»Militärisch und völkerrechtlich spricht nichts dagegen, die Ukraine mit Streumunition zu beliefern. Das Problem ist wieder einmal das moralisch überhöhte Selbstbild des Westens«, schrieb Nikolas Busse in der FAZ vom 8. Juli 2023 (zitiert nach: jW 11.08.23) Dieses moralisch überhöhte Selbstbild hat Risse bekommen. Man möchte es am liebsten nicht wahrhaben und berichtet so wenig und so beiläufig wie möglich über das Treffen der BRICS-Staaten in Südafrika im August und seine Ergebnisse. Die fünf bevölkerungsreichsten Staaten der Erde: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika nehmen sechs weitere Staaten in ihr Bündnis auf: Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die FAZ schreibt am 25.08.: »USA und Deutschland sehen keine großen Veränderungen.« Die BILD allerdings warnt, dass eine »dramatische Ausweitung unserer ›Gegenwelt‹« beschlossen wurde und fragt: »Wie gefährlich wird dieser Tyrannen-Block für uns?» (bild-online, 27.08.23)
Der »Tyrannen-Block« verfügt immerhin über 80 Prozent des gehandelten Roh-Öls. Wenn die nicht mehr in Dollar den Besitzer wechseln, sondern in den Landeswährungen der beteiligten Länder, hört eine Quelle des Reichtums der USA tatsächlich auf zu sprudeln. Und das soll ja erst der Anfang sein. Weitere 40 Staaten haben Interesse angemeldet, dem Bündnis beizutreten.
Während die Aussichten im wertefreien Westen immer schlechter werden. Wunderkind und Investmentbanker Michael Burry wettete jetzt 1,6 Milliarden US-Dollar auf den baldigen Crash der Wall Street (jW 17.08.23) Man kann also sogar Gewinn aus dem Zusammenbruch der Börse ziehen – perverser geht es kaum noch. Die Ratten versuchen, das sinkende Schiff noch vor dem Verlassen auszuschlachten. Auch Deutschlands Wirtschaftsbosse üben sich in Pessimismus: Deutschland befände sich wirtschaftlich auf der Verliererstraße, besonders im internationalen Vergleich, meinte der Boss des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), sekundierte: »Wenn wir eine der führenden Industrienationen bleiben wollen, müssen wir an vielen Stellschrauben drehen.« Der dritte im Trio, der Chef des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, betonte, es bestehe ein großer Handlungsdruck, um nicht in eine tiefe Krise hineinzusteuern (jW 02.08.23). Wenn sogar unsere parodierende Außenministerin(*) zugeben muss, dass die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland nicht greifen, die sie »rational« nennt, dann wird es vollends irrational: »Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen«, meint sie im Spiegel-Interview (spiegel-online 24.08.23). Mit rationalen Maßnahmen sei der Krieg nicht zu beenden, meint die Ministerin weiter. Ja, warum fordert Deutschland dann nicht mal ganz irrational Friedensverhandlungen? Und stellt die Waffenlieferungen an ein Regime ein, dessen Korruptionssumpf zwar bei uns kein Thema ist, wohl aber in den USA? Geflissentlich ignorieren unsere Medien bis jetzt die Ergebnisse des Ausschusses des US-Repräsentantenhauses über die Machenschaften des Präsidentensohns Hunter Biden mit dem ukrainischen Energiekonzern Burisma (jW 11.08.23). Um das moralisch überhöhte Selbstbild des Westens nicht zu gefährden?
(*) Das Auswärtige Amt hat durchgesetzt, dass der Account @baerbockpress sich zukünftig »Außenministerin Parody Annalena Baerbock« nennen muss. Denn die dort veröffentlichten Parodien seien dem Original so ähnlich, dass sie nicht ohne weiteres als Parodien erkennbar seien (jW 08.08.23). Vielleicht gehört diese Begründung der Diplomaten ja zu der neuen, von der Ministerin gewünschten Haltung: Schluss mit diplomatischer Zurückhaltung: Die deutschen Botschafterinnen und Botschafter sollen öffentlich viel stärker in Erscheinung treten, in sozialen Medien und Interviews (spiegel-online 27.08.23).