Weißt du, der Brenner. Ein wirklich seltsamer Mensch, der immer gleich bis zu den Lippen im Kot steckt. Nur keine Wellen, heißt es dann, sonst: Scheißgeschmack, Scheißgeruch. Weil, wenn du fragst, warum meine Rezischreibe so ist, hier ein Romanoriginalsatz aus seinem letzten Krimi, da ging es um das ewige Leben, das doch keines war: »Das musst du dir einmal vorstellen, schießt sich einer mit der eigenen Walther ein Loch in den Kopf, Testament und alles am Tisch, und hinterher behauptet er, ich war es nicht, die Grazer Kripo will mich beseitigen.« Dann war lange Schluss mit dem Privatdetektiv. Großer Erfolg für’s Geldbörsel. Die Filme nach den Romanen, da spielt der Josef Hader den Brenner. Anschaun! Aber lesen? Nicht so gut.
Der Wolf Hass, weißt du, war Werbetexter, für so Angesagtprodukte; jetzt ist er Erfolgskrimiautor. Spiegel Bestsellerkönig. Bisher sechshunderttausend Verkaufte, kaum Unverkaufte. Der Brenner, sein gewöhnungsbedürftiger Protagonist war schon in Zell am See, Klöch in der Oststeiermark, Salzburg und Wien, stammelnd, um die Ecke denkend, unterwegs. Dann war er noch an seinen Geburtsort zurückgekehrt. Puntingamer Bier. Weißt eh, das gehirnerweicht wie Kölsch! Kennst nicht, diese Gerstensaftmarke? Ist aus der Steiermark. Der Brenner ist Grazer, also Weltkulturhauptstadtmensch. Er stammt aus Puntigam. Das ist ein Vorort der steiermärkischen Landeshauptstadt.
Der Brenner, in der Jugend war er sehr daneben. So wie du, aber nicht ich! Hat die Polizeischule besucht, weil was macht man schon, als Jugendlicher, wenn es so perspektivlos ist, das Leben? Man wird Spinatwachter (in Österreich trägt die Polizei, nicht die Gendarmerie, grüne Uniformen, weißt eh, Spinat = grün! Geschnallt? Prima!).
Bisher fingen die Romane immer so an »Da ist schon wieder was passiert!« Diesmal nicht. Hier geht es, so der Titel, um »Müll«. In der Spiegel-Bestsellerliste ist der »Müll« auch schon drin. Feiner Titel, trifft für den ganzen Spiegel zu.
Haas schmiert wieder in Höchstform Seiten voll, 283. Schon zum 9. Mal Brenner. Urlangweilig!
Brenner ist wie immer. Diesmal Müllfahrer: »Die ersten Leichenteile sind in der Wanne 4 aufgetaucht. Aber ein Knie war das Erste, ist ja eh alles in der Zeitung gestanden, muss ich jetzt nicht so im Detail. Rechtes Knie, soweit ich mich erinnere. Aber egal rechtes oder linkes Knie, in Wanne 4 gehört kein Knie hinein. Das ist sogar egal, ob es ein menschliches Knie ist oder ein tierisches Knie, nicht einmal ein Titanknie darf da hinein und das Knie von einer Wasserleitung auch nicht, weil Wanne 4 nur Sperrmüll.«
Die Sortierordnung beim Wiener Mist ist wie überall, nur beim Brenner da gibt es Müllbudhismus. Einen Empfangschef gibt es auch, der gehört, wie der ganze Mist, zur Magistratsabteilung 48-Abfallwirtschaft. Misswirtschaft oder auch Mistwirtschaft. Alles verwickelt sich. Kniebesitzer tot. Andere leben. Die Polizei erscheint. Der Ermittlerbeamte ist mal vom Brenner ausgebildet worden. Das beeindruckt Brenners Mistlerkollegen! Ist alles sehr kompliziert und wie immer. Haassprachlich! Eine zerstückelte Leichengeschichte samt einer Frau Iris ist auch dabei und dazu ein Fuhrunternehmer als Rächer. Die österreichdeutsche Grenze spielt eine Rolle. Wichtig für Organhandel und Romanhandlung. Da braucht es Tote!
Auf der letzten Seite verkündet der Autor per Brennersprech: »Ich muss ganz ehrlich sagen, ich denke auch nicht mehr oft an die Geschichte.« Recht so. Der neunte Roman ist irgendwie Mist, gehört in Wanne 4! Das war im vorletzten Brenner – mit dem ewigen Leben – ähnlich.
Für jene, die sich nicht das ganze Geschwall der Brennerromanreihe antun wollen, weil der Brenner zum Schluss irgendwie verschwindet, oder auch nicht. Sonst ist alles wie immer, irgendwie so k&k-dekadent und natürlich völlig undurchschaubar. Hoch gelobt von allen Krimikritikern, Bücher mit starker Deutschschräglage, und eine Zigeunerin meint: »Ibermorgen, Brenner abgraz.« Ich nach Buchlesen abgrazt! Vorsicht schlechtes Recycling von früheren Haasromanen!
Wolf Haas: Müll, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2022, 287 S., 24 €.