Neulich im Fernsehen: »Meine Hand ist weiterhin ausgestreckt«, sagte Björn Höcke zu CDU-Mann Voigt im Rededuell bei WELT-TV. Ja, nach rechts oben. Gemeinsam mit der CDU wolle er eine »bürgerlich-konservative-patriotische Wende« vollbringen. Da aber (noch) keine Millionen hinter ihm stehen wie auf der berühmten Hitler-Karikatur von John Heartfield, ist noch nicht sicher, ob er die Avancen an die CDU von vorne oder von hinten machen muss. Kreide gefressen hat er im Fernsehen schon mal ein wenig, und auch die »Remigration« umdefiniert: Deutsche Arbeiter sollen aus dem Ausland zurückgeholt werden. Während CDU-Landesvorsitzender Voigt nur zu bemängeln hatte, dass der Wessi Höcke gar nicht richtig thüringisch sprechen könne: Er habe »Mett« gesagt statt »Gehacktes», wie landesüblich. Ich denke mal, dem Fleisch ist es egal, wie es genannt wird, und nur die allerdümmsten Kälber wählen bekanntlich ihre Metzger selber, von denen sie sich zu Mett machen lassen bzw. in Thüringen zu Gehacktem.
Ein neues (Alb-)Traumpaar auf internationalem Parkett sind Israel und der Iran. Auf der einen Seite ein religiös-fundamentalistischer Staat, der 3000 Jahre alte Märchen für Katastereinträge hält und ungläubige Einwohner als Terroristen vernichtet, und auf der anderen Seite der Iran, auf dessen Vernunft zu hoffen das Einzige ist, was einem übrig bleibt. Während sich Deutschland in eine philosemitische Geisteswüste verwandelt, in der es polizeilich verboten ist, vor dem Reichstag auf Hebräisch Reden zu halten. Nein, das ist kein Gesetz aus brauner Vorzeit, sondern eine Mitte April erlassene Auflage der Berliner Polizei nach dem »Versammlungsfreiheitsgesetz« (jW, 23.04.24). Schließlich muss die Polizei verstehen können, was gesagt wird, um antisemitische Hetze verfolgen zu können. Auch auf Hebräisch. Denn wer Jude ist, bestimmen wir! Ja, hat denn die AfD schon die Macht übernommen? Muss sie doch gar nicht mehr: In der EU bzw. an ihren Grenzen herrschen ja jetzt »verbindliche Regeln mit Humanität und Ordnung«, wie Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) auf X schrieb. Schnellverfahren der Ablehnung und Inhaftierung. Und in der BRD braucht die AfD nur noch mit »Ja« zu stimmen: Die Bezahlkarte für Asylbewerber z. B. ist eingeführt mit den Stimmen von AfD und BSW. Und gegen jede Vernunft. Dagegen argumentiert sogar die »Gewerkschaft der Polizei«, bestimmt keiner Ausländerfreundlichkeit verdächtig. Der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke erklärte: Betroffene stehen unter dem sozialen und finanziellen Druck, ihre Angehörigen im Ausland zu unterstützen. Diese Drucksituation verschwinde nicht mit der Bezahlkarte. Mehr noch: Wird das Überweisen von Geld verunmöglicht, könnten unbeglichene Forderungen von »Schleppern« sich auch auf die Sicherheit der Verwandten in den Herkunftsländern auswirken. Kopelke warnte explizit auch davor, Barzahlungen an Asylsuchende zu gering zu bemessen. Dann bestehe das Risiko, dass Geflüchtete versuchen werden, »sich das nötige Geld über kriminelle Machenschaften zu besorgen« (jW, 13./14.04.24). Verbote erzeugen Kriminalität, aber auf die wollen manche einfach nicht verzichten. Z.B. beim Cannabis-Konsum. Das ist auf Bahnhöfen verboten! Und bei Volksfesten auch! Zuwiderhandlung bestraft die Polizei.
Nur nicht bei Steuerhinterziehung. Im vergangenen Jahr wurde viel darüber berichtet, wie Cum-ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker ausgebremst wird. Nun hat sie hingeschmissen. Die Oberstaatsanwältin habe um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Köln am Montag. Zu den Gründen äußerte sich die Behörde zwar nicht, dafür Brorhilker selbst im WDR: »Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. (…) Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.« Künftig will sie Finanzkriminelle als Geschäftsführerin der NGO »Finanzwende« jagen. (jW, 23.04.24). Privatisierung von behördlichen Aufgaben kann auch so aussehen!
Der Staat hat ja Besseres zu tun: Kriegstüchtig werden! Und Arbeitsgruppen bilden. Laut SIPRI-Bericht (jW, 23.04.024) ist die BRD, was Rüstungsausgaben betrifft, mit 66,8 Millionen Dollar an siebter Stelle weltweit und an dritter Stelle der westlichen Staaten. Da hat man natürlich bei anderen Aufgaben nur noch die billigste Lösung: Arbeitsgruppen bilden. So wie es der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Michael Kellner, macht, wenn der Stadt Oranienburg bei Berlin der Strom knapp wird. Die »Versorgungsmöglichkeiten« seien »ausgeschöpft«, teilte Peter Grabowsky, Geschäftsführer der Stadtwerke, am 17.04.24 mit. »Um das Stromnetz in Oranienburg weiter stabil zu halten, können die Stadtwerke ab sofort keine Neuanmeldungen oder Leistungserhöhungen von Hausanschlüssen mehr genehmigen.« Das betreffe auch Wärmepumpen, Autoladesäulen, Gewerbe- und Industrieflächen. Das neue Umspannwerk, das das Übel beseitigen soll, wird erst 2026 fertiggestellt sein. Aber keine Bange: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Umwelt nannte die Stromsperre »inakzeptabel« und verkündete eine Sofortmaßnahme: die Gründung einer »Arbeitsgruppe« zur Untersuchung des Ärgernisses im Oberhavelkreis (jW, 18.04.24).
Und dann wundert man sich, wenn die Kälber sich von anderen Metzgern zu Gehacktem verarbeiten lassen wollen?