Na, wer war es denn nun? Und wo? War es die chinesische Fledermaus? Oder das chinesische Gürteltier vom Wildtiermarkt? Oder das mysteriöse, undichte Labor in Wuhan? Oder doch Bill Gates? Wir hätten es wissen können. Hätten wir nur aufmerksam hingeschaut. Nicht alles als gut erfunden abgetan. Besser der wissenschaftlichen Recherche des Verfassers vertraut, die Erzählung auf einen möglichen Wahrheitsgehalt abgeklopft. Einen Blick auf die Metaebene geworfen. Die beiden Äste – die Bild- und die Sachebene – wie bei einer Parabel Schritt für Schritt voneinander gelöst, mit Szenarien verbunden, wie sie auch unsere Bundesregierung angestellt hat, wie sie weltweit angestellt wurden, für den Fall einer Pandemie nach der Vogel- und der Schweinegrippe. Aber wir haben ja nicht hingeschaut.
Es war schon eine Ironie der Geschichte, der Evolution. So wie die Menschheit aus Afrika kam, kam auch das tödliche Virus von dort:
»Man wusste, dass das Fieber aus Afrika gekommen war. Man wusste, dass zwei Virenstämme miteinander verschmolzen waren, einer vom Menschen, einer von der Fledermaus.«
Dann starben die Leute.
»Ein Arzt veröffentlichte einen Artikel mit einer Hypothese darüber, wie alles begonnen haben könnte …« Halt, haben wir das nicht gerade gelesen, im Fernsehen gesehen, mehrmals, die Geschichte des einsamen Rufers in der Wüste von Wuhan?
»Ein Mann lag irgendwo im tropischen Afrika unter einem Mangobaum. Der Mann war anfällig für Krankheiten« – ›Vorerkrankungen‹, sagt man heute –, »weil er HIV-positiv war und keine Medikamente dagegen erhielt.« So ist es nun mal in Afrika, auch jetzt noch. Aber lesen wir weiter: »Im Blut des Mannes befand sich bereits ein Coronavirus. Das war nichts Außergewöhnliches; Coronaviren kamen relativ häufig vor. In der Zeit vor dem Fieber kannte man mindestens vier Typen, die Grippe- und Erkältungssymptome bei Menschen auslösten.«
Coronaviren lebten auch in Tieren. »In dem Mangobaum saß eine Fledermaus mit einer anderen Art Coronavirus im Blut … Sie hatte Durchfall und schiss dem Mann unter dem Mangobaum ins Gesicht, in die Augen, die Nase oder den Mund. So gelangte das zweite Coronavirus ins Blut des Mannes.«
Virenstämme vermischten sich, vermehrten sich in der Luftröhre. Ein neues Coronavirus wurde geboren. Der Mann lebte in einer armen Gegend. Beengt. Rasch steckte er andere an. Das Virus mutierte, verbreitete sich weiter, durch die Luft, steckte einen Verwandten an, der am Flughafen arbeitete, der hustete einen Reisenden an. So kam das Virus in die Welt.
Ich mache Schluss. Es ist ja nur ein Spannungsroman: »Fever«, 2016 auf Afrikaans unter dem Titel »Koors« erschienen, auf Deutsch in der Übersetzung von Stefanie Schäfer im Aufbau Verlag. Von Deon Meyer.