Es ist mehr als ein großer Spaß, ein Kriminalroman oder eine Liebesgeschichte, die Stefan Körbel mit seinem Romandebüt bietet. Außer der raffiniert konstruierten Geschichte einer modernen Robinsonade, in der es einen nicht mehr jungen ostdeutschen Musiker und eine sehr junge Schwäbin auf eine einsame Südseeinsel verschlägt, ist es der ungewöhnliche Sound, in dem der von der Insel Zurückgekehrte sein Abenteuer erzählt. Das ist nicht nur Südseeromantik und Seemannslatein, das ist vor allem eine handfeste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Körbel, der einstmals zu der Lieder- und Theatergruppe »Karls Enkel« und einschlägigen Singe-Bewegungen gehörte, lässt seinen Protagonisten Leben und Hoffen in der DDR vom Standpunkt des kritischen Sozialisten erklären, der sich der Fehler seines Landes durchaus bewusst gewesen war, aber im Kapitalismus keine Alternative gesehen hatte. Frech und witzig, aber gleichzeitig klug und treffend ist ein spannendes und höchst unterhaltsames Buch entstanden.
Stefan Körbel: »Wendekreis oder Die Vollendung der deutschen Einheit im Südpazifik«, Roman, Edition Schwarzdruck, 559 Seiten, 29 €