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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Kuba trotzt dem Imperialismus

Das Jahr 2024 war für die Bevöl­ke­rung und die Regie­rung von Kuba extrem schwie­rig. Allein die anhal­ten­den Zwangs­maß­nah­men der USA – meist unzu­tref­fend als Sank­tio­nen ver­nied­licht – haben neben sozio­kul­tu­rel­len Bedrückun­gen auch wirt­schaft­li­che Ver­lu­ste von über fünf Mil­li­ar­den US-Dol­lar ver­ur­sacht. Denn sie zei­ti­gen nega­ti­ve Effek­te in allen Berei­chen Kubas und sind aller­or­ten spür­bar. Sie füh­ren zu Man­gel an Öl und Die­sel, weil Lie­fe­ran­ten behin­dert wer­den; der schlech­te Zustand der Kraft­wer­ke liegt an Pro­ble­men bei der Beschaf­fung von Ersatz­tei­len. So ist im Herbst das natio­na­le Strom­netz drei­mal aus­ge­fal­len. Zudem rich­te­ten zwei Erd­be­ben und hef­ti­ge Wir­bel­stür­me schwe­re Schä­den an, Stra­ßen, Gebäu­de und Infra­struk­tu­ren wur­den zer­stört, Far­men ver­wü­stet und Ern­ten vernichtet.

Regie­rung, Behör­den und Mas­sen­or­ga­ni­sa­tio­nen unter­neh­men enor­me Anstren­gun­gen, doch die Ergeb­nis­se sind noch immer unzu­rei­chend. Die Bevöl­ke­rung ist weit­ge­hend über­la­stet mit All­tags­sor­gen: der Beschaf­fung des Not­wen­dig­sten, den Strom­aus­fäl­len und Mobi­li­täts­eng­päs­sen. Die Ener­gie­eng­päs­se füh­ren zur Schwä­chung der Pro­duk­ti­on in vie­len Berei­chen, und hin­zu kommt der viel zu zöger­li­che Anstieg des Tou­ris­mus. Auch kam es 2024 zu einer extre­men Abwan­de­rung von Fach­kräf­ten und über­wie­gend jün­ge­ren Leu­ten, so dass die Bevöl­ke­rungs­zahl auf unter zehn Mil­lio­nen geschrumpft ist.

Neben inter­nen Män­geln und eini­gen Fehl­ent­schei­dun­gen ist die Haupt­ur­sa­che für die­se pre­kä­re Lage der zuge­spitz­te Wirt­schafts­krieg, den die USA mit einer bei­spiel­lo­sen Syste­ma­tik und Bös­ar­tig­keit gegen das sozia­li­sti­sche Kuba füh­ren. Am 3.2.1962 hat US-Prä­si­dent John F. Ken­ne­dy »ein tota­les Embar­go« gegen­über dem Nach­bar­staat Kuba in Kraft gesetzt. Dies wird bis zum heu­ti­gen Tag exe­ku­tiert, um den Zusam­men­bruch des sozia­li­sti­schen Gesell­schafts­mo­dells zu pro­vo­zie­ren, regime chan­ge zu errei­chen. Ent­ge­gen sei­nen Wahl­ver­spre­chen hat US-Prä­si­dent Biden kei­ne Blocka­de­ver­schär­fun­gen sei­nes Vor­gän­gers Trump zurück­ge­nom­men, son­dern kürz­lich sogar noch ver­kün­det, Kuba für ein wei­te­res Jahr auf der uni­la­te­ra­len US-Liste der Staa­ten zu las­sen, die ver­meint­lich den Ter­ro­ris­mus för­dern. Dies hat zur Fol­ge, dass Im- und Expor­te sowie finan­zi­el­le Trans­ak­tio­nen extrem erschwert und die Blocka­de ver­schärft wur­den. Kuba hat immer wie­der kri­ti­siert, die­se Maß­nah­me sei »beson­ders beschä­mend und grau­sam. Kuba ist ein Opfer des inter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus, der von der US-Regie­rung geför­dert und von deren Ter­ri­to­ri­um aus orga­ni­siert wird.«

