Marx beschreibt die Renditelogik seiner Zeit mit einer Vorahnung auf die ihr nachfolgende: »Das Kapital stampft alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß für 100 % Profit. Und für 300 % existiert kein Verbrechen mehr, das es nicht riskieren würde.«
Lenin hatte darum Imperialismus mit den zentralen Übergriff-Mechanismen von besonders aggressivem Monopolkapital spezifiziert, aber nicht nur als militaristische, sondern auch anhand von Wirtschaftskriegen und Kapitalexporten.
Am Beispiel Russland exemplifiziert nun Hannes Hofbauer den marktradikalen Terrorismus westlicher Embargo-Regimes seit Februar 2022. Natürlich mit deren Vorläufern gegen die Sowjetunion. Denn der Wirtschaftskrieg eskalierte erst gegen den »Kommunismus«. Aber nie nur, um ein sozialeres Wirtschaftssystem, welches USA und Westdeutschland hätte gefährlich werden können, zunächst unansehnlich und dann existenzunfähig zu machen (wie auch mit den Sanktionen gegen Kuba, Nordkorea und Jugoslawien). Hofbauer zeigt auf, wie es auch schlicht um die Eroberung von Wirtschaftsraum ging – ganz unabhängig von der System-Frage.
Dass gegen diese Embargo-Regimes und unter dem westlichen Wirtschaftsterrorismus China gewaltig und effizient umlernen musste (und dann auch konnte!), dass damit aus den relativ harmlosen Maghreb-Staaten nunmehr diese renitente und resistente Brics-Allianz des globalen Südens entstand, konnte zwar bereits 2018 der Historiker Domenico Losurdo vorzeichnen. Aber die imperialistischen Monopolkapitalisten und ihre Politiker wussten nicht, was sie taten. Hätten sie Marx, Engels und Lenin gelesen, wäre ihnen jene »Dialektik in der Geschichte« nicht verborgen geblieben. Die sie so lange forciert hatten, bis sie nun in einen Aufbruch umschlug, der der unipolar US-geführten Dollar- und Militärdiktatur auf den Weltmärkten einen organisiert vielstimmigen Chor entgegensetzt. Oder flapsig gesagt: Sowas kommt von sowas.
Primär natürlich basiert der Imperialismus auf Krieg um Ressourcen fremder Völker. Hannes Hofbauers Buch über Wirtschaftskrieg und das von Fred Schumacher »Waffen für die Welt« haben mehr als nur den jetzigen Erscheinungszeitpunkt der »Frankfurter Buchmesse« gemeinsam. Letzteres Buch konkretisiert Lenins Stamokap-Theorie anhand jüngerer Kapitalverbrechen. Wer da nun meint, schon alles über »Rheinmetall« gelesen zu haben, wird hier eines Schlimmeren belehrt:
»Wären die von den Alliierten im 1945er Potsdamer Abkommen festgelegten Bestimmungen zur Entnazifizierung und Entmilitarisierung Deutschlands konsequent angewendet worden, wäre der Rheinmetall-Konzern heute nicht mehr existent« (S. 38).
Stattdessen bestand dessen Führungsriege aus Mitgliedern des »Freundeskreises Heinrich Himmler«, die in den Fünfzigern als freie Leute entlassen worden waren und dann flugs zur Wiederaufnahme ihrer Mordsgeschäfte re-installiert wurden.
Was Churchill bereits vor der Kapitulation 1945 angefixt hatte, sein Projekt »Unthinkable«, nämlich mit Resten der Wehrmacht, der britischen- und der US-Armee schnell gegen die geschwächte Sowjetunion zu marschieren, war dann drei Jahre später zur 180-Grad-Wende des gesamten »freien Westens« geworden. Wozu bis heute »young global leaders« (wie Pistorius, Baerbock und Merz) vom geheimdienstlich-medialen Komplex in die Karriereumlaufbahn geschossen werden.
Rheinmetall war dabei von Hitler bis Scholz eine strategische Brutstätte von Panzern gegen Moskau geblieben. Kürzlich antwortete Konzernchef Armin Papperger auf die Frage im STERN, ob er stolz darauf sei, dass sich der Wert von Rheinmetall seit Kriegsbeginn in der Ukraine fast verdreifacht hatte, mit einem emphatischen »Ja.« Weil die Mitarbeiter damit wertgeschätzt würden »und unsere Aktionäre zufrieden sind«.
Seit im Februar dieses Jahres in der Ukraine eine Munitionsfabrik (nebst anderen Rüstungs-»Niederlassungen« in fünf ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten) durch diesen, wegen seiner Nazi-Kriegsverbrechen aufs Schwerste belasteten Konzern die Grundlagen für einen neuen Krieg gegen Russland geschaffen hatten, ist auch der empirische Bogen neu zu schlagen. Zurück in den Faschismus. Und nach vorne in die Verbrechen deutscher Bundesregierungen.
Allerdings prahlt der zweitgrößte Anteilseigner von Rheinmetall, »BlackRock«, nicht mit SS-Runen. Er lässt nur liefern. An Selenskyjs Asow-Milizen mit Hakenkreuz und Totenkopf. An die Fanatiker des Juden- und Linkenschlächters Bandera. Während BlackRock selbst, so wie »Lockheed«, mit Regenbogenfahnen und woken LGBTQ+-Emblemen auf dem Christopher-Street-Day paradieren lässt.
Was aber linke Gewerkschafter im letzten Jahr nicht davon abhielt, die BlackRock-Filiale in Paris zu stürmen. Aber weil da auch Rechte mitdemonstriert hatten, bekamen woke Kriegstreiber hierzulande sofort grünen Schaum vorm Mund. Denn was hatte diese »Querfront« in Paris Skandalöses skandiert: »Frieden mit Russland« und »Konzernkraken enteignen – statt Bürger ausbeuten!«
Hannes Hofbauer: Im Wirtschaftskrieg. Die Sanktionspolitik des Westens und ihre Folgen. Das Beispiel Russland, Promedia-Verlag 2024, 256 S., 22 €.
Fred Schumacher: Waffen für die Welt –Rheinmetall und das Geschäft mit dem Krieg, Verlag Das neue Berlin 2024, 112 S., 10 €.