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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Monatsrückblick: Ehrenwerte Männer

»Lasst es uns pro­bie­ren«, sagt ein Gene­ral zum ande­ren. »Es«? Das ist die Zer­stö­rung der Kertsch-Brücke auf die Krim durch deut­sche Tau­rus-Rake­ten­sy­ste­me. Was ein Kriegs­ver­bre­chen wäre und eine direk­te Kriegs­er­klä­rung an Russ­land, die die­ses nicht unbe­ant­wor­tet las­sen kann. Und die Rus­sen wür­den nicht nur pro­bie­ren! Was bei dem Gespräch der Gene­rä­le, mit­ge­hört und ver­öf­fent­licht von Russ­land, auch noch klar wird: Ob die Ukrai­ner wis­sen, wo die rus­si­schen Luft­ver­tei­di­gungs­sy­ste­me sta­tio­niert sind, ist den Gene­rä­len unklar, und mehr als 50 Tau­rus-Rake­ten kön­nen auch nicht gelie­fert wer­den, ohne Deutsch­land zu ent­waff­nen. Ein wenig beru­hi­gend ist dann zu erfah­ren, dass eine Zer­stö­rung der Brücke gleich eini­ge Rake­ten erfor­dern wür­de, ähn­lich einem Flug­platz. Wir sind also noch nicht ganz im Abgrund, aber immer­hin einen Schritt wei­ter (jW, 04.03.24). Aber nicht das erregt die deut­sche Öffent­lich­keit. Nein, »Russ­land bla­miert die Bun­des­wehr!« (MAZ, 04.03.24) barmt das Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­lands. Die Gene­rä­le waren zu unvor­sich­tig und haben unge­schützt geplau­dert. Nicht der Inhalt ist der Skan­dal, son­dern dass sie sich haben ertap­pen las­sen. Auch dass die Her­ren Gene­rä­le von Zivi­li­sten mit ame­ri­ka­ni­schem Akzent in der Ukrai­ne spre­chen, die beim Gebrauch der Waf­fen hel­fen, ist nicht das Ver­rä­te­ri­sche, wie man uns weis machen will, ohne die Mit­schnit­te zu ver­öf­fent­li­chen, son­dern dass sie – gegen die Direk­ti­ve des Kanz­lers – ver­fas­sungs­wid­ri­ge Plä­ne schmie­den, wie die Tat­sa­che umgan­gen wer­den kann, dass kei­ne deut­schen Sol­da­ten in die Ukrai­ne geschickt wer­den sol­len. Das ist der Ver­rat. Aber das hät­te ja kei­ner erfah­ren, wenn es in den Medi­en nicht ver­öf­fent­licht wor­den wäre. Wenn es nicht die­ses ver­damm­te Inter­net gäbe, aus dem man rus­si­sche Sen­der ein­fach nicht raus­hal­ten kann. Auch wenn die EU das schon eini­ge Zeit versucht.

In einem Punkt herrscht frak­ti­ons­über­grei­fend Einig­keit: Dass deut­sche Offi­zie­re Angriffs­sze­na­ri­en für die Krim­brücke dis­ku­tier­ten, kurz nach­dem der Kanz­ler die Lie­fe­rung der Tau­rus, die von der Ukrai­ne aus auch Zie­le in Mos­kau errei­chen könn­ten, aus­ge­schlos­sen hat­te, hält nie­mand für einen Skan­dal (jW, 06.03.24)

Dabei ist es die deut­sche Infra­struk­tur, die gefähr­det ist. Wenn ein Brand an einem Strom­mast zu einem tage­lan­gen Pro­duk­ti­ons­aus­fall bei Tes­la füh­ren kann, wie sicher ist dann das Werk? Unab­hän­gig davon, wer es war – Robin Hood usw. distan­zie­ren sich davon –, es war ein Hin­weis dar­auf, dass die Pro­duk­ti­ons­si­cher­heit mal über­ar­bei­tet wer­den muss (jW, 06.03.24)

»Maß­lo­se Streik­gier« müs­se unter­bun­den wer­den, meint FDP-Gene­ral­se­kre­tär Bijan Djir-Sarai und will des­halb das Streik­recht ein­schrän­ken (jW, 18.03.24). Denn maß­los sind immer nur die ver­damm­ten Arbei­ter, nicht etwa die Bahn­ma­na­ger, die sich maß­lo­se Boni zuspre­chen. Die Deut­sche Bahn hat­te noch ein Ein­se­hen und wei­te­re Streiks abge­wen­det. Was ande­re Eisen­bahn­un­ter­neh­men schon längst gemacht hatten.