Die Wahl des noto­ri­schen und ego­zen­tri­schen Kri­mi­nel­len Trump und des­sen Nomi­nie­rung des rechts­extre­men Mar­co Rubio zu sei­nem Außen­mi­ni­ster lässt Schlim­mes befürch­ten. Rechts­prin­zi­pi­en, Völ­ker­recht, Diplo­ma­tie, Fair­ness etc. sind den neu­en US-Regie­ren­den rund­weg egal, wenn es dar­um geht, die USA ver­meint­lich »wie­der groß zu machen«, und alle als Geg­ner zu dif­fa­mie­ren, die ihr Busi­ness stö­ren. Erste Äuße­run­gen zu Kuba und Latein­ame­ri­ka sind sehr bedenk­lich. Aller­dings gibt es in den USA auch alter­na­ti­ve Stim­men. So zeig­te sich in einer aktu­el­len Mei­nungs­um­fra­ge, dass eine knap­pe Mehr­heit vom Prä­si­den­ten Biden for­der­te, die diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zu Kuba noch vor Ende sei­ner Amts­zeit wei­ter vor­an­zu­trei­ben. Ähn­lich äußern sich unzäh­li­ge Stim­men aus der Zivil­ge­sell­schaft, Wirt­schaft und Wis­sen­schaft. Dazu gehö­ren die aka­de­mi­schen Kuba-Exper­ten Wil­liam Leo­Gran­de und Peter Korn­bluh, die in der Zeit­schrift For­eign Poli­cy dar­auf ver­wie­sen, dass durch die Annä­he­rungs­po­li­tik von 2014 des frü­he­ren US-Prä­si­den­ten Barack Oba­ma bei­de Län­der pro­fi­tiert hät­ten. Und wei­ter: »Die Begei­ste­rung, mit der Kuba­ner, Ame­ri­ka­ner und Men­schen auf der gan­zen Welt die Aus­sicht auf Frie­den zwi­schen den Ver­ei­nig­ten Staa­ten und Kuba begrüß­ten, unter­strich, wie über­fäl­lig die Ver­söh­nung war.«

Die Kuba­ner selbst setz­ten Ende ver­gan­ge­nen Jah­res ein kla­res Zei­chen ihres Mutes und Wider­stands­wil­lens. Bei einer Mas­sen­kund­ge­bung kamen in Havan­na über eine hal­be Mil­lio­nen Men­schen vor der US-Inter­es­sen­ver­tre­tung an der Ufer­stra­ße »Male­con« zusam­men. Sie for­der­ten dort ein Ende der Blocka­de und pran­ger­ten die aggres­si­ve Poli­tik der USA als Haupt­ur­sa­che für ihre Pro­ble­me an. Zahl­rei­che Regie­rungs­mit­glie­der und füh­ren­de Per­sön­lich­kei­ten waren dabei. Der 24-jäh­ri­ge Julio Emi­lio More­jón, frü­he­rer Prä­si­dent der Stu­die­ren­den­ver­ei­ni­gung mein­te, jene Kund­ge­bung sei zur Stär­kung des kuba­ni­schen Vol­kes »mehr als wich­tig, sie ist zu die­sem Zeit­punkt uner­läss­lich. Wir mar­schie­ren in der Gewiss­heit, dass wir das Recht haben, alle unse­re Rech­te als Indi­vi­du­en und als Nati­on zu ver­tei­di­gen.« Eine ähn­lich kla­re Mani­fe­sta­ti­on der Zivil­ge­sell­schaft Kubas wur­de vor kur­zem in schrift­li­cher Form direkt an US-Prä­si­dent Biden gerich­tet. In einem offe­nen Brief for­der­ten 116 zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen und 14 sozia­le Bewe­gun­gen aus Kuba eben­falls eine drin­gend gebo­te­ne Ände­rung der feind­se­li­gen US-Politik.

