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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Mumia Abu-Jamal zum Gaza-Krieg

Obwohl sich der Gesund­heits­zu­stand des seit 42 Jah­ren wegen nie schlüs­sig bewie­se­nem Poli­zi­sten­mord gefan­gen gehal­te­nen Bür­ger­recht­lers Mumia Abu-Jamal rapi­de ver­schlech­tert hat, konn­te er mit Hil­fe des Pri­son-Radio – wie seit 25 Jah­ren – auch der dies­jäh­ri­gen Rosa-Luxem­burg-Kon­fe­renz der jun­gen Welt am 13. Janu­ar eine Gruß­bot­schaft sen­den. Sein The­ma war der »kolo­nia­le« Krieg, den Isra­el »gegen eine im Grun­de unbe­waff­ne­te Bevöl­ke­rung« füh­re: Gaza. Isra­el habe »die höchst­ent­wickel­ten Waf­fen ein­schließ­lich Kampf­flug­zeu­gen« wäh­rend die ande­re Sei­te zwar Rake­ten habe, von denen aber über 90 Pro­zent von Isra­els »Iron Dome« sicher zer­stört wer­den. Die­ser Krieg erin­ne­re an die Krie­ge der USA gegen den Irak und Afgha­ni­stan, die zwar »Bil­lio­nen von Dol­lars aus dem US-Haus­halt ver­brann­ten«, aber »kaum eines der Zie­le der USA« erreich­ten. Es gäbe also »eine Gren­ze für mili­tä­ri­sche Macht«. Aber sowohl der Irak-Krieg als auch der Afgha­ni­stan­krieg hät­ten »zwei zer­schmet­ter­te Gesell­schaf­ten« hin­ter­las­sen. Dar­aus ergibt sich, so Abu-Jamal, nur eine Schluss­fol­ge­rung: Die welt­wei­ten Anti­kriegs­pro­te­ste müss­ten noch viel ent­schie­de­ner werden.

Eine gute Woche spä­ter sand­te er einer New Yor­ker Kon­fe­renz zum 100. Todes­tag Lenins, die von der Workers­World­Par­ty ver­an­stal­tet wur­de, eine Bot­schaft. Weil Lenin dem west­li­chen Publi­kum nur noch als angeb­li­cher Begrün­der des sowje­ti­schen Tota­li­ta­ris­mus bekannt ist, sei hier dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er sich als erster Staats­grün­der der Geschich­te vor allem dem ent­schie­de­nen Kampf gegen Ras­sis­mus und Kolo­nia­lis­mus ver­schrie­ben hat­te. Auf der Lenin-Kon­fe­renz sprach Abu-Jamal erneut über den israe­li­schen Krieg »der Sied­ler­ko­lo­ni­sa­to­ren gegen die Besetz­ten und Unter­drück­ten«. Der Begriff des Geno­zids sei gebo­ten, »wenn wir Tau­sen­de von Kin­dern vor unse­ren Augen ster­ben sehen, wenn wir sehen, wie alle Häu­ser des klei­nen Ghet­tos von Gaza zer­stört wer­den, wenn wir sehen, wie Frau­en, Kin­der und alte Män­ner von groß­ka­li­bri­gen Bom­ben getö­tet wer­den, wenn wir sehen, dass in drei Wochen mehr Bom­ben fal­len als im gesam­ten Vietnamkrieg«.

Nach krank­heits­be­ding­ten Pau­sen erschien Anfang Febru­ar auch wie­der eine Kolum­ne Abu-Jamals in der jun­gen Welt, in der er aus dem Buch »Necro­po­li­tics« des Kame­ru­ner Histo­ri­kers Achil­le Mbem­be Abschnit­te zitier­te, die den israe­li­schen Sied­ler­ko­lo­nia­lis­mus als fort­schrei­ten­de Apart­heid defi­nie­ren: Zuerst gin­ge es um Sepa­ra­ti­on derer, die aus­ge­schlos­sen wer­den sol­len, dann um die Schaf­fung einer Enkla­ve und schließ­lich um ihre Ver­nich­tung. Aller­dings han­de­le es sich um eine ande­re Form der Apart­heid als die süd­afri­ka­ni­sche. Dort »brauch­te das System afri­ka­ni­sche Arbeits­kraft, um sei­nen Reich­tum auf­zu­bau­en. Isra­el braucht kei­ne palä­sti­nen­si­schen Arbeits­kräf­te. Es trach­tet vor allem nach der Inbe­sitz­nah­me palä­sti­nen­si­schen Lan­des. Das macht die Men­schen über­flüs­sig und bringt sie in eine schlech­te­re und schwä­che­re Position.«

Es ist bewun­derns­wert, wie gründ­lich sich der schon lan­ge vom nor­ma­len Leben abge­schnit­te­ne Abu-Jamal immer noch zu infor­mie­ren weiß und mit welch prä­zi­ser Radi­ka­li­tät er die aktu­el­len poli­ti­schen Kri­sen­sze­na­ri­en kommentiert.

Die Haft­an­stalt ver­wei­gert ihm seit drei Jah­ren die Befol­gung der medi­zi­ni­schen Emp­feh­lun­gen, die ihm 2021 nach einer dop­pel­ten Bypass-Ope­ra­ti­on am Her­zen ärzt­lich ver­schrie­ben wor­den waren: Der Pati­ent benö­ti­ge täg­lich Bewe­gung und eine aus reich­lich Obst, Gemü­se und Voll­korn­pro­duk­ten bestehen­de Diät. Weder die rich­ti­ge Ernäh­rung noch die Mög­lich­keit, sich aus­rei­chend zu bewe­gen, wur­den Abu-Jamal gewährt. Der Gefäng­nis­hof bleibt oft geschlos­sen. Und nur als Schi­ka­ne zu erklä­ren ist, dass ihm selbst das Lau­fen im Tages­raum unter­sagt wur­de. Das Herz und das Immun­sy­stem des Ein­ge­ker­ker­ten sind stark geschwächt.

Trotz zahl­rei­cher, zum Teil von der Justiz sogar aner­kann­ter Bewei­se für die man­geln­de Rechts­staat­lich­keit der Pro­zes­se, die gegen den pro­fi­lier­ten und cha­ris­ma­ti­schen Radio­jour­na­li­sten geführt wur­den, hat die Staats­an­walt­schaft von Penn­syl­va­nia den Weg zu einem neu­en Ver­fah­ren so stark ver­baut, dass Mumia Abu-Jamal bald in Gefan­gen­schaft ster­ben könn­te. Aus die­sem Grund ruft die Unter­stüt­zer­be­we­gung welt­weit dazu auf, die Gefäng­nis­ver­wal­tung zu ermah­nen, sei­ne Haft­be­din­gun­gen ent­spre­chend den ärzt­li­chen Anord­nun­gen zu ver­än­dern und die Anstren­gun­gen für die unver­züg­li­che Frei­las­sung die­ses poli­ti­schen Gefan­ge­nen zu intensivieren.

Schrei­ben Sie per Post an Super­in­ten­dent Ber­na­dette Mason, SCI Maha­noy, A Dept of Cor­rec­tions, 301 Grey Line Dri­ve, Frack­ville, PA 17931, USA. Oder per e-mail: bmason@pa.gov.