Während die ukrainische Armee von Sieg zu Sieg eilt (jedenfalls in den deutschen Medien), ist der Krieg in der Ukraine irgendwie fast verschwunden aus unseren Nachrichten. Dort ist ja immer nur Platz für einen Krieg auf einmal, wie Friedrich Küppersbusch in einem seiner spitzzüngigen und scharfsinnigen Kommentare sagte (@küppersbuch.TV). Bilder von zerstörten Häusern und verzweifelten Menschen liefert das Fernsehen jetzt aus Palästina. In einer selbstmörderischen Verzweiflungstat hat die Hamas den Heiligen Krieg ins Heilige Land getragen. Der israelische Geheimdienst wusste von nichts – oder wollte von nichts wissen, denn der Regierung Netanjahus war der Zeitpunkt gerade recht: Kriegszeiten sind keine Zeiten für Demonstrationen gegen eklatante Rechtsverletzungen der eigenen Regierung. Und diese Demonstrationen nahmen in Israel immer mehr überhand – sogar Reservisten erklärten, für diese Regierung mit ihren Rechtsverletzungen nicht mehr der Einberufung Folge zu leisten.
Israel sei in Gefahr, tönt es jetzt aus den westlichen Propagandatröten. Der bestgerüstete Staat der Welt, im festen Bund mit den USA, ist in Gefahr durch eine Handvoll Terroristen, denen es gelungen ist, die zugemauerte Grenze zwischen Gaza und Israel zu überwinden und mit Mord und Geiselnahme die Welt zu erschrecken? Allerdings erschrickt die Welt jetzt auch vor den Israelis: Der israelische Verteidigungsminister verkündete: »Ich habe eine vollständige Belagerung des Gazastreifens angeordnet. Es gibt keinen Strom, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff, alles ist geschlossen (…). Wir kämpfen gegen menschliche Tiere, und wir handeln entsprechend« (jW, 10.10.23).
Da bemühte sich dann sogar Präsident Biden, mäßigend einzugreifen. Aber eine Verurteilung des UN-Sicherheitsrats muss Israel wegen seiner Kriegsverbrechen nicht fürchten. Dagegen steht das Veto der USA. Und 80 Millionen Bundesdeutsche, denn Außenministerin Baerbock erklärte uns kurzerhand alle zu Israelis (jW, 14.10.23).
Bei uns wird in bereits gewohnter Weise öffentlich-rechtlich gehetzt gegen UN-Generalsekretär Guterres, der den Überfall der Hamas nicht im luftleeren Raum sah. Ganz schlimm! Da könnte man ja auch auf den Gedanken kommen, auch der Krieg in der Ukraine könnte irgendwelche Ursachen haben. Außer Putins Geburtstag am 07. Oktober. Einen Zusammenhang zwischen dem und der Aktion der Hamas legte jedenfalls Marie-Agnes Strack-Zimmermann im zdf-Interview nahe. Ganz im Stil von Verschwörungstheoretikern raunte sie: »Das sind alles keine Zufälle« (jW, 28./29.10.23).
Dass der neue EU-Kommissar für Klimapolitik, Wopke Hoekstra, vor seiner Arbeit als niederländischer Finanz- und Außenminister für den Ölkonzern Shell und die Unternehmensberatung McKinsey tätig war, ist natürlich auch kein Zufall. Und dass der deutsche Umweltminister Cem Özdemir sich bei der Abstimmung zur weiteren Zulassung von Glyphosat nur enthalten hat, ist natürlich auch kein Zufall. Der tapfere Kämpfer für Artenvielfalt und gegen das Bienensterben war das ja auch nur vor Eintritt in die Bundesregierung, die als solche natürlich den Konzern Bayer/Monsanto schützen muss, damit der weitere 10 Jahre die europäische Umwelt vergiften kann. Die Zulassung für das Gift würde ohne eine Verlängerung Mitte Dezember 2023 auslaufen, und wenn die Bundesregierung sich weiter nur enthält, wird bei der zweiten Abstimmung im November vielleicht keine Ablehnung mehr herauskommen (jW, 14./15.10.23).
Während die Böden mit Glyphosat unkraut- und ungezieferfrei gespritzt werden, sind französische Bürger nicht mehr sicher vor Bettwanzen, die sich in den letzten Jahren in ihren Wohnungen, in Schulen, Kinos und Zügen ausbreiteten. Die Fraktionsvorsitzende der linken Partei »La France insoumise« (LFI), Mathilde Panot, hatte bereits 2017 die Regierung von Präsident Emmanuel Macron vor der Verbreitung von Bettwanzen gewarnt. »Damals gab es nachweislich 200.000 befallene Orte«, erklärte die Politikerin gegenüber jW (jW, 06.10.23). Die Regierung ignorierte ihre Warnung. Inzwischen dürften weit mehr als zwei Millionen Haushalte betroffen sein, rechneten Experten nun kürzlich vor.
Panot betont, dass Bettwanzen vor allem für arme Haushalte ein Problem sind. Im Schnitt seien 1.249 Euro nötig, um das Ungeziefer loszuwerden. Weil viele Vermieter sich weigerten, die Kosten zu übernehmen, würde oft auf chemische Mittel zurückgegriffen, die in großen Supermärkten frei erhältlich sind. »Ein sehr profitables und völlig dereguliertes Geschäft, obwohl diese giftigen Produkte nicht ohne Folgen für die Gesundheit und die Umwelt sind und 90 Prozent der Wanzen eine Resistenz gegen diese Art von Produkten entwickelt haben«, erklärte die LFI-Abgeordnete gegenüber jW. Da Bettwanzen vor Grenzen nicht haltmachen werden, egal, wie viele Obergrenzen noch verkündet werden, wird diese Plage sicher früher oder später auch Deutschland heimsuchen. Wahrscheinlich zu Putins Geburtstag.
Zum 69. Geburtstag des damaligen Innenministers Seehofer (CSU) wurden 2018 69 Geflüchtete abgeschoben (spiegel-online, 10.07.2018). Das reicht ja nun nicht mehr, um die »Kontrolle« wieder zu erlangen. Denn – völlig überraschend – die Zahl der Geflüchteten steigt und steigt und steigt. Was immer wieder von Organisationen wie Oxfam oder der UN-Flüchtlingshilfe vorausgesagt wurde, trifft wie erwartet ein. Und wohin sollen nun die Bewohner des Gaza-Streifens flüchten, die von den Israelis aufgefordert werden, ihre Heimat zu verlassen? Vielleicht nach Berg-Karabach, da ist gerade was frei geworden. Nicht an Putins Geburtstag.