Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Kunst in der DDR in Düsseldorf

Den umfang­rei­chen Kata­log der Aus­stel­lung »Kunst in der DDR« ziert in Gold die Zei­le »Uto­pie und Unter­gang«, dazu eine Hälf­te von Wolf­gang Mattheu­ers Bild »Die Flucht des Sisy­phos« aus dem Jahr 1972. Das ist der opti­sche Auf­ma­cher der von Kura­tor Stef­fen Kraut­zig besorg­ten Aus­stel­lung im Düs­sel­dor­fer Kunst­pa­last. Drei­ßig Jah­re nach der Wen­de nun DDR-Kunst in Düs­sel­dorf. DDR-Kunst war in der Bun­des­re­pu­blik nicht unbe­kannt. Als erstes Kunst­in­sti­tut stell­te der Ham­bur­ger Kunst­ver­ein 1974 Wil­li Sit­te vor. Etwas spä­ter folg­te hier Wolf­gang Mattheu­er. Auf der docu­men­ta 6 im Jahr 1977 waren die Maler Bern­hard Hei­sig, Wolf­gang Mattheu­er, Wil­li Sit­te und Wer­ner Tüb­ke sowie die Bild­hau­er Fritz Cremer und Jo Jastram mit Arbei­ten ver­tre­ten. Vom 13. Janu­ar bis zum 18. März 1979 zeig­te die Neue Gale­rie im Alten Kur­haus die Samm­lung Lud­wig unter dem Titel »Kunst heu­te aus der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik«. Im Herbst des Jah­res war die Aus­stel­lung Gast in der Kest­ner­ge­sell­schaft in Han­no­ver. Der Indu­stri­el­le Peter Lud­wig sam­mel­te seit den 60er Jah­ren DDR-Kunst. Die Samm­lung Lud­wig ist seit 1983 in der Lud­wig­ga­le­rie im Schloss Ober­hau­sen untergebracht.

Die Düs­sel­dor­fer Aus­stel­lung mit DDR-Kunst im Kunst­pa­last umfasst den Zeit­raum von 1945 bis zur Öff­nung der Mau­er am 9. Novem­ber 1989. Der Titel der Aus­stel­lung ist geschickt gewählt, wird damit doch aus­ge­drückt, dass die DDR an ihrer Uto­pie unter­ge­gan­gen sei, was wohl so nicht ganz stimmt.

Im Vor­wort des Kata­logs schreibt der Gene­ral­di­rek­tor des Kunst­pa­la­stes, Felix Krä­mer, zur Aus­stel­lung: »Die Kunst der alten Bun­des­re­pu­blik wur­de maß­geb­lich von Künst­lern geprägt, die aus der DDR stam­men. Dabei spiel­te Düs­sel­dorf mit der bedeu­ten­den Kunst­aka­de­mie von Anfang an eine wich­ti­ge Rol­le. Wie ein Magnet wirk­te die Hoch­schu­le auf zahl­rei­che Künst­ler, die den Osten Deutsch­lands ver­lie­ßen. Düs­sel­dorf wur­de zur Wir­kungs­stät­te von Ger­hard Rich­ter, Gün­ther Uecker, Gott­hard Graub­ner und A. R. Penk.« Das ist zu kurz gefasst, stimmt so auch nicht.

Anders Kura­tor Stef­fen Kraut­zig: »Die­se Aus­stel­lung ist ein Ver­such, die Kunst aus der DDR – ohne Ent­ste­hungs­zu­sam­men­hän­ge und kul­tur­po­li­ti­sche Hin­ter­grün­de zu ver­schwei­gen – an Hand von 13 exem­pla­ri­schen Posi­tio­nen aller Gene­ra­tio­nen unter kunst­hi­sto­ri­schen Aspek­ten zu unter­su­chen und so Abstand zu den sich seit Jahr­zenten wie­der­ho­len­den poli­ti­schen Ost-West-Debat­ten zu gewin­nen. Die vie­len Dis­kus­sio­nen sowie umfang­rei­chen wis­sen­schaft­li­chen For­schun­gen haben bewirkt, dass pau­scha­li­sie­ren­de Urtei­le wie ›DDR-Kunst‹, ›Staats­kunst‹, ›Auf­trags­kunst‹ oder wie ›offi­zi­ell‹ und ›inof­fi­zi­ell‹ seit kur­zer Zeit hin­ter­fragt wer­den. Doch wäh­rend deutsch­land­weit gestrit­ten und geforscht wur­de, waren die Kunst­wer­ke in den letz­ten 30 Jah­ren in den alten Bun­des­län­dern nur äußerst sel­ten zu sehen.«

Die Aus­stel­lung umfasst Wer­ke von 13 Künst­le­rin­nen und Künst­lern; auch wenn die­se sorg­fäl­tig recher­chiert und aus­ge­wählt wur­den, kann das nur ein erster Schritt sein. Zu sehen sind Arbei­ten von: Ger­hard Alten­bourg, Carl­fried­rich Claus, Her­mann Glöck­ner, Ange­la Ham­pel, Bern­hard Hei­sig, Wil­helm Lach­nit, Wolf­gang Mattheu­er, Michel Morg­ner, A. R. Penk, Cor­ne­lia Schlei­me, Wil­li Sit­te, Wer­ner Tüb­ke und Eli­sa­beth Voigt.

Auch wenn Stef­fen Kraut­zig im Kata­log zur DDR-Kunst es anders beschreibt, hat der Westen immer noch sei­ne vor­ge­fass­te Mei­nung über die Kunst der DDR: Sie habe unter staat­li­cher Kon­trol­le gestan­den, sei somit kei­ne auto­no­me Kunst gewe­sen. Auch wird heu­te immer noch behaup­tet, in der DDR habe man so malen müs­sen wie Wil­li Sit­te. Bereits ein Ver­gleich der Arbei­ten von Wil­li Sit­te mit Wer­ken von Bern­hard Hei­sig, Wolf­gang Mattheu­er oder Wer­ner Tüb­ke zeigt, dass das nicht stimmt. Kei­ner der genann­ten Künst­ler mal­te wie der andere.

Die Düs­sel­dor­fer Aus­stel­lung rich­tet mit ihrem Blick auf 13 Künst­ler und 130 Wer­ke – Gemäl­de und Arbei­ten auf Papier – den Blick auf die Kunst der DDR neu aus. Aller­dings ste­hen im Kunst­pa­last die Künst­ler im Vor­der­grund, die sich mit ihrer Kunst der DDR ver­wei­ger­ten, das Land verließen.

»Uto­pie und Unter­gang« – Kunst in der DDR, bis zum 5. Janu­ar 2020, Kunst­pa­last Düs­sel­dorf, Ehren­hof 4-5. Der im Ver­lag Sand­stein erschie­ne­ne Kata­log kostet in der Aus­stel­lung 38 €, im Buch­han­del 48 €.