»Die Lüge über die Bett­wan­zen wur­de von Russ­land ver­brei­tet« titelt die MAZ am 18.03.24 (s. Ossietzky 10/​23). Der fran­zö­si­sche Euro­pa-Mini­ster Jean-Noel Bar­rot fand her­aus, dass die Sache mit den Bett­wan­zen in den sozia­len Netz­wer­ken durch Kon­ten künst­lich aus­ge­wei­tet wur­de, die »nach­weis­lich rus­si­scher Her­kunft« sind. Immer­hin behaup­tet er nicht, dass die Wan­zen rus­si­scher Her­kunft sei­en. Auf der glei­chen Zei­tungs­sei­te steht eine Mel­dung aus den USA: Die Poli­zei­che­fin von New Orleans beklagt fürch­ter­li­che hygie­ni­sche Ver­hält­nis­se in der Poli­zei­zen­tra­le. Kaker­la­ken und Rat­ten trie­ben dort ihr Unwe­sen. Wenn das nicht mal rus­si­sche Fake-News sind!

Der Anschlag auf ein Kon­zert bei Mos­kau, bei dem am Frei­tag min­de­stens 139 Men­schen getö­tet wur­den, sei von »radi­ka­len Isla­mi­sten« began­gen wor­den. Das erklär­te Russ­lands Prä­si­dent Wla­di­mir Putin am Mon­tag­abend in Mos­kau. »Wir wis­sen nun, wes­sen Hän­de die­ses Ver­bre­chen gegen Russ­land und sein Volk ver­üb­ten, jetzt wol­len wir wis­sen, wer der Auf­trag­ge­ber ist.« Außen­mi­ni­ster Ser­gej Law­row sag­te am Diens­tag auf einer Pres­se­kon­fe­renz, Russ­land wer­de die Ermitt­lun­gen zu dem Anschlag selbst füh­ren und brau­che dabei die Hil­fe des Westens nicht (dpa/​jW, 27.03.24). Ja, wie­so denn? Die Exper­ti­se des Westens zum Nicht-Auf­klä­ren und Ver­schlei­ern ist doch ein­zig­ar­tig! Pipe­line-Spren­gung, 09/​11, und jetzt auch noch die Coro­na-Papers des RKI in modi­schem Schwarz …

Egal, was der Rus­se sagt, er lügt! Innen­mi­ni­ste­rin Faeser ließ es sich nicht neh­men, im Nach­gang zu dem Anschlag in Mos­kau vor einer »neu­en Dimen­si­on der Bedro­hun­gen« durch »die rus­si­sche Aggres­si­on« zu war­nen. Sie sprach gegen­über der Süd­deut­schen Zei­tung vom Mon­tag von »Ein­fluss­nah­me­ver­su­chen« durch »Lügen«, »mas­si­ve Des­in­for­ma­ti­on«, »Spio­na­ge« und davon, dass Russ­land »den Westen auch mit Migra­ti­on desta­bi­li­sie­ren« wol­le. Dass sie nicht davon sprach, dass Russ­land sich selbst und ande­re mit Atten­ta­ten über­zieht, ist fast schon erstaun­lich. Der CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Phil­ipp Amt­hor for­der­te am Mon­tag gegen­über den Sen­dern RTL und N-TV, dass »unse­re Sicher­heits­dien­ste« mehr Befug­nis­se erhal­ten soll­ten. Er nann­te die mehr­fach höchst­rich­ter­lich für grund­rechts­wid­rig erklär­te »Vor­rats­da­ten­spei­che­rung« (jW, 26.03.24).

Die USA haben nun end­lich die Ver­ab­schie­dung der UN-Reso­lu­ti­on zum sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand in Gaza mit ihrer Ent­hal­tung durch­ge­las­sen. Aber gemach: Der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Natio­na­len Sicher­heits­rats der USA, John Kir­by, stütz­te auf der Platt­form X die israe­li­sche Posi­ti­on, dass man »bis zum Sieg« wei­ter­kämp­fen wer­de: Die am Mon­tag vom Welt­si­cher­heits­rat ver­ab­schie­de­te Reso­lu­ti­on sei »nicht bin­dend«, so sei­ne wahr­heits­wid­ri­ge Behaup­tung, und habe »kei­ner­lei Aus­wir­kun­gen auf Isra­el und des­sen Fähig­keit, wei­ter­hin gegen die Hamas vor­zu­ge­hen« (jW, 27.03.24).

»Aber sicher«, sag­te der Fuchs zum Hasen, »ich gebe dir sämt­li­che Garan­tien, die du willst, dass ich dir nicht weh­tun wer­de, schon gar nicht dich töte!« Ist das nicht eine gute Nach­richt? Der Fuchs muss nur erklä­ren, dass er Vege­ta­ri­er wird, dann ist alles gut … Nein, im Aus­lie­fe­rungs­pro­zess um Juli­an Assan­ge ist gar nichts gut! Auch nach dem Beru­fungs­auf­schub des High Court am 26.03.24 ist wei­ter­hin ein Mann in fol­ter­ähn­li­cher Haft mit der Aus­sicht auf unfai­ren Pro­zess und mehr­fa­che lebens­lan­ge Stra­fe, weil er die Ver­öf­fent­li­chung der Wahr­heit ver­an­lasst hat. Aber die bri­ti­schen Rich­ter sind natür­lich ehren­wer­te Männer!