Die Serie »200,0 Skizzen zu 2000 Jahren Geschichte« malte Zurab Sumbadze in den Jahren 1999 und 2000, um die Jahrtausendwende zu begehen, die er seit seiner Jugendzeit erwartete: die erste Jahrtausendwende, welche die Menschheit dank Jungtürken und Lenin endlich gemeinsam begehen würde – nach dem Kalender Gregors XIII., der 1572 zu Ehren der Bartholomäusnacht die Gedenkmünze »VGONOTORVM STRAGES« prägen ließ. Die Welt schreitet über brennende Stufen und die Menschheit findet sich auf blutigen Wegen im Weltdorf ein.
In Sumbazdes georgischer Muttersprache heißt der Mensch Adamiani: Sohn des Adam. Über Jahrhunderte lebten die Kinder des ersten Menschen über die Welt verstreut. Inzwischen sind sie wieder in virtueller Nähe vereint wie einst in Babel, sprechen ein gemeinsames Globish und verstehen sich dennoch nicht. Sumbadzes Serie ist der Versuch, in poetischer Bildersprache das Gemeinsame der 2000 Jahre metaphorisch darzustellen, die Geschichte motivisch zu begreifen, als Georgier, der die Ewigkeit im Augenblick sucht, weil stets irrt, wer sich nicht jederzeit die Endlichkeit vergegenwärtigt, weil der Mensch lebt, um sich des verlorenen Edens zu erinnern, weil er lebt, um Eden zu stiften, weil die, die die zeugten, die uns zeugten, und die, die das bezeugten, was war und ist und sein wird, ewige Zeitgenossen sind dem, der im Augenblick die Ewigkeit sucht. Deshalb tritt er in den Bildern in die Vergangenheit ein, er kommt an ihren Stationen an: ein ikonischer Dreh, weltgeschichtliche Betrachtungen in Farbe.
Der Versuch, sich selbst zu verorten in der Geschichte, sich Klarheit zu verschaffen über den Standpunkt, den eigenen Ort in der Menschheitsgeschichte: Wo bin ich in der Zeit, die fortwährend fließt, im großen Raum des Alls, seiner überwältigenden Schönheit – dem Kosmos? Der Versuch, die Ewigkeit einzufangen, ist eine Suche nach Eden. Die Suche nach dem Kammerton Eden ist die Mehrstimmigkeit der Heimat Sumbadzes: sie singt polyphon. Die Ereignisse und Erlebnisse des eigenen Lebens sind durch den Künstler in den Stoff der Geschichte eingewoben. Verwoben sind Vergangenheit und Gegenwart. Wir selbst, unser Leben bildet des Gewebes Fäden. Spielerisch versucht er, die Motive ins Gedächtnis zu rufen, die sich im Laufe der Zeit in unterschiedlicher Gestalt wiederholen: die Symphonie der Geschichte. Wie in einem Kaleidoskop, dessen Steine ihre Position verändert haben, sich neue Bilder aus Altem bilden, begegnet uns, was vergangen ist, wieder.
Ein deutscher Philosoph würde an dieser Stelle bemäkeln, das Vergangene sei, was vorbei ist; das Gewesene bleibe. Wozu das Gewese um Wörter? Dann war es halt das Gewesene. Und außerdem: Die Vergangenheit ist doch noch nicht mal vergangen, nie tot. Die Deutschen bewältigen doch das Vergangene, dann kann es nicht tot sein. Sie denken viel magischer als die gebirgsgeorgischen Swanen, die einmal im Jahr die Toten bewirten. Mit köstlichen Speisen: Jeder kommt auf seine Kosten. Die Toten treten ins Licht. Sie seien im Licht. Sub gratia: im Licht der Welt. Follow Me, sprach das Licht, vade mecum.
Auf der Website des Künstlers https://www.sumbadze.com/ finden Sie die Serie der zweitausend Jahre.