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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Loriot wird 100!

Der deut­sche Zeich­ner, Schau­spie­ler und Regis­seur Vic­co von Bülow wur­de am 12. Novem­ber 1923 in Bran­den­burg an der Havel gebo­ren (er starb am 22. August 2011 im ober­baye­ri­schen Mün­sing). Der Künst­ler­na­me Lori­ot ist das fran­zö­si­sche Wort für Pirol. Der Vogel ist das Wap­pen­tier der Fami­lie von Bülow. Lori­ot ent­stamm­te einer alten preu­ßi­schen Adels­fa­mi­lie und gilt als einer der viel­sei­tig­sten deutsch­spra­chi­gen Humo­ri­sten. Er kari­kier­te gern skur­ri­le Cha­rak­te­re und die Tücken des All­tags: wenn er zum Bei­spiel toll­pat­schig die kom­plet­te Ein­rich­tung einer Woh­nung in einer Ket­ten­re­ak­ti­on regel­recht ver­wü­stet, nur um ein klei­nes Wand­bild – »Das Bild hängt schief« – gera­de auf­zu­hän­gen. Auch an sei­nem 100. Geburts­tag blei­ben Lori­ots Sket­che und Kari­ka­tu­ren in Erinnerung.

Der Dio­ge­nes Ver­lag über­rascht zum Jubi­lä­um mit einer Neu­erschei­nung, die Lori­ots Pro­sa­werk, das vor­nehm­lich aus Sket­chen und Reden besteht, nun mit ein paar Brie­fen berei­chert. Kei­ne gewöhn­li­chen Brie­fe. In den Jah­ren 1957 bis 1961 schrieb Lori­ot im wöchent­li­chen Wech­sel mit sei­nem Kol­le­gen Man­fred Schmidt – dem in jenen Tagen berühm­te­sten deut­schen Kari­ka­tu­ri­sten – über hun­dert redak­tio­nel­le Leser­brie­fe für die Zeit­schrift Quick. Zuvor hat­te es für den mit­tel­lo­sen Zeich­ner zahl­rei­che Absa­gen, etwa von Welt­bild und Stern gege­ben, oder die Ver­öf­fent­li­chun­gen wur­den nach empör­ten Leser­brie­fen eingestellt.

Erst nach der erfolg­rei­chen Buch­ver­öf­fent­li­chung mit einer Aus­wahl von Zeich­nun­gen war Lori­ot plötz­lich gefragt. Die Quick-Redak­ti­on such­te für die Umge­stal­tung ihrer Zeit­schrift auch humor­vol­le Bei­trä­ge. Und so ersann Lori­ot, der in die Umge­stal­tung ein­ge­bun­den war, fin­gier­te wit­zi­ge, kom­men­tie­ren­de Leser­brie­fe an die Redak­ti­on. Am 28. Sep­tem­ber 1957, in Quick Nr. 39, erschien »Der erste ganz offe­ne Brief«, in dem er über sei­ne Pro­ble­me bei der Ein­hal­tung von Höchst­ge­schwin­dig­kei­ten mit dem Auto berichtete.

Die Brie­fe bei­der Autoren beschäf­tig­ten sich mit dem aktu­el­len Zeit­ge­sche­hen, kurio­sen Nach­rich­ten oder pri­va­ten Ärger­nis­sen. Ob der »Inter­zo­nen­han­del« zwi­schen der DDR und der BRD, die Hün­din Lai­ka an Bord des rus­si­schen Sput­nik 2 oder die Neu­fas­sung des Lebens­mit­tel­ge­set­zes, die Mücken­pla­ge im Gar­ten, die Gewinn­li­sten staat­li­cher Lot­te­rien oder der früh­zei­ti­ge Abbau des Weih­nachts­bau­mes in den Mor­gen­stun­den des 25.12. – alles wur­de auf die sprich­wört­li­che Schip­pe genom­men. Lori­ots Spott rich­te­te sich vor allem gegen eine klei­ne eli­tä­re Schicht, sodass die Mehr­heit der Leser dar­über lachen konn­te. Ins­ge­samt 102 »ganz offe­ne Brie­fe« hat­te Lori­ot bis zum 17. Sep­tem­ber 1961 ver­fasst, dar­über hin­aus eini­ge unpu­bli­zier­te Brie­fe, die in dem Kapi­tel »Nach­schlag« ver­öf­fent­licht werden.

Zu den gesell­schaft­li­chen Mit­tei­lun­gen – vom Wirt­schafts­wun­der bis zum Ver­ord­nungs­dschun­gel – gibt es kur­ze erläu­tern­de Fuß­no­ten. Außer­dem wird die Neu­erschei­nung durch zahl­rei­che pas­sen­de Lori­ot-Zeich­nun­gen ergänzt. Ein Buch, das in kei­nem Schrank eines pas­sio­nier­ten Lori­ot-Fans feh­len sollt 

Susan­ne von Bülow/​Peter Geyer/​OA Krim­mel (Hg.): Lori­ot – Der ganz offe­ne Brief – 115 unge­wöhn­li­che Mit­tei­lun­gen, Dio­ge­nes Ver­lag, Zürich 2023, 280 S., 25 €.