Auch inter­na­tio­nal fin­det Kuba immer stär­ke­re Unter­stüt­zung und Soli­da­ri­tät. So votier­ten im Rah­men der jüng­sten Sit­zungs­pe­ri­ode der UN-Voll­ver­samm­lung 187 Staa­ten für die von Kuba vor­ge­leg­te Reso­lu­ti­on, und for­der­ten das sofor­ti­ge und bedin­gungs­lo­se Ende der US-Blocka­de. Ledig­lich der Täter USA und Isra­el stimm­ten dage­gen. Das heißt, 99 Pro­zent der Welt­ge­mein­schaft ver­lan­gen ein Ende die­ser völ­ker­rechts­wid­ri­gen US-Poli­tik. Hier sei ange­merkt, dass die gro­ßen deut­schen Medi­en die­sen außer­ge­wöhn­li­chen Abstim­mungs­er­folg eines klei­nen Lan­des gegen die mili­tä­ri­sche Super­macht ver­schwie­gen. Dabei wur­den tags zuvor von den Bot­schaf­tern zahl­rei­cher Staa­ten und supra­na­tio­na­ler Staa­ten­grup­pen vehe­men­te State­ments für die­se For­de­rung gegen die USA abge­ge­ben. Dazu gehö­ren die G77 + Chi­na, das Non Ali­gn Move­ment, ASEAN, CELAC, CARICOM. Die UN-Bot­schaf­te­rin Boli­vi­ens sag­te, »wir ver­ur­tei­len und rügen auf das Schärf­ste das ein­sei­ti­ge, unmo­ra­li­sche und kri­mi­nel­le Vor­ge­hen der USA«. Die »syste­mi­sche inter­ven­tio­ni­sti­sche Initia­ti­ve« die­ser Hege­mo­ni­al­macht ver­let­ze zahl­rei­che völ­ker- und han­dels­recht­li­che Grund­sät­ze. Daher müss­te die US-Regie­rung die Blocka­de umge­hend been­den und Kuba von der will­kür­li­chen Liste der Ter­ror unter­stüt­zen­den Staa­ten strei­chen. Dar­über hin­aus gibt es ein kla­res Urteil des Inter­na­tio­na­len Tri­bu­nals von Brüs­sel, das im Novem­ber 2023 die zahl­rei­chen Völ­ker­rechts­ver­let­zun­gen der US-Blocka­de auf­li­ste­te und deren Ende sowie eine Ent­schä­di­gung für Kuba for­der­te. Und welt­weit gab und gibt es zur Unter­stüt­zung die­ser For­de­run­gen zahl­rei­che zivil­ge­sell­schaft­li­che Akti­vi­tä­ten, dar­un­ter eine von der U.S.-Cuba Nor­ma­lizati­on Con­fe­rence Coali­ti­on durch­ge­führ­te 24-stün­di­ge glo­ba­le Online-Mahn­wa­che. Auch in Euro­pa gibt es seit Jah­ren die Kam­pa­gne »Unblock Cuba«, mit der auf das US-Ver­bre­chen auf­merk­sam gemacht und des­sen Ende gefor­dert sowie ent­spre­chen­de Taten der EU und natio­na­ler Regie­run­gen ange­mahnt werden.

Beson­ders erfolg­reich war und ist Kuba mit sei­ner intel­li­gen­ten und weit­sich­ti­gen Außen­po­li­tik. So wur­de es Ende Okto­ber als Part­ner­land in die BRICS-Grup­pe auf­ge­nom­men. Damit besteht die Chan­ce, die Blocka­de bes­ser umge­hen zu kön­nen. Und Kuba bie­tet den Part­nern Nickel, Chrom und Kobalt sowie eine welt­weit aner­kann­te medi­zi­ni­sche For­schung (Ent­wick­lung von Medi­ka­men­ten und Vak­zi­nen). Dar­über hin­aus konn­te Kuba 2024 vor allem die Bezie­hun­gen zu Chi­na und Russ­land ver­tie­fen. Und in Latein­ame­ri­ka sind Vene­zue­la und die Wirt­schafts­mäch­te Bra­si­li­en und Mexi­ko wei­ter wich­ti­ge Part­ner. Die inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät ist akut gefordert!