Neue Zürcher Zeitung vom 13. Juli 2024:
»Sie ist extrem rechts, er ist extrem links. Und doch haben Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon mehr gemeinsam als ihnen lieb ist. (…)
In der Wahlkampagne hatten sowohl LFI (La France insoumise: Unbeugsames Frankreich) mit der linken Wahlunion Nouveau Front populaire (NFP), als auch das Rassemblement national (RN) mit ihrem Parteichef Jordan Bardella versprochen, sie würden Macrons umstrittene Reform rückgängig machen und das Rentenalter von neu 64 wieder auf 60 senken. Auch wollten beide Strömungen die Kaufkraft der sozial Schwächsten steigern und gegen die Inflation schützen sowie der Konkurrenz durch den internationalen Freihandel einen Riegel schieben. (…) .
Sowohl LFI als auch das RN haben Einwände gegen die Nato und gegen die bedingungslose Unterstützung der Ukraine. Beide wehren sich vehement dagegen, Truppen an die Front zu entsenden, wie es Macron angedroht hatte. Überschneidungen gibt es zudem in der Kritik an der EU, obwohl Mélenchon im Unterschied zur Rechtspopulistin nie für einen Austritt aus der Gemeinschaft und aus dem Euro war. (…)
Beide Extreme bedienen sich auch populistischer Methoden: So geben sowohl Le Pen als auch Mélenchon vor, im Namen des Volks zu reden. Beide wollen den von einer privilegierten Elite mit Verachtung behandelten kleinen Leuten das Wort geben. Marine Le Pen versteht unter dem Volk mehr die Nation, notabene unter Ausschluss der Zugewanderten, und wenn Mélenchon vom Peuple spricht, denkt er wohl an den Refrain der Kommunistischen Internationale: Proletarier aller Länder …«
junge Welt vom 12. Juli 2024:
»Frankreichs stinkreiche politische Eliten machen Politik gegen das Volk. (…) Passend zur politischen Situation: Am Montag (8. Juli 2024) veröffentlichte die französische Transparenzbehörde HATVP (Haute Autorité pour la transparence de la vie publique) einen Bericht, der über die privaten finanziellen Verhältnisse und Möglichkeiten der Minister in den bisherigen Regierungen des Präsidenten Emmanuel Macron im speziellen und der bürgerlich-rechten Abgeordneten der Nationalversammlung im allgemeinen Auskunft gibt.
Das vorweggenommene Fazit des Konsortiums, das vor allem nach »individueller Bereicherung« und möglichen »Interessenkonflikten« Ausschau hält: Das »Studium der Vermögenserklärung« von 34 Mitgliedern der Regierung habe ergeben, dass »mehr als die Hälfte von ihnen Multimillionäre sind«. Das erhärte den Eindruck, dass der Staatschef und seine Leute »den Kontakt zum wirklichen Leben der Franzosen verloren haben«. Sofern sie ihn denn ja hatten. »Land und Wertpapiere« sind demnach die bevorzugten Investitionen in der sich dem Normalbürger – von den Eliten hauptsächlich als Stimmvieh wahrgenommen – kaum erschließenden politischen Szene. Die Repräsentanten des Volkes seien Immobilienbesitzer, Aktionäre, Börsenwetter, auch Erben größerer Vermögen und Profiteure beachtlicher Lebensversicherungen. Kurz: Macrons Minister und Ministerinnen seien »reine Erzeugnisse eines besitzreichen Großbürgertums«.
Die dänische Tageszeitung »Politiken« vom 8. Juli 2024:
»Wie die Präsidentschaftswahl 2022 ist auch die Wahl am Sonntag eher eine Wahl gegen die extreme Rechte als für Macron gewesen. Jetzt ist die letzte Chance für Emmanuel Macron, auf ein Frankreich zuzugehen, das ihn größtenteils als Präsidenten der Reichen betrachtet. Hören Sie nun aufmerksam hin, Monsieur le President.«