die Not­wen­dig­keit eines Umden­kens in der Abfall­po­li­tik auf­ge­zeigt wer­den. Die Ein­la­ge­run­gen von Gift­stof­fen in ein Salz­berg­werk ist für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen ein Erbe von töd­li­cher Bri­sanz. Die Stof­fe müs­sen daher nicht nur streng kon­trol­liert, son­dern es muss für die Unter­ta­ge­de­po­nie Heil­bronn-Kochen­dorf im Rah­men einer nach­hal­ti­gen Abfall­wirt­schaft ein gesamt­heit­li­ches Kon­zept ent­wickelt wer­den. Die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung hat Prio­ri­tät, nicht der Pro­fit, den das Salz­berg­werk mit den Gift­müll-ein­la­ge­run­gen erzielt. Da die SWS AG jeweils zur Hälf­te der Stadt Heil­bronn und dem Land Baden-Würt­tem­berg gehört und bei­de bei den Aktio­närs­ver­samm­lun­gen immer Gewin­ne ein­fah­ren, jubeln die Gre­mi­en und seg­nen die Depo­nie­rung des Son­der­mülls ab. Gefah­ren wer­den ver­schwie­gen und die Zeit­bom­be, die durch die Ein­la­ge­run­gen tickt, wird geleug­net. Im Gegen­teil: Der baden-würt­tem­ber­gi­sche (grü­ne!) Umwelt­mi­ni­ster Franz Unter­stel­ler hat 2018 den Vor­stand der SWS AG sogar auf­ge­for­dert, die Ver­län­ge­rung und Erwei­te­rung des aus­lau­fen­den Ver­trags zur Müll­ent­sor­gung in der Unter­ta­ge­de­po­nie zu beantragen.

Schließ­lich sei noch dar­auf ver­wie­sen, dass das Atom­kraft­werk Neckar­west­heim in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zu Heil­bronn liegt. Und dort­hin wur­den auf Anwei­sung des besag­ten Umwelt­mi­ni­sters im Jahr 2018 über den Neckar mit Schif­fen die Brenn­stä­be aus dem still­ge­leg­ten AKW Obrig­heim geschleppt. Sie wur­den in einem »Zwi­schen­la­ger« auf Nim­mer­wie­der­se­hen »ent­sorgt«.

Zurück zum Heil­bron­ner Stadt­ge­biet: Dort gibt es ein idyl­lisch am Neckar lie­gen­des Koh­le­kraft­werk. Das wird jeder Bun­des­gar­ten­schau-Besu­cher sehen, wenn er einen Blick über den Zaun wirft, und er wird es näher ken­nen­ler­nen, wenn er die mit Stick­oxi­den und Koh­le­stäu­ben bela­ste­te Heil­bron­ner Luft ein­at­met. Über die Umwelt­be­la­stun­gen, die von dem EnBW-Koh­le­kraft­werk aus­ge­hen, wird ihn ver­mut­lich nie­mand infor­mie­ren, weder der NABU noch der BUND und auch nicht die Natur­freun­de, denn die­se sind ja mit dem The­ma »Urban Gar­dening« (gärt­ne­ri­sche Nut­zung städ­ti­scher Flä­chen) voll ausgelastet.