Die Benennung einer Straße in Dortmund nach dem Journalisten Kurt Goldstein (1914-2007), vor vielen Jahren von der VVN-BdA vorgeschlagen und nun beschlossen, wird allgemein begrüßt.
Dennoch bleibt die Frage: Entwickelt sich Dortmund zum Zentrum neofaschistischer AfD-Politik mit CDU-Unterstützung per Sturz der merzschen Brandmauern?
Bezeichnend die Verzögerung. Mit Mehrheit beschloss Anfang November nach der Intervention des ultrarechten AfD-Abgeordneten Matthias Helferich und dem Antrag eines CDU-Abgeordneten die Bezirksvertretung Dortmund Scharnhorst, die beabsichtige Benennung einer Straße nach dem Ehrenpräsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees, Kurt Goldstein, zu vertagen. Begründung: Goldstein habe Walter Ulbricht zum Bau der Mauer angeregt, indem er ihm von der Mauer in Jerusalem berichtete. Auf einen solchen Blödsinn muss man erst einmal kommen! Der Widerstandskämpfer, Interbrigadist in Spanien, Auschwitz- und Buchenwaldüberlebende stammte aus Dortmund-Scharnhorst und war dort hoch geehrt.
Acht von 18 Abgeordneten versuchten vier Wochen später in der Bezirksvertretung, die Benennung einer Kurt-Goldstein-Straße erneut zu vertagen. Doch Grüne und SPD-Vertreter setzten sich durch. Die weitere Zusammenarbeit der Parteien mit der AfD ist allerdings eingeplant. Diese hat am Volkstrauertag in Dortmund am Kaiser-Denkmal Syburg zusammen mit dem Nazi Björn Höcke eine nationalistische Kundgebung veranstaltet und ein Geheimtreffen mit dem rechtesten AFD-Führer abgehalten.
Erfolgreich ist die Zusammenarbeit mit der Rechten – nun sogar mit Zustimmung der SPD – auch in der Bezirksvertretung Dortmund Eving. Dort hatten die Grünen an einen Beschluss erinnert, der 2011 auf Antrag der VVN-BdA gefasst worden war und die Bezeichnung Kirdorf-Kolonie verurteilte. Kirdorf war einer der ganz frühen und sehr beständigen Hitler-Finanziers. Seine Ehrung soll weiter bestehen bleiben, wurde entschieden.
Erinnert sei auch daran, dass die VVN-BdA ursprünglich auch die Ersetzung der Dortmunder Gustav-Noske-Straße gefordert hatte, die immer noch in Scharnhorst existiert. 1918 wurde Noske (SPD) Wehrminister der republikanischen Regierung; er stellte sich an die Spitze der reaktionärsten Soldateska mit dem Hakenkreuz am Stahlhelm. Diese »Truppe« ermordete hunderte Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Noske hatte sein Amt mit den Worten übernommen: »Einer muss der Bluthund werden.« Der SPIEGEL schrieb dazu am 27. März 1988: »Noske half die Revolution 1918/19 niederschlagen, die letztlich ihre eigenen Kinder fraß und die alten Eliten, monarchistische Generalität und wilhelminische Bürokratie, den Untergang des Kaiserreiches ungeschoren überstehen ließ.« In Dortmund hält man Noske trotz dieser Biografie für würdigenswert. Der Antrag, die Noskestraße umzubenennen, wurde abgelehnt.